Eine 82-Jährige verklagte die Siegburger Stadtbetriebe, da sie ihr im Corona-Lockdown keinen Zutritt gewährten.
Rassismus an der FreibadkasseSeniorin klagt gegen das Siegburger Schwimmbad

Seniorin klagt, da ihr der Eintritt ins Schwimmbad während des Corona-Lockdowns verweigert wurde. (Symbolbild)
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Ein Streit aus dem Corona-Lockdown beschäftigte das Amtsgericht. Eine Seniorin, die an der Kasse des Siegburger Schwimmbads zurückgewiesen worden war, hatte einen Mitarbeiter als „blöden Kanaken“ beschimpft.
Daraufhin kündigten die Stadtbetriebe den Vertrag fristlos, den sie für das hauseigene Fitnessstudio hatte, und verhängten ein Hausverbot. Dagegen klagte die heute 82-Jährige. Warum sie das Freibad an jenem Tag im Juni 2020 nicht betreten durfte, das verstehe sie bis heute nicht, ereiferte sie sich vor dem Zivilrichter. „Das regt mich immer noch auf.“
Sie könne sich an die Erklärung nicht erinnern
Der Anwalt der Stadtbetriebe las das Protokoll ihrer polizeilichen Vernehmung vor: Demnach war ihr mitgeteilt worden, dass ihre Eintrittskarte ungültig war. Denn sie hatte zwar einen Vertrag für das Fitnessstudio im Oktopus mit kostenloser Nutzung von Schwimmbad und Sauna; da wegen des Lockdowns das Studio schließen musste, wurde kein Monatsbeitrag eingezogen, deshalb hatte sie keinen Zutritt zum Bad.
An diese Erklärung könne sie sich nicht erinnern, sagte die Frau. „Ich höre zwar schlecht, aber ich bin klar im Kopf.“ Beschimpft habe sie niemanden. Sie sei seit mehr als 40 Jahren Kundin, radele fast jeden Vormittag zum Schwimmbad, und nun dürfe sie nicht mehr hinein, „nur weil drei junge Männer lügen und mir schaden wollen“.
Sie bezog sich auf einen Vorfall vor einigen Jahren
Das Ganze sei eine Retourkutsche, vermutete sie, weil sie sich Jahre zuvor über afrikanische Schwimmbadbesucherinnen beschwert habe, die mit Straßenkleidung und ohne zu duschen ins Becken gegangen seien. „Das ist doch unhygienisch.“
Da der Mitarbeiter an der Kasse auch aus dem Ausland stamme, stehe er auf der Seite dieser Frauen. Selbst wenn die Besucherin an diesem Tag eine Karte hätte kaufen wollen, wäre das nicht möglich gewesen, erläuterte der Mitarbeiter im Zeugenstand.
Wiederholt aufgefallen
Das Schwimmbad sei voll gewesen: „Wir durften pro Tag höchstens 500 Gäste hineinlassen.“ Diese mussten sich vor dem Ticketkauf online registrieren. Laut einer Beschäftigten aus der Schwimmbadverwaltung war es nicht der erste Zwischenfall.
„Sie hat schon einen Mitarbeiter mit längerem, blonden Bart als Salafisten bezeichnet und den Leiter der Schwimmschule, der eine Glatze hat, als Nazi.“ Die jüngste rassistische Beleidigung habe das Fass zum Überlaufen gebracht. Sie erstattete eine Online-Anzeige bei der Polizei.
Fristlose Kündigung und Hausverbot
Der damalige Betriebsleiter schickte die fristlose Kündigung und ein Hausverbot per Einschreiben, so die Zeugin. Dass die Vorwürfe nicht aus der Luft gegriffen waren, davon zeigte sich Richter Lukas Rundel überzeugt.
Das Verhalten der Klägerin im Gerichtssaal bestärke seinen Eindruck. Eine solche rassistische Beleidigung rechtfertige die Kündigung, ein Grundrecht sei nicht verletzt.
Anwalt wies Mandantin mehrfach zurecht
Der Siegburger Anwalt Peer Groß wies seine Mandantin mehrmals in die Schranken: „Halten Sie den Mund, in Ihrem eigenen Interesse!“ Er nahm schließlich mit ihrem Einverständnis die Klage gegen die Vertragskündigung zurück. Das Hausverbot bleibt in Kraft.
Hierfür sei nicht das Amtsgericht, sondern das Verwaltungsgericht zuständig, erläuterte der Richter, die Stadtbetriebe seien ein öffentlich-rechtlicher Betrieb. Strafrechtlich war die Beleidigung bereits erledigt. Das Verfahren wurde gegen Geldbuße eingestellt, die Seniorin akzeptierte die Zahlung von 250 Euro.