Mord in TroisdorfTodesschütze erinnert sich nicht

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Troisdorf/Bonn – Die tödlichen Schüsse auf den neuen Freund seiner Ehefrau waren kein geplanter Mord, sondern eine spontane Tat. Dies behauptet jedenfalls der 58 Jahre alte Angeklagte, der sich momentan wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen vor dem Bonner Landgericht verantworten muss. Am zweiten Verhandlungstag verlas Verteidiger Michael Hakner eine seitenlange Erklärung seines Mandanten zu dem Vorfall am frühen Morgen des 23. Juli 2012 in der Troisdorfer Innenstadt. Laut diesen Angaben suchte der Kellner die getrennt von ihm lebende Ehefrau kurzfristig auf: „Ich wollte mit ihr sprechen und einfach alles regeln.“ Eigentlich habe er damals Pilze suchen wollen, dann sei er jedoch zur Wohnung seiner Frau gefahren.

Getrieben worden sei er von der Angst, die beiden gemeinsamen Kinder nicht mehr sehen zu dürfen. Als die Frau aus der Wohnung kam, um zur Arbeit zu gehen, habe sie sofort angefangen zu schreien. Als auch noch der neue Freund (52) erschien und die Wohnungstür zugedrückt habe, eskalierte die Situation.

„Er sperrte mich nicht nur bildlich aus“, so der Angeklagte in der Erklärung. Was dann passierte, komme ihm heute „wie Bilder eines Films vor“. Seine stärkste Erinnerung sei, dass er zu seinen Kindern wollte. Doch wie er in den Flur der Wohnung kam, wann er seine Waffe gezogen und geschossen habe, daran hat der Todesschütze nach eigenen Angaben keine Erinnerung mehr. Im Nachhinein denke er, dass er wohl „völlig irrational“ gedacht hat, es sei ein Gespräch möglich. Tatsächlich hatte der 58-Jährige fünf Schüsse auf den Nebenbuhler abgegeben, ihn regelrecht hingerichtet. Dass er versucht habe, zwei Mal auf die jüngere Tochter zu schießen, die ihm mit einem Stock die Waffe aus der Hand schlagen wollte, davon wisse er nichts mehr. „Ich hoffe inständig, dass das nicht stimmt. Ich liebe sie über alles.“

Die Familienmitglieder sind offenbar zutiefst traumatisiert. Die 14-Jährige machte vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch und schwieg. Ihre ältere Schwester sagte hingegen aus – allerdings zu ihrem Schutz in Abwesenheit des Angeklagten. Der wurde in einen benachbarten Saal gebracht, wo er die Vernehmung zwar hören, aber nicht sehen konnte.

Die tödlichen Schüsse hat die 17-Jährige laut eigenen Angaben nicht gesehen, da sie sich mit ihrer Mutter im Wohnzimmer versteckt hatte. Weinend berichtete sie davon, dass die kleine Schwester erzählt habe, der Vater habe auch auf sie geschossen. Der bereits am Boden liegende Freund der Mutter habe den Angeklagten angefleht, nicht mehr zu schießen – doch genau dies habe der 58-Jährige vor den Augen der Tochter getan. Das Verhältnis zum Vater sei nie eng, in ihren Augen aber normal gewesen. Heute sieht dies anders aus: „Ich will nichts mehr von dem wissen“, so die 17-Jährige. Erst nach der Trennung der Eltern habe sie über Facebook erfahren, dass ihr Vater bereits seit sechs Jahren eine Geliebte hatte. Nach seinem Auszug habe sie mehrfach versucht, sich mit ihm zu treffen – aber da sei von ihm nichts gekommen. Der Prozess wird fortgesetzt.

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