Online-SchuleSchulpflichtbefreiten Schülern wird Weg zum Abschluss versperrt

Lena Schubert möchte Hebamme werden. Jetzt ist aber nicht mehr klar, ob sie ihren Abschluss an der Online-Schule machen kann.
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Siegburg – Lena Schubert möchte Hebamme werden. „Ich würde gerne Menschen auf ihrem ersten Weg ins Leben begleiten“, sagt die 22-Jährige. Für die Ausbildung braucht sie einen Schulabschluss. Doch der scheint plötzlich unerreichbar. Lena lebt in Niedersachsen, und die Bezirksregierung Arnsberg hat erst einmal alle externen Prüfungen für Schüler aus anderen Bundesländern gestoppt. Sie beruft sich dabei auf den Föderalismus: In Sachen Schule ist jedes Bundesland selbstständig.
Schubert hatte im Alter von drei Jahren ihre erste Nierentransplantation bekommen. Mit 18 bekam sie erneut eine Spenderniere. „Aufgrund der starken Medikamente, die eine Abstoßreaktion verhindern sollen, wurde ich anfällig für Infektionen“, berichtet Schubert. Sie fehlte immer öfter in der Schule und irgendwann konnte man ihr keine Noten mehr geben.
Web-Individualschule gibt Perspektive im Leben
Als sie die Web-Individualschule mit Sitz in Bochum entdeckt hatte, änderte sich für sie alles. Sie konnte von Zuhause oder vom Krankenhaus am Online-Unterricht teilnehmen. „Auf einmal hatte ich eine Perspektive im Leben. Mir ging es auch psychisch viel besser.“
Die Online-Schule
Die Web-Individualschule wurde 2002 gegründet, ist als Fernschule bei der staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht zertifiziert und als ambulanter Träger beim Jugendamt anerkannt. Im Laufe der Jahre ist sie stark gewachsen. In diesem Jahr hat sie erstmals mehr als 100 Prüflinge. Bis zum Realschulabschluss unterrichtet sie alle Stufen in den für die Prüfung notwendigen Fächern wie Mathematik, Deutsch, Englisch, Biologie, Geschichte und Erdkunde.
Der Ausschuss für Schule und Bildung des NRW-Landtages beschäftigt sich am 9. Februar mit dem Thema. „Sollte es zu keiner Einigung kommen, werden wir klagen“, sagt Schulleiterin Sarah Lichtenberger. (vr)
Sie schrieb gute Noten und konnte so die durch Krankheit unverschuldet verlorene Zeit wieder aufholen. Die Vorbereitungen für den Realschulabschluss laufen „sehr gut“. Allerdings fühlt sich die Bezirksregierung in Arnsberg im Bundesland Nordrhein-Westfalen für sie erst einmal nicht mehr zuständig.
„Wir werden keinem jungen Menschen den Weg in Leben verbauen“, betont Christoph Söbbeler, Pressesprecher der Arnsberger Bezirksregierung. Es werde sich sicher für dieses Jahr für jeden Schüler eine Lösung finden, wenn eine Anmeldung im jeweiligen Bundesland nicht mehr möglich sei. Aber im nächsten Jahr müsse man auf die vorgeschriebenen Regelungen zurückkommen. „Und das bedeutet, dass jeder Schüler in seinem Bundesland eine externe Prüfung ablegen muss.“
Ein weiteres Problem sei, dass die Web-Individualschule keine klassische Schule sei, sondern eine GmbH. „Für solche Firmen gelten andere Regelungen“, betont der Pressesprecher. Daher ist diese Firma auch nicht als Ergänzungsschule anerkannt. Wenn dies der Fall sei, gebe es keine Probleme mit der Prüfung von externen Schülern aus anderen Bundesländern.
Anwalt aus Siegburg vertritt Schüler
„Die Bezirksregierung hat die Anerkennung schon einmal abgelehnt“, berichtet Professor Christian Birnbaum aus Siegburg, der auch schon als Gutachter für den Landtag tätig war.

Christian Birnbaum, Rechtsanwalt aus Siegburg, vertritt die Schüler
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Der deutschlandweit bekannte Experte für Rechtsfrage zu Prüfungsproblemen hat deshalb im Dezember einen erneuten Anlauf bei der Bezirksregierung zur Anerkennung unternommen. „Wir haben das sehr gewissenhaft vorbereitet und sind sicher, dass wir damit auch durchkommen“, betont Birnbaum. Bis dahin hingen jedoch „rund 70 Schüler in der Luft, die nicht wissen, ob sie ihre Prüfungen in NRW machen dürfen“.
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Schulinhaberin Sarah Lichtenberger hofft nun auf eine schnelle Lösung. Bisher wurden alle Prüfungen in NRW abgenommen. „Wir blicken auf 19 Jahren erfolgreiche Schularbeit zurück. Wir haben bewiesen, dass wir mit unserem Konzept jungen Menschen helfen können, die aus gesundheitlichen Gründen von der Schulpflicht befreit sind und trotzdem einen Abschluss brauchen.“ Denn die Teilnehmer seien alle auf Prüfungsthemen aus NRW vorbereitet worden. „Wenn sie nun zum Beispiel in Bayern oder Hamburg die Prüfung machen, wären das andere Inhalte.“