Keine IllusionenWarum sich der Krieg in der Ukraine nicht schnell beenden lässt

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Ukraine Panzer Region Luhansk

Ein ukrainischer Panzer in der Region Luhansk (Archivbild)

Kiew – Wer glaubt, der Krieg Russlands gegen die Ukraine könnte mit mehr Waffenlieferungen schnell beendet werden, ist naiv. Dennoch braucht die Ukraine mehr Waffen, weil Putin nur die Sprache der militärischen Stärke versteht. Ohne die Hilfe des Westens würde er die Ukraine brutal vereinnahmen und die Menschen dort unterjochen. Mit den Geländegewinnen der ukrainischen Armee ist in Europa eine Stimmung aufgekommen, als könne dieser Krieg nun schnell beendet werden. Der Westen müsse nur noch einen großen Schwung Panzer und Artillerie liefern. Das aber ist ein Trugschluss.

Dieser Krieg wird nicht schnell enden. Wer auf einen für die Ukraine guten Ausgang bis Ende des Jahres, gar einen Sieg, setzt, ist naiv. Die weiteren Waffenlieferungen des Westens sind unerlässlich - schon allein, damit Russland die Ukraine nicht einfach vereinnahmen und die Bevölkerung dort unterwerfen kann. Sie sind auch notwendig, weil militärische Stärke das einzige ist, was den russischen Machthaber Putin beeindruckt.

Die Lage gibt leider keinen Anlass zur Hoffnung

Die angekündigten verstärkten Waffenlieferungen aus den USA und aus Deutschland werden aber auch keine zeitnahe Entscheidung bringen können. Das russische Militär ist zwar deutlich weniger leistungsfähig, als zu Beginn des Krieges befürchtet, dennoch wird sich Putin nicht einfach aus der Ukraine hinausfegen lassen. Im Gegenteil: Die russische Armee wird in den Gebieten, aus denen sie sich zurückziehen muss, verheerende Zerstörung hinterlassen. Da sind die Bedrohung des Atomkraftwerk Saporischja und die Bombardierung des Staudamms in der zentralukrainischen Industriestadt Krywyj Rih nur ein bitterer Vorgeschmack.

Die Lage gibt leider keinen Anlass zur Hoffnung: Ein Verhandlungsfrieden ist aussichtslos, solange Putin die Macht im Kreml hat. Erst in dieser Woche haben Bundeskanzler Scholz und Putin anderthalb Stunden am Telefon aneinander vorbeigeredet. Wahrscheinlich hat das Telefonat den Kanzler darin bestärkt, dass Deutschland nun auch den russischen Mineralölkonzern Rosneft unter Treuhandverwaltung stellt - also faktisch enteignet. Dies vollzieht die Bundesregierung unter in Inkaufnahme, dass kein Öl aus Russland mehr nach Deutschland fließt und dass auch die Mineralölpreise weiter steigen. Eigentlich sollte der Verzicht auf russisches Öl erst Ende des Jahres erfolgen.

Derweil ordnet sich die Welt neu

Sprach man Ende Februar nur von Putins Krieg gegen die Ukraine, ist mittlerweile zwischen Russland und der Ukraine so viel Blut geflossen, so viele Menschen gestorben, so viele Häuser zerstört und so viel Leid durch Folter und Vergewaltigung entstanden, dass auch eine Aussöhnung zwischen den einstigen Brudervölkern nicht einfach möglich sein wird.

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Derweil ordnet sich die Welt neu: Der Westen ist näher zusammengerückt in einem Krieg, den Europa vor allem als Wirtschaftskrieg führt und in dem die Natostaaten die Waffenlieferanten für die Ukraine sind. Russland hingegen sucht den Schulterschluss mit China, das wiederum die globale Dominanz der westlichen Demokratien zurückdrängen möchte. Nach dem alten Motto, das noch nie zu Frieden geführt hat: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. (rnd)

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