105 Projekte in 20 LändernTroisdorfer Organisation „Grünhelme“ hilft seit 20 Jahren

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Ein Bauteam in Sierra Leone.

Simon Bethlehem (sitzend rechts) mit dem Bauteam in Sierra Leone, wo eine Schule für mehr als 400 Kinder entstanden ist.

Vor 20 Jahren wurden in Troisdorf die „Grünhelme“ gegründet. Noch heute helfen sie an Orten, an denen viele Organisationen nicht aktiv sind.

Am Anfang stand eine Katastrophe von vorher nicht gekanntem Ausmaß: Schon kurz nach dem Anschlag auf das World Trade-Center in New York am 11. September 2001 reiste Rupert Neudeck nach Bagdad. „Man muss etwas mit den Muslimen gemeinsam tun“, habe ihr Mann damals gesagt, erinnert sich seine Witwe Christel Neudeck. Im April 2003 schlug dann die Geburtsstunde der Grünhelme, in diesen Tagen feiert die Hilfsorganisation ihr 20-jähriges Bestehen.

Das erste Projekt war damals eine Schule in Saddam City in der irakischen Hauptstadt, 52 weitere Schulen folgten in den zwei Jahrzehnten bis heute. Allein in der afghanischen Provinz Herat bauten die Grünhelme 30 Schulen. „Bis heute sind alle im Betrieb“, freut sich Christel Neudeck. Und auch Mädchen besuchen die Schulen, immerhin bis zur sechsten Klasse. Die „Troisdorf-Schule“ gibt es ebenfalls noch, finanziert unter anderem mit dem spektakulären Aktionstag „1000 Stühle für eine Schule“ im Juni 2004.

Grünhelme haben 120 Projekte in 20 Ländern umgesetzt

Schon in der Gründungszeit galten Prinzipien, wie sie bis heute die Arbeit der Grünhelme prägen. „Dass wir nicht als weiße Retter etwas schenken“ – so formuliert es Simon Bethlehem, der Vorstandsvorsitzende des Vereins: „Alles, was lokal möglich ist, machen wir dort“. Baumaterialien werden möglichst vor Ort eingekauft, einheimische Arbeitskräfte werden angeleitet und mit einbezogen.

Mitarbeiter einer Hilfsorganisation bei der Arbeit.

Die Grünhelme sind in 20 Ländern tätig, hier sind syrische Mitarbeiter bei einem Hilfsprojekt im Libanon aktiv.

So rasch wie möglich übernehmen die „Locals“ auch den Betrieb von Schulen, Ausbildungswerkstätten oder Gesundheitszentren. Und noch etwas gehöre zum Wesenskern der Grünhelme-Arbeit, sagt Bethlehem: „Dass wir zusammen leben und arbeiten.“ Sei es im Hinterland von Sierra Leone oder im Flüchtlingscamp im Libanon. „Das muss man wollen und aushalten“, weiß Christel Neudeck.

105 Projekte in 20 Ländern weltweit haben die Grünhelme seit der Gründungsversammlung im Spicher Wohnhaus der Neudecks umgesetzt. Im Libanon und im Senegal, in Sierra Leone, Syrien und Malawi sind sie noch immer – und zumeist seit Jahren – aktiv. Vor allem da, wo nicht schon andere Organisationen tätig sind.

Troisdorfer Organisation hat nie Geld an Regierungen gegeben

Zwei Freiwillige schicken die Grünhelme in der Regel für drei Monate ins Ausland: Architekten und Ingenieure oder Handwerker, die von Projektleitern vor Ort eingearbeitet werden. Bei zweitägigen Interessiertentreffen in Deutschland zeige sich schnell, wer von den acht bis zehn Teilnehmenden für einen solchen Auslandseinsatz in Frage komme, sagt der Vorsitzende.

Eine Aufgabe mit großer Verantwortung: „Der Erfolg des Projekts hängt an ihnen“. Nach wie vor haben die Grünhelme Zulauf, „wir kriegen die Projekte ganz gut bestückt“. Gleichwohl hat Simon Bethlehem hier eine Veränderung beobachtet: „Die Leute sind unzuverlässiger geworden.“ Sie springen kurzfristig ab oder fehlen ohne Absage bei den Treffen der Interessierten.

„Das Land muss das wollen“, nennt Christel Neudeck eine von Anfang an bis heute gültige weitere Bedingung für die Projektarbeit. „Wir haben nie Regierungen Geld gegeben.“

Grünhelme: Projekt im Irak scheiterte an Korruption und Bürokratie

Auch das ist schwieriger geworden, wie Bethlehem berichtet. In vielen Ländern sei die Kooperation mit den Offiziellen sehr kompliziert, im Irak sind zuletzt die Versuche für ein Projekt an Korruption und Bürokratie gescheitert. Besonders hart ist in Afghanistan die Veränderung. „2003 war eine tolle Zeit, da konnte man so viel machen“, erinnert sich Christel Neudeck.

Ob die Welt in den vergangenen 20 Jahren dennoch eine bessere geworden ist? „Es freut mich, dass die Jugendlichen so aktiv sind“, sagt Christel Neudeck: „Und wie informiert sie sind.“

Möglichkeiten und Grenzen der Hilfe nennt Simon Bethlehem in seiner Antwort. „Wir verändern mit unseren Projekten nicht die strukturellen Probleme.“ Wohl aber sorgten sie dafür, „dass es den Menschen besser geht.“ Veränderung sei oftmals sichtbar, wenn man nach Jahren noch einmal vor Ort sei. „Kleine Steine können Wirkung entfalten, wenn sie ins Rollen kommen.“

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