rraSchulschließung in NRW – das müssen Eltern jetzt wissen

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leere Schule

Erst mal bleiben die Klassenzimmer leer - weil Osterferien sind.

Düsseldorf/Köln. Die Schließung der Schulen und Kitas in Nordrhein-Westfalen stellt vor allem Eltern vor große Herausforderungen. „Die Einstellung des Schulbetriebs ist eine weitreichende Entscheidung vor allem für die Eltern, unsere Lehrkräfte und Schulleitungen“, sagt NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Freitag in Düsseldorf. Der Schritt sei zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus „richtig und angemessen“. Man werde ein verlässliches Betreuungsangebot insbesondere für Kinder sicherstellen, deren Eltern im Gesundheitswesen tätig sind. Dafür seien die jeweiligen Schulen verantwortlich. „Es wird ohne die Selbstorganisation von Eltern nicht funktionieren“, sagt Gebauer. „Omas und Opas“ seien für diesen Fall aber nicht die richtigen Ansprechpartner, „weil wir genau diesen Personenkreis ja besonders schützen wollen“. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte zuvor eindringlich an alle Eltern appelliert, die Kinderbetreuung in der Coronakrise nicht den Großeltern zu übertragen. „Mir ist bewusst, dass diese Distanzierung einer jeden Familie, von Enkeln zu ihren Großeltern jedes Herz beschwert. Es ist aber jetzt notwendig, und wir als Staat müssen alles dafür tun, dass die Betreuung gewährleistet ist.“

Und das sind die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Folgen der Schulschließung. Was bedeutet die Schließung der Schulen konkret? Der Unterricht an den Schulen ruht ab Montag zunächst bis zum Ende der Osterferien am 19. April. Für alle, die sich in einer dualen Ausbildung befinden, beschränkt sich die Maßnahme auf den Ausfall des Unterrichts. Praktika sind davon nicht betroffen. Welche Folgen hat das für die Eltern? Damit sie die Chance haben, sich auf die Situation einzustellen, können sie ihre Kinder bis einschließlich Dienstag, 17. März, noch zur Schule schicken. Es findet zwar kein Unterricht mehr statt. Die Betreuung während der Unterrichtszeit ist aber gesichert. Die Einzelheiten regelt die Schulleitung. Was kommt auf die Lehrer zu? Sie müssen für die Betreuung der Kinder wichtiger Berufsgruppen anwesend sein und um im Kollegium die notwendigen Absprachen zu treffen. Wer dafür anwesend sein muss, wird von den Schulleitungen geregelt. Grundsätzlich gilt: Die Lehrer haben keine Ferien, die Dienstpflicht besteht weiter. Sie müssen von zu Hause aus arbeiten. Wie sieht die Notfall-Betreuung konkret aus? Sie gilt ab Mittwoch, aber nur für Kinder, deren Eltern in den für die Coronakrise unverzichtbaren Bereichen arbeiten, also im Gesundheitswesen, im Bereich der öffentlichen Ordnung und Pandemiebekämpfung, bei Polizei, Feuerwehr und Justizbehörden oder im öffentlichen Nahverkehr. „Ein verlässliches Betreuungsangebot für diese Berufsgruppen der Kinder in den Klassen eins bis sechs wird sichergestellt“, sagt NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Welche Berufsgruppen gehören dazu? Darüber soll fortlaufend über Schul-Mails informiert werden. Eine abschließende vollständige Liste werde es nicht geben. Der Arbeitgeber müsse die besondere Wichtigkeit des Mitarbeiters für den Betrieb bescheinigen. Diese Bescheinigung muss dann bei der Schulleitung vorgelegt werden. „Wir werden Prioritäten setzen müssen, und die werden auf dem Gesundheitsbereich liegen. Wir müssen mit der wichtigsten Berufsgruppe anfangen“, sagt Gebauer. „Wir können aus der Beschulung nicht eine Betreuung machen. Das macht keinen Sinn.“ Was ist mit den Prüfungen, zum Beispiel zum Abitur? Die Termine für die Abiturprüfungen bleiben bestehen. Das gilt vor allem mit Blick auf die Fächer Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch, weil es in diesen Fächern einen länderübergreifenden Aufgabenpool gibt, aber auch für die anderen Fächer. Die Konferenz des zentralen Abiturausschusses wird wie geplant am 2. April stattfinden. Was geschieht mit den Abitur-Prüfungen, wenn der Unterricht nach den Osterferien nicht wieder anläuft? Die Abiturprüfungen finden statt. Die Schulgebäude stehen zur Verfügung. In den Fällen, in denen die Vorabitur-Klausuren noch nicht geschrieben worden sind, können die Schulen das unmittelbar nach den Osterferien nachholen. Betroffene Schülerinnen und Schüler können die Abiturprüfungen dann vom 7. Mai an bei den zentralen Nachschreibe-Terminen ablegen. Was ist mit anderen Prüfungen? Darüber wird das Schulministerium in den kommenden Tagen informieren. Das gilt für die zentralen Prüfungen in der Klasse zehn, die zentralen Klausuren in der Einführungsphase, für Prüfungen an Berufskollegs und den Umgang mit Klassenarbeiten. Wie sollen sich die Schüler jetzt verhalten? Sie sind angehalten, bis zum Beginn der Osterferien von zu Hause aus zu arbeiten. Die Lehrer sollen sie für die kommenden Wochen mit Material versorgen, so die Schulministerin. Dazu soll die vorhandene Infrastruktur in der Schule genutzt werden. „Einige Schulen haben sich schon mit der Frage beschäftigt, wie sie den Unterricht außerhalb der Schule sicherstellen“, sagt Schulministerin Gebauer. „Diejenigen, die das noch nicht getan haben, müssen diese Aufgabe jetzt angehen.“ Darf die Schule weiter genutzt werden? Ja. Es muss nur sichergestellt sein, dass das Zusammenkommen der Menschen den Regeln des Infektionsschutzes entspricht. Was sagen die Schulen? Ludger Remus, stellvertretender Leiter des Albertus-Magnus-Gymnasiums in Köln: „Die Vorbereitungsklausuren für das Abitur sind bereits geschrieben. Die Abiturprüfungen finden erst nach den Osterferien statt. Der Unterricht wird über E-Mail und Lernplattformen laufen. Das gilt auch für die jüngeren Schüler. Die drei Wochen sind überschaubar, aber es ist trotzdem eine sehr große Herausforderung.“ Petra Wesselmann ist Leiterin der Grundschule Zwirnerstraße in der Kölner Südstadt: „Wir werden jetzt bei den Eltern abfragen, wie groß der Bedarf nach einer Betreuung für die Kinder ist. Dann werden wir die Angebote für eine Notbetreuung von acht bis 16 Uhr ausarbeiten, damit die Kinder versorgt sind.“ Das Problem: Viele Lehrerinnen und Lehrer sind auch Mütter und Väter. „Das ist ein riesiges Puzzlespiel.“ Darauf, dass die Kinder während der Schulschließung weiter mit Lernstoff versorgt werden, konnte man sich schon länger vorbereiten. Die Kinder sind bereits mit Material versorgt. „Das reicht bis zu den Osterferien.“ Der Kontakt mit den Lehrern läuft über Email und Whatsapp. „Eine Lernplattform haben wir nicht.“ Lutz Tempel vom Vorstand der Stadtschulpflegschaft Köln sagt: „Wir stehen vor immensen Herausforderungen – Eltern und Lehrer. So etwas hat es noch nicht gegeben.“ Wer einen Bürojob habe, könne ins Home-Office gehen. Doch für alle anderen werde es schwierig. „Ich gehe davon aus, dass viele unbezahlten Urlaub nehmen müssen.“ Die jüngeren Schüler müssen betreut werden, bei den Älteren stehen die Abschlussprüfungen bevor. „Hier fehlen nun drei intensive Wochen.“ Es müssten individuelle Lösungen gefunden werden, etwa Lernen in kleinen Gruppen. „Wir müssen Verständnis für den Schritt vom Land haben und zusammenarbeiten.“ Wie ist die Rechtslage für Arbeitnehmer? Was müssen Eltern beachten? Grundsätzlich sind arbeitende Eltern selbst für die Organisation der Betreuung ihrer Kinder verantwortlich. Das ändert sich auch nicht, wenn sich die Betreuungssituation ändert. Haben die Arbeitgeber keine Pflichten? Doch. Arbeitgeber müssen wegen ihrer Fürsorgepflicht alles tun, um den Arbeitnehmer zu unterstützen. Jeder Arbeitgeber ist verpflichtet, andere Beschäftigungsmöglichkeiten zu überlegen. Wie können die aussehen? Dazu zählen andere Arbeitszeiten, Home-Office, allerdings besteht darauf kein allgemeiner gesetzlicher Anspruch. Man kann auch Überstunden abbauen oder Urlaub nehmen – bezahlt oder unbezahlt. Oft steht dazu auch etwas im Arbeitsvertrag oder im anwendbaren Tarifvertrag. Größere Unternehmen haben oft auch eine Betriebsvereinbarung. Was ist mit bezahltem Sonderurlaub? Nur wenn alle anderen Möglichkeiten ausscheiden und auch keine andere Betreuungsmöglichkeit besteht, haben Eltern einen Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub. Sie bekommen also Geld, obwohl sie trotz aller Bemühungen nicht am Arbeitsplatz erscheinen können. Nach der gesetzlichen Vorschrift aber nur für eine „nicht erhebliche Zeit“. Das sind nach der bisherigen Rechtsprechung der Arbeitsgerichte in der Regel aber nur wenige Tage. Was können Eltern jetzt tun? Sie sollten in den Unternehmen das Gespräch suchen, um flexible und freiwillige Lösungen für die Freistellung zur Betreuung von Kindern zu erreichen. Was sagen die Lehrerverbände? „Klar ist: Der Schulbetrieb ruht nun vorerst, aber der Lernbetrieb muss weitergehen. Hier sind aufseiten der Lehrkräfte und Schüler Improvisationstalent und aufseiten des Schulministeriums klare Ansagen gefragt“, sagt Brigitte Balbach, Vorsitzende von Lehrer NRW. „Für eine gewisse Zeit und in gewissem Rahmen können Schüler sich nach Vorgaben durch die Lehrkräfte Unterrichtsstoff selbst erarbeiten.“ Dazu gebe es über die Schul-Homepages oder andere Kanäle Möglichkeiten, dass Lehrer und Schüler in Kontakt bleiben können. Es müsse perspektivisch aber auch sichergestellt sein, „dass zum Beispiel Abschlussprüfungen ordnungsgemäß und ohne Abstriche bei der Qualität durchgeführt werden können. Hier muss das Schulministerium zeitnah Konzepte entwickeln.“ Was ist mit den Kitas? Da ist die Lage vergleichbar. Ab Montag dürfen Kinder im Alter bis zur Einschulung keine Kindertageseinrichtung, Kindertagespflegestelle, Heilpädagogische Kindertageseinrichtungen oder „Kinderbetreuung in besonderen Fällen“ betreten. Die Eltern sind verpflichtet, ihre Aufgabe zur Erziehung der Kinder wahrzunehmen. Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass ihre Kinder die Kindertagesbetreuungsangebote nicht nutzen, heißt es in der Mitteilung der Landesregierung. Not-Betreuungsmöglichkeiten müssen auch hier nur für Eltern aus wichtigen Berufsgruppen, vor allem also aus dem Gesundheitswesen, geschaffen werden. 

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