In Siegburg vor GerichtMann legt nach Streit um Nazi-Fahne Feuer

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Gerichtssaal_Siegburg

Im Amtsgericht Siegburg (Symbolbild)

Troisdorf/Siegburg – Sie waren die dicksten Freunde, bis sich ein nächtlicher Streit an einer SS-Fahne über dem Sofa entzündete. Am Ende glich die Wohnung einem Schlachtfeld – und nur eine Nachbarin verhinderte, dass ein Feuer sich von der Küche in dem Troisdorfer Mehrfamilienhaus ausbreitete.

„Wenn jemandem etwas passiert wäre, hätte ich mich aus dem Fenster gestürzt“, sagte einer der Freunde, der sich nun wegen schwerer Brandstiftung vor dem Siegburger Schöffengericht verantworten musste.

Freunde hatten sporadische Liebesbeziehung

Er hatte zum Tatzeitpunkt schon seit einigen Wochen bei seinem Freund gewohnt und auf dem Sofa geschlafen. Seit dem 16. Lebensjahr hätten sie auch eine sporadische Liebesbeziehung gehabt, sagte der 36-Jährige, „das passt doch nicht zu der Gesinnung, für die die Fahne steht“.

An dem Tattag sei viel Alkohol geflossen, auch Drogen seien im Spiel gewesen. 1,54 Promille hatte der jetzige Angeklagte im Blut, als er damals einige Stunden später von der Polizei am Bahnhof aufgegriffen wurde. Die Anklage ging laut Gutachten von einer verminderten Schuldfähigkeit aufgrund eingeschränkter Steuerungsfähigkeit aus.

An seinen Gewaltausbruch konnte sich der Mann noch erinnern, dass er, als der Wohnungsinhaber aus dem Haus gelaufen war, dessen Computer durch das geschlossene Fenster warf, den Kühlschrank umkippte und Elektrogeräte aus den Wänden riss, nicht aber an die Brandlegung. Die Ermittler hatten einen verkohlten Stofffetzen gefunden und keinen Hinweis auf einen Kurzschluss.

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Ulrich Wilbrand zweifelte nicht an seiner Urheberschaft, sieht den Mann aber seit der Tat vor eineinhalb Jahren auf einem guten Weg. Er habe sich selbst Hilfe gesucht, sei im betreuten Wohnen beim Verein für Gefährdetenhilfe untergebracht, habe eine Umschulung angetreten. Er trinke nur ab und zu ein Bier und rauche einen Joint, sagte er.

Drogenscreenings als Bewährungsauflage

Auch davon muss er lassen. Der 36-Jährige erhielt eine Bewährungsstrafe von 15 Monaten und die Auflage, eine ambulante Therapie zu beginnen und sich während der dreijährigen Bewährungszeit alle zwei Monate einem Drogenscreening zu unterziehen. Vielleicht könne er mit dieser Kehrtwende wieder einiges kitten, auch in den Beziehungen zu seiner Familie, regte der Richter an: Seit Jahren hat der Angeklagte keinen Kontakt zu seiner Mutter und seiner minderjährigen Tochter.

Die Beziehung zu seinem Jugendfreund scheint indes zerstört. Der 35-Jährige, der als Zeuge geladen war, würdigte den Angeklagten keines Blickes. Er sei weggezogen und immer noch mit den Folgen der Tatnacht beschäftigt: „Ich musste mir ja alle Möbel, alle Geräte neu kaufen. Das geht nur nach und nach.“

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