Kommentar zur WahlWarum keiner von „den Dreien“ beliebter Kanzlerkandidat ist

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Laschet Scholz Baerbock

Triell um die Kanzlerschaft: Armin Laschet (CDU, l.), Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock und Olaf Scholz (SPD)

Früher war nicht alles besser, aber manches einfacher – zum Beispiel am Wahlsonntag. Ausschlaggebend für die Stimmabgabe war das Milieu, aus dem man stammte. Bauern und Beamte wählten die CDU, Arbeiter und kleinere Angestellte die SPD, für die obersten zehn Prozent war die FDP da. Lange überlegen musste niemand.

Das ist heute anders. Die Milieus haben sich aufgelöst, die Parteienlandschaft ist zersplittert, die Zahl der Stammwähler wird immer kleiner. Ideologen und Parteisoldaten sind in der Minderheit, die meisten Menschen wollen eine pragmatische, auf gesellschaftlichen Wohlstand, Zusammenhalt und Zukunftsfähigkeit ausgerichtete Politik.

Wofür steht Armin Laschet?

Für jeden Einzelnen wird die Wahlentscheidung dadurch anstrengender, denn er oder sie muss sich überlegen, wem eine solche Politik und damit die Führung des Landes am ehesten zuzutrauen ist. Derzeit drängt sich keiner der drei Kanzlerkandidaten auf.

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Favorit Armin Laschet, dessen Union noch immer in den Umfragen führt, hat Zweifel aufkommen lassen, ob er das entsprechende Format hat. Nicht wegen der Debatte über eine abgeschriebene Passage in einem zwölf Jahre alten Buch, auch nicht wegen der feixende Auftritt im Katastrophengebiet, sondern wegen der Unernsthaftigkeit, mit der Laschet scheinbar alle Dinge, von der Corona-Pandemie bis hin zum Wahlprogramm der CDU, angeht.

Man weiß nicht, wofür dieser Mann steht, man weiß nicht, warum er ins Kanzleramt will, und vor allem weiß man nicht, ob er dort in schwierigen Situationen bestehen würde. Sein Krisenmanagement in Nordrhein-Westfalen ist in dieser Hinsicht nicht gerade ein Empfehlungsschreiben.

Pannen lassen Baerbock unsicher wirken

Bei der grünen Kandidatin Anna-Lena Baerbock ist die Unsicherheit nach zahlreichen kleineren und größeren Pannen mit Händen greifbar. Alles, was Baerbock zu Beginn und vor allem vor ihrer Kandidatur ausgemacht hat - die Lockerheit, die Schlagfertigkeit, das Selbstbewusstsein – ist weg. Die Phase, in der man sich die Grüne als Bundeskanzlerin vorstellen könnte, wirkt in der Rückschau wie ein kurzer, wenig realistischer Traum.

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Bleibt Olaf Scholz, der den Umfragen zufolge immer noch kaum eine Chance auf den Wahlsieg hat, dem die Deutschen das Amt aber am ehesten zutrauen. Scholz hat bislang im Wahlkampf keine Fehler gemacht. Der Finanzminister und Vizekanzler absolviert seine Auftritte solide, ist zu praktisch jedem Thema sprechfähig, und er wirkt anders als Baerbock und Laschet so, als hätte er seine Kandidatur durchdacht und einen Plan – auch für die Zeit danach.

Der Mann aus Hamburg versprüht zwar wenig Esprit und weckt keine Begeisterung, sein wahres Problem aber ist ein anderes: die SPD. Die Partei hat den Wählerinnen und Wählern mehr als einmal klargemacht, dass weite Teile von ihre keine Lust mehr auf das Regieren haben – zumindest nicht auf die bei den Deutschen so hoch im Kurs stehende pragmatische Politik.

Mitglieder häufiger Problem als Minister

Zwar haben die Sozialdemokraten in den zurücklegenden Jahren viele gute Minister gestellt, talentierte Regierungshandwerker, die in ihren Ressorts nichts haben anbrennen lassen, aber anders als die Deutschen hat die Parteibasis immer mit ihnen gefremdelt. Die Wahl von Saksia Esken und Norbert Walter-Borjans an die SPD-Spitze war ein Misstrauensvotum der Basis gegen diese Pragmatiker der Macht – und die wurde genau so verstanden. Dass viele Menschen der SPD die Führung des Landes nicht mehr zutrauen, liegt an ihren Mitgliedern, nicht an ihren Ministern.

Wäre Scholz ein Grüner, wären seine Chancen weit besser. Wäre er in der CDU, würde sich seine Wahl geradezu aufdrängen. Ist er aber nicht. Die Deutschen haben deshalb in diesem Jahr die Wahl zwischen drei Kandidaten, von denen zwei das Format und einem die Partei für das Kanzleramt fehlt.

Leicht wird diese Entscheidung nicht. Aber zum Glück sind es ja noch acht Wochen bis zur Wahl.

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