Polizei-Panne in HennefSiegburger Gericht kann Drogenhandel nicht nachweisen

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Amtsgericht_Siegburg_Eingang

Der Eingang zum Amtsgericht in Siegburg (Symbolbild)

Hennef/Siegburg – Der Rucksack mit der großen Menge an Marihuana war ein Zufallsfund. Die Polizei hatte die Hennefer Wohnung eines festgenommenen Fahrraddiebs durchsucht und dabei die Tasche mit einem knappen Pfund der Droge hinterm Sofa entdeckt. Dann aber unterlief den Beamten eine folgenschwere Panne.

Die führte zu einem langwierigen Gerichtsprozess und zu einem gefühlten Freispruch. Zwei Tage verhandelte das Siegburger Schöffengericht, hörte zahlreiche Zeugen. Und konstatierte zum Schluss: Wem der Rucksack gehört, ist nicht nachzuweisen. Denn die Polizisten, die nach eigenen Angaben an dem 4. Juli 2020 einen „stressigen Tag“ hatten, sammelten zwar reichlich Fahrradteile und Werkzeug ein, ließen die Tasche aber stehen und nahmen lediglich eine sich darin befindliche Plastiktüte mit dem Marihuana mit.

Keine verwertbare DNA auf den Plastiktüten

Auf diesen Asservaten konnte das Labor indes keine verwertbare DNA feststellen. Der Angeklagte schwieg zu dem Vorwurf. Es spreche einiges dafür, dass der 38-jährige Angeklagte mit Betäubungsmitteln gehandelt und den Stoff hinterm Sofa versteckt habe, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Wilbrand. Für eine Verurteilung reiche das aber nicht.

Lediglich die geringe Menge Marihuana, die in seinen Hosentaschen gefunden wurde, sei ihm eindeutig zuzuordnen. Das Verfahren wurde vorläufig eingestellt im Hinblick auf eine weitere Anklage, die demnächst verhandelt wird.

In dieser Sache sitzt der arbeitslose Tankwart seit einigen Wochen in Untersuchungshaft. Er wurde im Gerichtssaal in Fußfesseln vorgeführt; bei seinem Anblick brach seine Schwester im Saal in Tränen aus. Ihr Bruder versprach ihr in einer Verhandlungspause, sein Leben nun ändern und ordnen zu wollen.

Bislang herrschte darin zuweilen Chaos: So glich das Appartement im Souterrain einer Fahrrad-Werkstatt, unklar war, ob der Angeklagte dort jemals übernachtet hat. Die Miete zahlte der Bruder, in bar gegen Quittung, sagte der Vermieter im Zeugenstand. Ob dieser dort wohnte, wisse er nicht: „Ich bekomme nicht viel mit.“

Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen den Bruder

Für die Fahrraddiebstähle hat der Mann bereits eine Geldstrafe erhalten, der mutmaßliche Drogenhandel, ein Verbrechenstatbestand, wurde von dem Verfahren abgetrennt. Trotz der vorläufigen Einstellung muss der Mann ins Gefängnis zurück. Ob er bis zum Prozesstermin von der Haft verschont wird, darüber entscheidet in Kürze der Haftrichter: Ulrich Wilbrand.

Die Staatsanwaltschaft will den Drogenfall noch nicht zu den Akten legen. Sie ermittelt nun gegen den Bruder.

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