Impeachment-VerfahrenWie ein Zeuge Trump mit neuen Details belastet

George Kent (l.) und William Taylor
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Washington – Der eine trägt Fliege und Einstecktuch zum Dreiteiler. Der andere macht sich nach Gesprächen akurate Notizen. Hitzköpfige Trump-Gegner sind George Kent und William Taylor sicher nicht. Eher verkörpern sie die USA so, wie sie sich selbst lange gerne gesehen hat: weltoffen, kultiviert und idealistisch. Der mit einer Usbekin verheiratete Harvard-Absolvent Kent spricht Ukrainisch, Russisch, Thai sowie etwas Deutsch, Polnisch und Italienisch.
Taylor hat die Militärakademie West Point absolviert, drei Jahrzehnte im diplomatischen Dienst gewirkt und sich nach der Pensionierung aus Pflichtgefühl noch einmal aktivieren lassen.

William Taylor
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Und doch sitzen der Vize-Außenstaatssekretär und der Ukraine-Botschafter an diesem Mittwoch nebeneinander am Zeugentisch im stuckverzierten Raum 1100 des Longworth-Kongressgebäudes in Washington, um als erste vor laufenden Kameras in dem Impeachment-Verfahren auszusagen, dass nach dem Willen der Demokraten zur Amtsenthebung des amerikanischen Präsidenten führen soll. Seit Generationen habe seine Familie dem Vaterland gedient, betont Kent bei seiner Vorstellung. Und Taylor streicht mehrfach heraus, dass es ihm alleine um die Wahrheit geht.
Zeugen demonstrieren Pflichtbewusstsein und Furchtlosigkeit
Gerne treten der 72-jährige Taylor und der zwei Jahrzehnte jüngere Kent nicht ins Rampenlicht. Doch genau jene Mischung aus uneitler Korrektheit und entschlossener Furchtlosigkeit trotz drohender Sanktionen macht die Aussagen in der siebenstündigen Anhörung so glaubwürdig. Beide Beamte haben unter mehreren republikanischen und demokratischen Präsidenten gewirkt. Und sie waren höchst alarmiert, als sie mitbekamen, wie Donald Trump in der Ukraine-Politik ganz andere Ziele als die offiziell proklamierte Demokratieförderung verfolgte.
„Grundsätzlich glaube ich nicht, dass die Vereinigten Staaten andere Länder auffordern sollten, sich in politisch motivierte Untersuchungen und Verfolgungen von politischen Gegnern zu engagieren, weil das die Herrschaft des Rechts untergräbt“, erklärt Kent. Es geht ihm wirklich ums Prinzip. Taylor wiederholt seine frühere Kritik am zeitweisen Zurückhalten der amerikanischen Militärhilfe für die Ukraine: „Ich habe das damals verrückt gefunden, und ich finde das noch heute.“
Im Kern bestätigen beide Zeugen, was sie und mehrere andere Spitzen-Beamte schon bei den Befragungen hinter verschlossenen Türen ausgesagt haben: Dass nämlich das Weiße Haus die Auszahlung einer Militärhilfe von 400 Millionen Dollar und einen Termin für den neugewählten ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj von gänzlich unfundierten Ermittlungen gegen Trumps Rivalen Joe Biden abhängig machte. So zahlreich sind inzwischen die Zeugenaussagen, die Indizien und die Belege, dass daran kein vernünftiger Zweifel mehr bestehen kann. Doch für das Impeachment-Verfahren muss Trumps persönliche Verantwortung nachgewiesen werden.
Mitarbeiter Taylors hörte Trump-Telefonat mit
Deshalb wirkt eine neue Information hochbrisant, die Taylor den Abgeordneten mitteilt: Ein Mitarbeiter hat ihm inzwischen berichtet, dass er am 26. Juli in einem Restaurant in Kiew ein Telefonat zwischen dem amerikanischen EU-Botschafter Gordon Sondland und Trump mithörte. Darin informierte Sondland, eine Schlüsselfigur der Ukraine-Erpressung, den Präsidenten über seine Gespräche vor Ort. Der Mitarbeiter konnte hören, wie sich Trump nach „den Ermittlungen“ erkundigte. Sondland antwortete angeblich, die Ukrainer seien dazu bereit. Später soll Sondland berichtet haben, dass sich der Präsident mehr für die Ermittlungen gegen Biden interessiere.
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Wenn sich die Szene so abgespielt hat, ist sie in mehrfacher Hinsicht verräterisch: Zum einen belegt sie, wie eng der Draht zwischen Trump und Sondland war, den der Präsident neuerdings kaum zu kennen vorgibt. Dann demonstriert das Gespräch, dass Trump die öffentlich proklamierte Korruptionsbekämpfung oder die Unterstützung der Ukraine gegen den aggressiven Nachbarn Russland ziemlich gleichgültig waren. Und schließlich wäre ein weiterer Nachweis für die Intrige gegen Biden erbracht.
Noch streitet Donald Trump alles ab. „Es ist das erste Mal, dass ich davon höre“, behauptet er am Mittwoch. An das Telefongespräch könne er sich nicht erinnern. Doch das könnte sich bald ändern. Am Freitag wird der Mitarbeiter vom Kongressausschuss angehört. Und am Mittwoch der nächsten Woche muss Sondland vor laufenden Kameras unter Eid aussagen.
Die Verteidigung der Republikaner wirkt bisweilen hilflos
Bis dahin werden sich die Republikaner auch eine neue Verteidigungsstrategie ausdenken müssen. Bei der Anhörung stellen sie sich zwar demonstrativ hinter den Präsidenten. Doch bisweilen wirken die Entlastungsangriffe eher verzweifelt.
Nachdem Taylor die dubiose Schatten-Diplomatie des Weißen Hauses beschrieben hat, ergreift Republikaner-Anwalt Steve Cantor das Wort. „Dieser irreguläre diplomatische Kanal ist aber doch nicht so hanebüchen, wie er sein könnte?“, fragt er den Zeugen. Taylor zögert einen Moment. Dann lacht er: „Nein, er ist nicht so hanebüchen, wie er sein könnte.“