PrüfungSiegburger Linken-Politiker berichtet von Erpressungsversuch vor Wahl im Stadtrat

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Screenshot einer Ratssitzung von einem PC

Übertragung einer Sitzung des Siegburger Rats aus dem kleinen Saal des Rhein-Sieg-Forums im Livestream

Er sei von einem Ratskollegen angerufen worden, der eine „Verbindung zwischen Abstimmungsverhalten und finanzieller Ausstattung von Fraktionen“ hergestellt habe.

Britta Pahlenberg bleibt erste stellvertretende Bürgermeisterin. Das ist das Ergebnis einer geheimen Abstimmung im Stadtrat, die nicht im Sinne der schwarz-grünen Mehrheit und der Siegburger Bürgerunion war: Beide hatten die Abwahl beantragt, zu der allerdings eine Zweidrittelmehrheit nötig gewesen wäre.

30 Stadtverordnete stimmten zwar für die Abwahl, 18 aber dagegen, bei einer Enthaltung. Nötig für die Abwahl wären 34 Stimmen gewesen, wie Bürgermeister Stefan Rosemann verdeutlichte.

Gegen Ende der Sitzung schilderte Raymund Schoen (Die Linke) einen Nötigungs- oder Erpressungsversuch durch einen anderen Stadtverordneten im Zusammenhang mit der Wahl und fragte in Richtung Bürgermeister: „Was kann die Verwaltung tun, wenn ein Ratsmitglied das Abstimmungsverhalten eines anderen Ratsmitglieds durch Druckaufbau zu beeinflussen versucht?“

Stadtverordneter sieht sich unter Druck gesetzt

Er sei am Morgen von einem Ratskollegen angerufen worden, der eine „Verbindung zwischen Abstimmungsverhalten und finanzieller Ausstattung von Fraktionen“ hergestellt habe. Einen Namen nannte er nicht, auf Nachfrage sagte er, er wolle das zuvor rechtlich prüfen lassen.

Rosemann antwortete im Rat, es sei „sehr zweifelhaft, ob das zulässig ist und ob das folgenlos bleiben darf“. Er sage das in aller Vorsicht, die rechtliche Basis werde geprüft. „Die Anschuldigung ist sehr hart“, sagte die Fraktionschefin der Grünen Astrid Thiel, darauf angesprochen, ob sie näheres zu dem Vorgang wisse. Sie wisse nicht, von welcher Seite es einen solchen Beeinflussungsversuch gegeben haben könnte.

Ähnlich reagierte Lars Nottelmann, Fraktionsvorsitzender der CDU, auf Anfrage der Redaktion: Er schloss aus, dass es ein Mitglied seiner Fraktion gewesen sein könnte. Er selbst habe vor zwei Jahren das letzte Mal mit Schoen telefoniert.

Demokratische Legitimation infrage gestellt

In einer gemeinsamen Presseerklärung erheben beide Fraktionen Vorwürfe gegen Britta Pahlenberg: Die habe ihre „demokratische Legitimation als Vizebürgermeisterin verloren“. Immerhin hätten ihr 30 Stadtverordnete das Vertrauen entzogen. „Pahlenberg kann sich als vom Rat gewählte 1. Vizebürgermeisterin nicht mehr auf eine Mehrheit der Stadtverordneten stützen und sollte nun den politischen Anstand haben, dieses Amt von sich aus zu verlassen“, so Lars Nottelmann.

Astrid Thiel: „Für uns ist anhand des Abstimmungsergebnisses offensichtlich, dass Bürgermeister Stefan Rosemann gemeinsam mit seiner SPD und der Linken die Abwahl Britta Pahlenbergs verhindert hat: Parteipolitik steht für ihn offensichtlich über dem Willen des von den Bürgern gewählten Stadtrat.“

Der Fraktions- und Parteiwechsel von Britta Pahlenberg zur SPD stelle den Wählerwillen auf den Kopf, da das Amt der 1. Stellvertretenden Bürgermeisterin der Grünen-Fraktion 2020 zugesprochen worden sei. Sie solle nun „freiwillig den Weg für eine Neuwahl der 1. Vizebürgermeisterin durch den Rat der Stadt Siegburg freimachen“.

Zwei Frauen begrüßen sich

Da war sie noch Grüne: Die damalige NRW-Spitzenkandidatin und erste parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag der Britta Haßelmann (links) mit Britta Pahlenberg

Britta Pahlenberg weist das zurück. „Ich bin für die Stadt Siegburg, nicht für eine Partei unterwegs, das sind zwei Paar Schuhe.“ Sie sei für fünf Jahre gewählt. Anlass für ihren Austritt bei den Grünen sei nicht das Ende der Ampel gewesen, sondern die Jugendpolitik der schwarzen Kooperation.

Diese hatte das Projekt mit zwei Bahnwaggons für die Jugendarbeit auf dem Brückberg zum Scheitern gebracht und plane jetzt einen Sportplatz, der sicherlich das Zehnfache kosten werde, so Pahlenberg. Die ehemals grüne Stadtverordnete war seit November 2022 fraktionslos, vor drei Wochen gab sie ihren Wechsel zur SPD bekannt.

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