KommentarDie Flutkatastrophe gibt den Grünen recht, nützt ihnen aber wenig

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Barbock RND

Die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock 

Es hat in der gut 40-jährigen Geschichte der Grünen noch keine Hochwasserkatastrophe in Deutschland gegeben wie diese. Lange Zeit kämpfte die Partei allein für Umwelt- und Klimaschutz, war ihrer Zeit weit voraus, prognostizierte Brände und Fluten durch den vom Menschen verursachten Klimawandel. Nun geben die Dramen im Westen des Landes den Grünen auf bitterste Weise Recht.

Aber bislang nützt es ihnen wenig.

Angesichts fallender Umfragewerte und eines sinkenden Rückhalts in der Bevölkerung für die Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock laufen die Grünen Gefahr, nicht nur ihre historische Chance auf das Kanzleramt zu verspielen, sondern auch auf eine alte Rolle zurückgestutzt zu werden: Regierungsbeteiligung möglich, aber nicht sicher. So bringt die „Deutschland-Koalition“ aus Union, FDP und SPD in Sachsen-Anhalt womöglich auch so manchen Parteistrategen im Bund auf eine Idee.

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Unzulänglichkeiten in einem sehr sensiblen Bereich

Dass die Grünen ihr eigenes Erbe so schlecht verwalten können, obwohl es doch jetzt so sehr darauf ankommt, dürfte maßgeblich an dem verlorenen Zutrauen in Baerbocks Professionalität liegen. Ausgerechnet, galt sie doch im Vergleich mit dem Co-Vorsitzenden Robert Habeck noch bis vor kurzem als die Professionellere. Dann häuften sich aber Unzulänglichkeiten in einem sehr sensiblen Bereich: beim Umgang mit persönlichen Angaben zu Nebeneinkünften, zum Lebenslauf, zu Quellen für ihr jüngst veröffentlichtes Buch. Alles keine besonderen Versäumnisse, kein Skandal. Nur ist es eben erschreckend unprofessionell, wenn man ins Kanzleramt will.

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Das gleiche Ziel verfolgt Armin Laschet. Der NRW-Ministerpräsident sagt jetzt, es müsse mehr für den Klimaschutz getan werden. Hätte längst geschehen können. Seit 2017 regiert Laschets CDU in Düsseldorf. Er rühmt sich, sein Land sei Vorreiter bei der Senkung des CO2-Ausstoßes, was allerdings auch daran liegt, dass NRW mit seinen Industriestandorten zuvor eine ziemliche Dreckschleuder war.

Sie muss warnen

Längst hätte Laschet dafür kämpfen können, in der Union den Wohlstandsbegriff zu erneuern und verstehen zu lernen, dass der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen dazugehört; dass nicht nur reich ist, wer viel Geld hat, sondern auch Trinkwasser, gesunde Böden und eine intakte Natur. In ihrem Wahlprogramm gibt die Union alledem keine Priorität. Zu Steuern und Finanzen fällt ihr mehr ein.

Besser auf- und dankbarer angenommen als Vorschläge zu einer radikalen Verschärfung der Umweltpolitik werden jetzt die Versprechen, den Menschen in den Katastrophengebieten beim Wiederaufbau finanziell zu helfen. Da sind die Kanzlerkandidaten in Regierungsverantwortung – Laschet in NRW, Olaf Scholz (SPD) als Finanzminister im Bund – besser dran als Baerbock. Ihr Part ist das Mahnen. Sie muss das machen. Weil es authentisch ist. Und richtig. Und weil die Grünen seit langem mehr davon verstehen als die versammelte Konkurrenz. 

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