Schöneberger im Interview„Ich finde dieses ganze Frauen-Empowerment albern“

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Schöneberger Tanzbrunnen

Entertainerin Barbara Schöneberger bei einem Auftritt im Kölner Tanzbrunnen. (Archivbild)

Frau Schöneberger, Sie können wieder auf Tour gehen. Wie sehen Sie die Debatten um 2 G, 3 G und so weiter bei Veranstaltungen?

Schöneberger: Wenn die Welt vorm Abgrund steht, verstehe ich nicht, warum es Leute gibt, die sich nicht impfen lassen wollen, obwohl das nachweislich weniger Erkrankungen und schwere Verläufe bringt. Wenn wir mit dem Impfen nicht weiterkommen, wird uns Corona die nächsten zehn Jahre beschäftigen. Ich halte es für unsere Bürgerpflicht, alles dafür zu tun, dass die Pandemie eingedämmt wird.

In Ihrer Musik, mit der Sie nun auf Tour gehen, geht's auch um Frauenperspektiven. Wie stehen Sie zu den aktuellen Genderdebatten?

Wenn wir über Gender diskutieren, diskutieren wir auch über Feminismus, #MeToo, Dieselfahren, Fleischessen, über alles. Wenn ich sage, dass ich die Genderdebatten übertrieben finde, bin ich auch gleich eine Umweltsau und mindestens ein CSU-Wähler. Ich habe mich mein Leben lang beim Wort "Studenten" und "Mitbewohner" mitgemeint gefühlt. Es ist mir ein Rätsel, wie plötzlich so viel Dogma in unsere Gesellschaft einziehen kann. Dieses Dogma soll uns vermeintlich befreien, ich glaube aber, dass wir immer unfreier werden. Jedes Mal, wenn ich jetzt auf eine Bühne gehe, merke ich, wie viele Fallen es gibt, in die ich treten kann.

Und wie handhaben Sie das selbst?

Ich frage mich: Muss ich mich da jetzt einordnen, um cool und jung zu sein - es ist ja vor allem die junge Zielgruppe, die das fordert - , oder bin ich selbstbewusst genug, zu sagen: ,Ich respektiere eure Welt und finde vieles wichtig, aber manches mache ich auch nicht mit?' 18-Jährige gendern total organisch, weil es für sie selbstverständlich ist. Dass man als 50-Jähriger bei der ein oder anderen Formulierung hadert oder stolpert, macht einen nicht zum Fortschrittsverweigerer.

Ich lebe mein Leben lang ein feministisches Leben, ohne dass mir bewusst war, dass ich Feministin bin, und ich würde mich selbst auch nie so bezeichnen. Ich habe nie darüber nachgedacht, ob ich aufgrund oder trotz meiner Brüste Karriere mache. Ich bin überzeugt, ich hätte diese Karriere auch mit dunklen Haaren und einer Körbchengröße kleiner gemacht.

Welchen Einfluss haben diese Debatten auf die Entertainment- und Comedybranche?

Die Comedybranche wird sich dagegenstemmen. Man kann kein politisch korrektes Kabarett oder politisch korrekte Comedy machen. Natürlich gibt es Dinge, die zu weit gehen, aber wir müssen uns weiterhin auf den gesunden Menschenverstand verlassen und nicht nur auf irgendwelche Strömungen. Es wird sich auch mit den falschen Sachen aufgehalten.

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Was meinen Sie genau?

Ich finde dieses ganze Frauen-Empowerment albern. Jede Frau weiß, dass sie, wenn es darauf ankommt, mehr schafft als ein Mann. Da brauche ich nicht, weil es mir bei Instagram 200 Follower mehr bringt, bei "Women support Women" mitzumachen. Wir haben unser Selbstbewusstsein jetzt schon so lange, jetzt wird es sichtbar, aber ich muss deshalb nicht bei jeder Gelegenheit die politische Fahne schwenken. Ich bin Unterhalterin, man muss sich auch weiterhin ungeniert amüsieren dürfen, ohne dass gleich einer den erhobenen Zeigefinger zeigt.

Ist das auch der Grund, warum Sie sich mit politischen Statements zurückhalten?

Total. Muss ich jetzt auch noch posten ,Periode ist kein Luxus, Tamponsteuer von 19 auf 7 Prozent senken?' Ich glaube nicht. Das sollen andere machen, die sich wirklich auskennen. Ich bin kein unpolitischer Mensch, aber ich bin Unterhalter. Ich muss nicht ständig bei Anne Will sitzen und den Menschen erklären, wie Politik funktioniert. Das ist nicht mein Metier.

Was glauben Sie, warum Sie trotzdem häufiger für Talkshows zum Thema Emanzipation angefragt werden?

Ich bin offenbar die Vorzeigefrau, die unabhängig ist, obwohl sie mit ihrer Weiblichkeit spielt. Das erklären oder intellektualisieren, was ich mein Leben lang aus dem Bauch heraus gemacht habe, kann ich nicht. Meine Mutter war zu Hause, und mein Vater hat gearbeitet, es war eine konservative Rollenverteilung, aber ich habe keine Sekunde in meinem Leben daran gezweifelt, dass mir die Welt offensteht. Und ich wünsche mir, dass keine Frau daran zweifelt. Ich bin einen sehr intuitiven Weg gegangen. Das kann man nicht erklären, zumindest nicht bei Anne Will.

Das Gespräch führte Hannah Scheiwe.

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