Initiative in SiegburgEine geballte Ladung Protest gegen die Grundsteuer-Erhöhung

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Claudia Bulau, Thomas Leisen, Marion Giorelli, Britta Nießem, Ralph Bulau, Markus Fecke

Claudia Bulau, Thomas Leisen, Marion Giorelli, Britta Nießem, Ralph Bulau, Markus Fecke

Siegburg – Steueroase Siegburg: So sieht Hobbyzeichner Hans-Jürgen Schaffrath seine Heimatstadt – allerdings mit umgekehrten Vorzeichen: Nicht für den Steuerzahler, sondern für die Stadt ist Siegburg eine Oase. In seiner bissigen Karikatur lässt Schaffrath den „Schnellen Brüter“ immer wieder neue Abgaben und Gebühren erfinden. Höhere Kita- und Parkgebühren und vor allem die um 70 Prozent gestiegene Grundsteuer watscheln schon fröhlich als Küken daher. Weitere Eier hat das Huhn, mit dem zweifelsfrei Bürgermeister Franz Huhn gemeint ist, schon gelegt: Kommen jetzt noch Parkgebühren für Fahrräder hinzu, eine Fenstersteuer wie im Mittelalter oder eine Kopf- und Baumsteuer?

Darüber mag man schmunzeln, doch den Siegburgern ist längst das Lachen vergangen, seit sie den Steuerbescheid im Briefkasten vorfanden. „Ich dachte, das kann nicht sein“, erzählt Claudia Bulau und wandte sich an den Bund der Steuerzahler. Seitdem sammelt sie im Geschäft ihres Mannes Ralph Bulau in Kaldauen die Musterschreiben. 3400 Einsprüche gegen den Steuerbescheid türmten sich bis am Freitagnachmittag auf der Ladentheke von „Big Boy Sport“, weitere 1600 liegen bereits im Rathaus. Am kommenden Mittwoch will Claudia Bulau mit ihren Mitstreitern, die sich inzwischen zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen haben, die geballte Ladung Protest dem Bürgermeister übergeben. „Presse unerwünscht“, soll er gesagt haben, was sein Pressesprecher Wolfgang Hohn allerdings dementiert: „Jeder der kommt, ist herzlich willkommen.“

Unsinn sei auch die Behauptung, dass der Bürgermeister unter Polizeischutz stehe, wie FDP-Mitglied Peter Schröder kolportiert hatte. Doch zeigen die Unterstellungen, wie aufgeheizt derzeit das Klima in der Stadt ist. Vor allem an der Ladentheke von Ralph und Claudia Bulau entlädt sich die Wut vieler Siegburger. Hinter den Einsprüchen, so Claudia Bulau, stünden oft dramatische Einzelschicksale. Zum Beispiel das einer alten Witwe mit kleinem Haus und großem Garten, die jetzt 490 Euro mehr im Jahr bezahlen muss. Und dann kämen auch noch höhere Gebühren für Wasser- und Abwasser und den Winterdienst hinzu. „Da wird’s bei einer kleinen Rente wirklich eng“, meint die Geschäftsfrau und fügt hinzu: „Die Grundsteuer ist die unsozialste Steuer, die es gibt.“ Sie treffe nicht nur die Wohlhabenden, sondern über die Mietnebenkosten auch wirtschaftlich Schwache. Und vor allem: Keiner könne ihr entrinnen, allenfalls durch Umzug in eine andere Stadt.

Wütende Bürger

Das grenze an „Nötigung“, wettert eine Frau, die ihren Namen nicht nennen will. Auch sie ist gekommen, um ihren Einspruch gegen den Steuerbescheid abzugeben und zugleich schriftlich zu erklären, dass sie nur „unter Vorbehalt“ zahle. Denn schon am 15. Februar ist die erste von vier Zahlungen pro Jahr fällig, der Beschwerdeausschuss, der sich mit den Einsprüchen beschäftigen soll, tagt aber erst im März. Und wenn er sich der Sache nicht annimmt, will die Bürgerinitiative die Debatte mit einem „Einwohnerantrag“ erzwingen. Dafür sind allerdings 2500 Unterschriften erforderlich. Und ob dann der Stadtrat die Steuererhöhung wieder zurücknimmt, ist völlig offen. Das Bündnis aus CDU und FDP hält sich derzeit jedenfalls bedeckt.

Indes hat die SPD, die in dieser Woche auch zu einer Bürgerversammlung zum Thema eingeladen hatte, bereits eine Zurücknahme der Steuererhöhung gefordert. Während die Fraktion Die Linke alternativ die Gewerbesteuer erhöhen will, um die Grundsteuer anteilig wieder zu senken und die „soziale Schieflage“ zu korrigieren, so deren Sprecher Michael Otter, schrecken die Sozialdemokraten auch nicht vor einem Haushaltssicherungskonzept zurück. Das hatte Fraktionschef Frank Sauerzweig schon in der Ratssitzung vor Weihnachten deutlich gemacht – und bekommt jetzt die Bestätigung von vielen Siegburgern. „Warum keine Haushaltssicherung?“ , fragten sich einige Bürger, die bei den Bulaus an der Ladentheke standen: „Dann würde sich wenigstens mal externer Sachverstand um die Siegburger Finanzen kümmern und schauen, wo man einsparen kann“, meinte eine Frau und empfahl gleich, den Mittelalterlichen Weihnachtsmarkt zu streichen. „Da geht doch sowieso kein Siegburger mehr hin.“

Einsprüche gegen den Grundsteuerbescheid können weiterhin bei „Big Boy Sport“, Hauptstraße 2, in Siegburg-Kaldauen abgeben oder dort unterschrieben werden.

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