Kommentar zu den GrünenNachmeldungen von Bonuszahlungen sind mehr als peinlich

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Baerbock gestikuliert

Grüne Kanzlerkandidatin: Annalena Baerbock

  • Die zu spät gemeldeten Sonderzahlungen an Kanzlerkandidatin Baerbock und Ex-Parteichef Özdemir sind Sand im Getriebe der Grünen-Wahlkampfmaschine
  • Die Grünen müssen sich an ihren eigenen Ansprüchen messen lassen.
  • Ein Kommentar.

Für die Grünen sind die Nachmeldungen von Bonuszahlungen für ihr Spitzenpersonal mehr als peinlich. Dass Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock und der frühere Parteichef Cem Özdemir es schlicht versäumt haben, ihre Sonderzahlungen aus der Parteikasse an den Bundestag zu melden, ist für die Grünen ein schwerer Image-Schaden. Sand im Getrieben der gerade so gut geölten Wahlkampfmaschine. Man fragt sich schon, wie Politikerinnen und Politiker ständig nach maximaler Transparenz bei Abgeordneten rufen können und dann die eigenen zusätzlichen Einnahmen einfach verschweigen.

Zur Klarstellung: Das Versäumnis eine kleinere fünfstellige Summe, die über mehrere Jahre als Bonuszahlungen durch die Partei geleistet wurde, nicht beim Bundestag anzuzeigen, ist ein klarer Regelverstoß. Man sollte ihn aber nicht auf eine Stufe mit den Masken-Deals einiger Unionspolitiker setzen. Bei den Grünen gab es keine Korruption oder Geschäfte auf Kosten der Steuerzahler. Nach Aussagen der Parteizentrale sind die Beträge auch ordnungsgemäß versteuert worden. Dennoch wiegt das Versäumnis schwer. Schließlich sind es die Grünen, die tatsächlich immer die höchsten moralischen Ansprüche erheben, denen die Regeln zur Transparenz nie streng genug sind und die bei Verfehlungen anderer, stets unerbittlich Konsequenzen fordern.

Zudem: Baerbock hat ihr Versäumnis im März nachgeholt. Der Zeitpunkt spricht dafür, dass die Grünen im Zuge der Masken-Affäre der Union kurz einmal von ihrem hohen Ross heruntergeschaut und entdeckt haben, dass sie die von ihnen geforderte volle Transparenz bei den Einnahmen von Abgeordneten nicht erfüllen. Man hätte das zu diesem Zeitpunkt öffentlich machen können. Das wäre transparent gewesen.

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Und ausgerechnet Cem Özdemir! Musste er sich doch 2002 nach Bonusmeilen-Affäre und einem umstrittenen Kredit erst einmal aus der Politik zurückziehen, bevor er übers Europaparlament eine zweite Chance im Berliner Politik-Betrieb bekam. Dass er nun abermals etwas hat anbrennen lassen, macht fassungslos.

Für den politischen Gegner sind die Verfehlungen der Spitzen-Grünen im Wahlkampf ein gefundenes Fressen. Der Regelverstoß der Grünen-Kanzlerkandidatin wird vor allem in den sozialen Medien genüsslich ausgeschlachtet. Dabei schlägt die berechtigte Kritik an Baerbock vielfach in Beleidigungen und sexualisierte Herabwürdigungen um. Diesem Treiben sollten alle Demokraten trotz Wahlkampf entgegentreten. Es reicht, Baerbocks Fehler zu benennen und ihn in Zusammenhang mit den moralischen Ansprüchen der Grünen zu stellen.

Wahlkampf wird härter

Auch ohne die nachgemeldeten Bonus-Zahlungen wäre der Wahlkampf für die Grünen härter geworden. Es steht wohl kaum eine Karriereleiter auf wackeligerem Boden als die ins Kanzleramt. Es geht um das mächtigste Amt der viertgrößten Wirtschaftsnation der Welt.

Den Vorwurf der Verbotspartei an sich abtropfen zu lassen, kriegt Baerbock inzwischen ganz gut hin. Auch wenn es darum geht, welche Einschränkungen die Bürgerinnen und Bürger im Dienste des Klimaschutzes hinnehmen müssen, legt sie den Schongang ein. Bei Fragen nach den Kosten sowieso. Doch Mitte Juni beim Parteitag, auf dem das Wahlprogramm der Grünen verabschiedet werden soll, droht noch einmal Ungemach. Während die bürgerliche Mitte erwägt, im September ihr Kreuz bei den Grünen zu setzen, brüten die radikalen jungen Klimaschützer gerade über ihren Anträgen für den Parteitag. Sie wollen ihre Anliegen beschleunigen, sollten die Grünen an die Regierung oder gar in Kanzleramt kommen. Je nach dem, in welchem Umfang sie sich durchsetzen können, werden die Grünen im Wahlkampf noch einmal neu bewertet.

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