Restaurantbesuch in Pandemie-ZeitenDas Drama mit den Gästedaten

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Ein Zettel für die Gäste-Regstrierung liegt in einem Restaurant auf einem Tisch. (Symbolbild)

  • Die Corona-Pandemie stellt uns alle vor einige Herausforderungen.
  • An vieles haben wir uns schon gewöhnt, jedoch sorgen Restaurantbesuche bei Betreibern und Kunden regelmäßig für Unmut.
  • Was die Probleme verursacht und kreative oder professionelle Lösungsansätze.

Wer ins Restaurant geht, muss Abstände einhalten, außerhalb des eigenen Platzes einen Mund-Nasen-Schutz tragen, sich die Hände beim Eintreten desinfizieren und natürlich seine Kontaktdaten hinterlassen. Was soweit einfach klingt, wird aus unterschiedlichen Gründen zum Problem.

Einerseits ist die Erfassung der Gästedaten für Restaurantbetreiber eine Herausforderung. Zettelwirtschaft? Digitale Erfassung? Und dann finden sich ständig noch Gästedaten von Max Mustermann, Daisy Duck, oder Andreas Müller. Wer keine vollständigen Gästedaten im Fall einer Kontrolle oder zur Kontaktnachverfolgung bei einem Infektionsfall nachweisen kann, muss mit hohen Bußgeldern rechnen.

Das Problem mit den Gästedaten

Dann gibt es umgekehrt aber auch die Gastwirte, die nichts von den Corona-Beschränkungen halten und diese ihren Gästen nicht zumuten wollen. Gästedaten werden also nicht erhoben, was wiederum Gäste verunsichert, die sich an die Regeln halten. Andere Gäste wiederum wollen ihre Kontaktdaten nicht hinterlegen.

Entweder, weil sie einfach nicht mit ihren Daten hausieren gehen wollen, vielleicht aus Prinzip oder sich um Datenschutz sorgen. Und wo wir gerade beim Datenschutz sind: Für Restaurantbetreiber ist das datenschutzrkonforme Erheben der Gästedaten alles andere als leicht. Einerseits sind sie dazu verpflichtet, auf der anderen Seite dürfen sie die Daten auch nicht unvorsichtig oder fahrlässig erheben.

Sicherheitslücken in der IT

Eine Nutzerin auf Twitter schreibt zum Beispiel, dass sie es grundsätzlich nicht schlimm findet, sich beim Restaurantbesuch registrieren zu müssen. „Uncool“ hingegen sei es, wenn der Zettel mit ihren Kontaktdaten an den Nachbartisch weitergegeben wird, weil noch Platz darauf ist. Meldungen wie die IT-Sicherheitslücken bei Restaurantdienstleister Gastronovi oder dass die Polizei Gästedaten für ihre Ermittlungen nutzt, dürften wenig zur Akzeptanz der Datenerfassung beitragen.

Auch wenn inzwischen ein Mindestbußgeld von 50 Euro droht, wenn man falsche Gästedaten angibt. In Schleswig-Holstein können es sogar bis zu 1000 Euro sein. Jedoch sind solche Regelungen in den Bundesländern äußerst unterschiedlich gehandhabt. Der Bund gibt die Marschrichtung vor, die Ausgestaltung ist Ländersache und für die Kontrolle sind wiederum die lokalen Behörden zuständig.

Verbot von öffentlichen Gästelisten

Anfangs lagen noch Listen aus, an denen sich Restaurantbesucher am Eingang eintragen mussten. Diese öffentlichen Gästelisten wurden allerdings verboten, da sie nicht mit dem Datenschutzgedanken kompatibel waren, zusätzlich hygienetechnisch fraglich. Inzwischen hat sich größtenteils die Nutzung von einzelnen Zetteln oder Karten durchgesetzt, die an die einzelnen Tische gebracht werden.

Denn täglich müssen Wirte die Daten vernichten, die die geforderte Aufbewahrungszeit überschritten haben. Erste Unternehmen berichten von anwaltlichen Schreiben ihrer Gäste, die nun dezidiert abfragen lassen, was mit ihren Daten geschieht, wie das Gastgewerbe-Magazin schreibt.

Das Problem mit dem Personalausweis

Ingrid Hartges, sieht noch ein weiteres Problem bei der Kontrolle der Corona-Kontaktlisten in Restaurants: „Es ist ein Streit unter Rechtsexperten, ob Gastwirte das Recht haben, sich den Personalausweis vorzeigen zu lassen“, sagte sie gegenüber dem SWR. Wie soll man jedoch überprüfen, ob es sich bei Thomas Müller tatsächlich um Thomas Müller handelt oder einen Fan von Bayern München? Im Beschluss von Bund und Ländern sind solche „Plausibilitätskontrollen“ jedoch vorgesehen.

Um solche Diskussionen zu umgehen, werden in Wiener Restaurants die Gästedaten jetzt digital und zentral erfasst. Anfang Oktober stellte Wiens Bürgermeister Michael Ludwiggemeinsam mit der Wirtschaftskammer Wien (WKW) das neue System vor. Der Datenschutz soll im neuen System gewährleistet sein, das nun bei 6.000 Wiener Gastro-Unternehmen und 1.800 Kaffeehäusern zum Einsatz kommt, wie hogapage.de berichtet. Der Vollbetrieb soll in der ersten Novemberhälfte starten.

Das Wiener System

Das Wiener System zur Gästeregistrierung funktioniert wie folgt: Die Gäste scannen beim Betreten des Betriebs einen QR-Code und geben am Smartphone die erforderlichen Daten ein. Geht der Gast, kann er sich auschecken. Lokal, Tischnummer und Uhrzeit würden vom System automatisch registriert. Die Daten sollen nach 28 Tagen automatisch gelöscht werden, jedoch können Gäste ihre Daten auch freiwillig permanent hinterlegen. So muss beim nächsten Besuch eines Lokals in Wien nur noch der QR-Code gescannt werden. Der Gastronomiebetrieb selbst könne die Daten nicht einsehen, nur die Gesundheitsbehörde auf Anforderung im Infektionsfall.

In den letzten Wochen kamen auch in Deutschland zahlreiche Anbieter mit Lösungen zur digitalen Gästedatenerfassung um die Ecke oder auch digitale Speisekarten und Reservierungen, die den Corona-Alltag für Gastronomen und Gäste einfacher und sicherer machen sollen. Für die meisten wird ein Smartphone benötigt, das einen QR-Code scannt. Danach variieren die Funktionsweisen. Teilweise sind smarte Lösungen eingebaut, die digitale Speisekarten erst anzeigen, nachdem die Gästedaten ausgefüllt worden sind. Einige davon wollen wir hier vorstellen.

  • darfichrein.de
  • Dish Check-In
  • e-guest
  • HeyOrder
  • Hygiene-Ranger
  • resmio
  • TheFork

Nach Herstellerangaben erfolgt die Erfassung der Gästedaten stets DSGVO-konform und gespeicherte Daten werden automatisch nach der gesetzlich vorgeschriebenen Aufbewahrungszeit gelöscht. Der „Chaos Computer Club“ warnt jedoch vor der digitalen Erfassung von Gästedaten. Mitglieder hatten eine Schwachstelle bei einem Cloudsystem entdeckt und konnten auf über 87.000 Corona-Datensätze und 5,4 Millionen Reservierungen zugreifen. Umso wichtiger ist es also, dass digitale Lösungen auch tatsächlich nicht nur datenschutzkonform, sondern auch sicher sind.

Letztendlich wird sich zeigen, welcher der Anbieter sich durchsetzt oder ob es tatsächlich, ähnlich wie in Wien, zu einer zentralen und verpflichtenden Datenerfassung kommen könnte.

Kreative Ansätze vonseiten der Gastronomie

Es gibt auch ganz kreative Ansätze, die Gastronomen verfolgen. Brauerei Berg, eine kleine Brauerei aus Baden-Württemberg, erhebt ihre Gästedaten zum Beispiel auch per Zettel, jedoch erhalten die Gäste eine vorgedruckte Postkarte auf der sie ihre Daten aufschreiben. Diese werden dann zwei Wochen aufgehoben und im Anschluss erhalten die Besucher die Postkarte zurück. So sehen die Gäste einerseits, dass der Wirt ihre Daten nicht behält und gleichzeitig gilt die Postkarte als Gutschein für ein Freibier beim nächsten Besuch. Von den Gästen werde die Aktion gut angenommen, sagt Franz Weisser von der Brauerei.

Während die Aktion auf Twitter viel Anklang findet, kritisieren andere wiederum auch hier den Datenschutzgedanken. Auf einer Postkarte steht zwar ohnehin die Adresse, an die die Postkarte versendet werden soll, jedoch seien hier noch mehr Daten zu sehen, wie zum Beispiel die Telefonnummer.

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