Umfrage rund um KölnSind die Lockerungen in der Corona-Krise angemessen?

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(Symbolbild)

Bund und Länder heben einige Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie auf. Menschen aus  der Region um Köln reagieren gespalten.

Sonja Neuenhöfer (45) Inhaberin des Cafe Bonjour in Siegburg:

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Sonja Neuenhöfer ( (45) Inhaberin des Cafe Bonjour in Siegburg)

Die Bevölkerung ist wie die Lemminge in eine Richtung getrieben worden. Ob das alles so richtig ist, muss hinterfragt werden. Sicherlich geht die Gesundheit der Menschen vor, aber es hat immer Krankheiten gegeben, die der Menschheit auf die Pelle gerückt sind. Ich weiß nicht, ob im heutigen Zeitalter alles so aufgebauscht werden muss. Die Lebensqualität hat ordentlich gelitten. Vielleicht ist es aber auch ein Weckruf, dass man sich mal wieder Gedanken über Höher, Schneller und Weiter macht. Die Solidarität habe ich nicht immer gesehen. Manchmal ging es auf dem Markt auch sehr aggressiv zu. (que)

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Marc Remmel (48), Apotheker der Siegburger Wilheim-Apotheke:

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Marc Remmel (48), Apotheker der Siegburger Wilheim-Apotheke 

Die Lockerung ist grundsätzlich in Ordnung, wenn sie entsprechend der Hygienemaßnahmen und Abstandregelung umgesetzt wird. Aber was ich die letzten Wochen so gesehen habe mit den langen Schlangen vor Möbelhäusern oder großen Blumenhändlern bereitet mir doch einiges an Sorgen. Bei dem Lockerungs-Konzept müssen alle mitziehen. Die zweite Welle ist sicherlich eine Gefahr. Die gab es schon bei der spanischen Grippe. Aber man kann derzeit nicht abschätzen, ob sie kommt oder nicht. Ich sehe das Problem mit den Masken hier in der Apotheke. Manche Kunden muss man darauf hinweisen, dass sie die Masken falsch tragen. Dann sieht man wieder Menschen, die im Wald die Maske tragen, was überhaupt nichts bringt. (que)

Henry Schmidt:

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Henry Schmidt

Henry Schmidt lehnt weitere Lockerungen ab. Der Leverkusener ist überzeugt, dass Deutschland eine zweite Welle erwartet. „Das kommt noch. Und ich habe Angst, dass dann erneut alles runtergefahren wird“, so Schmidt. Er kritisiert, dass Gruppen versuchen ihre Einzelinteressen durchzudrücken. „Das machen zum Beispiel die Automobilbranche und der Fußball“, meint er. Henry Schmidt ist bereit, die Einschränkungen noch länger in Kauf zu nehmen. Solange es notwendig ist.

Brigitte Schneider-Röhrig:

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Brigitte  Schneider-Röhrig

Brigitte Schneider-Röhrig ist gegen weitere Lockerungen. Sie hat den Eindruck, dass sich zu wenige an die wegen Corona eingeführten Regeln halten. Die Leverkusenerin erzählt es habe sie erschreckt, welche Szenen sich am letzten Wochenende am Leverkusener Gartencenter Selbach abspielten. Massen an Menschen, die keinen Abstand hielten und keine Masken trugen. Schneider-Röhrig ist sofort wieder umgekehrt. Weitere Lockerungen findet sie darum nicht angebracht. „Wenn sich alle an die Regeln halten würden, wäre es etwas anderes“, so die Leverkusenerin. „Ich befürchte man wird die Konsequenzen der Lockerungen an den Zahlen sehen“.

Marion Oldekamp-Koob (50):

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Marion Oldekamp-Koob (50)

"Ich finde die Lockerungen grundsätzlich gut. Ich arbeite im Krankenhaus in der ambulanten Reha. Auch wir dürfen wieder arbeiten, haben aber vorher an einer speziellen Hygieneschulung teilgenommen. Dass Schulen und Kitas wieder öffnen, finde ich auch gut. Es ist wichtig Eltern mit Kindern zu entlasten. Ich bin selbst arbeitende Mutter. Aber auch bei Lockerungen sollten sich alle an die vorgeschriebenen Regeln halten. Für mich ist außerdem die richtige Reihenfolge entscheidend. Natürlich ist es wichtig, die Wirtschaft wieder anzukurbeln, aber die Öffnung der Gastronomie sehe ich noch kritisch, denn die Umsetzung der Sicherheitsmaßnahmen ist dort schwieriger. Die Gastronomen sollten lieber weitere finanzielle Unterstützung erhalten." (lth)

Robert Wagner (59):

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Robert Wagner (59)

"Ich finde viele Corona-Lockerungen noch zu früh. Ich sehe, dass viele Bürger auch mit den aktuellen Maßnahmen nicht achtsam umgehen. Deshalb sollte man mit weiteren Lockerungen lieber vorsichtiger sein. Die Einschränkungen haben schließlich einen Sinn. Außerdem bin ich für eine einheitliche Regelung in allen Bundesländern. Alles andere verwirrt die Bürger nur. Viel zu schnell wird außerdem im Profifußball gelockert. Das hätte für mich keine Priorität. Alles was nur zu unserem Spaß dient, sollte noch warten. Wichtig finde ich dagegen die Lockerungen beim Besuchsverbot in Pflegeheimen, denn die Menschen dort sind einsam. Dort geht es um die Menschenwürde. Das sollte viel mehr berücksichtig werden." (lth)

Claudia Bickhofe (54):

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Claudia Bickhofe (54

"Was die Lockerungen der Corona-Maßnahmen angeht bin ich echt zwiegespalten. An einigen Stellen finde ich Lockerungen gut und sinnvoll, an anderen Stellen nicht. Ich verstehe, dass die Corona-Krise für die Wirtschaft nicht leicht ist. Besonders die Gastronomen wünschen sich natürlich Lockerungen und auch ich würde gerne in einem Café in der Sonne sitzen. Aber seit der Maskenpflicht beobachte ich auch, dass sich viele nicht mehr an den Mindestabstand halten. Mir fallen die ganzen Einschränkungen auch schwer, ich habe meine Tochter seit Wochen nicht mehr gesehen. Aber wir müssen einfach vernünftig bleiben, denn es geht um unser Leben. Wir dürfen noch raus, darüber sollten wir doch froh sein." (lth)

Gaby Schlachter (47):

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Gaby Schlachter, 47, Kassiererin

„Mir reicht’s“, sagt Gaby Schlachter aus Bergheim. Sie freut sich, dass es weitere Lockerungen in der Corona-Krise gibt. „Ich vermisse es, Freunde zu treffen und Abende im Biergarten zu sitzen – die Gesellschaft eben.“ Auch ihren Freunden ging es ähnlich wie ihr. Den Großteil der vergangenen Wochen habe sie wirklich zu Hause verbracht. „Ab und zu bin ich aber durch die Stadt gegangen.“ Sie befürwortet den Weg, nach und nach verschiedene Bereiche wieder zu öffnen, meint aber auch: „Ich glaube, es wird wieder ein Rückschlag kommen. Aber: Wir kriegen es eh alle.“ Und es gebe so viele verschiedene Meinungen, die sie mitbekomme, dass eine Einordnung schwierig sei. (nip)

Anita Hilgers:

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Anita Hilgers

Ich finde, es ist anstrengend, sich in kurzen Abständen immer wieder auf neue Regeln einstellen zu müssen. Das gilt auch in dem Hotel, das wir mit unserer Familie betreiben. Wir arbeiten in einer Branche, die unter anderem vom Tourismus lebt. Da sind Lockerungen zu begrüßen. Allerdings sollte man nichts überstürzen, anderenfalls wären alle Anstrengungen umsonst. Was ich wichtig finde: Wenn die Krise überstanden ist, dürfen nicht  wieder die alten Zustände herrschen.     Das gilt vor allem für die Natur, mit der wir viel achtsamer umgehen müssen. (ejb)

Erwin Esser, Bürgermeister Wesseling:

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Erwin Esser, Bürgermeister in Wesseling

„Ich habe großes Verständnis dafür, dass die Menschen nach Normalität lechzen", sagt Wesselings Bürgermeister Erwin Esser (61). Ihm ginge es ähnlich. Er sorge sich, wie viele andere auch, um den Einzelhandel, die Gastronomien und die Hotellerie in Wesseling. "Wenn wir aber alle Maßnahmen, die wir bisher bis hin zum Lock Down ergriffen haben, ernst nehmen und davon ausgehen, dass das alles richtig war, woran bisher keinen Grund zu zweifeln besteht, dann kommen die Lockerungen jetzt zu schnell und vor allem in zu hoher Frequenz", fährt er fort. "Das sorgt bei mir für Magengrummeln.“ (js)

Bernd Kaschub (57):

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Bernd Kaschub 

Für mich als Physiotherapeut sind die Lockerungen notwendig. In der ersten Zeit nach dem Ausbruch der Pandemie haben viele Patienten ihre Termine abgesagt. Das führte in meiner Praxis zu einem spürbaren Umsatzeinbruch. Meine berufliche Sicht unterscheidet sich allerdings von der medizinischen Einschätzung: Je schneller weitere Lockerungen zugelassen werden, desto mehr geraten die Vorsichtsmaßnahmen in den Köpfen in den Hintergrund. Ich beobachte oft, dass die Abstandsregel ignoriert wird. Das ist gefährlich, solange es keinen Impfstoff und kein Medikament gibt. (ejb)

Jannik Gramm:

JannikGramm

„Ich bin auf jeden Fall für die Lockerungen der Corona-Beschränkungen. Vielleicht liegt das auch an meinem Alter. Es ist schon ungewohnt, so lange zuhause zu bleiben. Wenn man noch keine schwere Krankheit hatte, oder selbst als ältere Person betroffen ist, geht man da einfach anders mit um, denk ich. Ich glaube, die Lockerungen sind in vielen Bereichen sinnvoll. Vor allem die Gastronomie kämpft ja ums Überleben. Wir vermissen es doch alle, einfach mal sorglos in einem Café sitzen zu können. Klar, gibt man weniger Geld aus, aber das fehlt dann eben den Leuten in der Branche.“ (ebu) 

Nicole Schneider:

NicoleSchneider

„Ich sehe eine Lockerung der Maßnahmen sehr kritisch: Viele Menschen in meinem Umfeld, Familie und Freunde, gehören zur Risikogruppe. Sie werdenvor allem durch die Maßnahmen vor einer Ansteckung geschützt. Auch aus wissenschaftlicher Sicht bin ich gegen eine Lockerung. Das RKI sagt, dass die bisherigen Erfolge einzig und allein auf die Maßnahmen zurückzuführen sind. Eine zu frühe Lockerung würde dann ja eine weitere Infektionswelle auslösen. Ich verstehe die Hilferufe der Wirtschaft, doch weder Unternehmern noch Mitarbeitern ist geholfen, wenn wir mit den Maßnahmen von vorn beginnen müssten.“ (ebu)

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