Kommentar zur TarifeinigungEin Kompromiss, der keine Seite glücklich macht

Ein Kommentar von
Lesezeit 5 Minuten
Eine Frau demonstriert vor Beginn der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. (Archivbild)

Eine Frau demonstriert vor Beginn der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. (Archivbild)

Die Tarifeinigung im öffentlichen Dienst macht keine Seite wirklich glücklich. Bei den Beschäftigten werden vor allem zwei Aspekte für Enttäuschung sorgen. Auch die Kommunen sind nicht begeistert.

Es ist der Wesenskern eines Kompromisses, dass alle Beteiligten nicht zu 100 Prozent zufrieden sind. Auch wenn die Gewerkschaften den Abschluss nun als großen Erfolg verkaufen, ist doch offensichtlich, dass sie eigentlich viel mehr für die 2,5 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes erreichen wollten.

Die Tarifeinigung bedeutet zwar deutlich mehr Geld auf dem Konto der Menschen: Sie bekommen zunächst unter anderem steuerfreie Einmalzahlungen und später mindestens 340 Euro brutto mehr im Monat. Für große Enttäuschung sorgt aber, dass diese tarifwirksame Gehaltserhöhung erst zum März 2024 umgesetzt werden soll. Die Laufzeit von 24 Monaten ist ebenfalls eine bittere Pille, die die Gewerkschaften und die Beschäftigten jetzt schlucken müssen.

Hinzu kommt: Die Tarifeinigung gleicht die Preissteigerungen nicht aus. Im März sind die Lebensmittelpreise im Vergleich zum Vorjahr um 22,3 Prozent seit Ausbruch des russischen Kriegs in der Ukraine gestiegen. Das trifft insbesondere den Mittelstand, also die Menschen, die die Belastung alleine schultern müssen, weil sie keinen Anspruch auf staatliche Abfederungsmaßnahmen haben. Dass eine Tarifeinigung alle Preissteigerungen auffangen kann, ist allerdings unrealistisch, auch wenn die Hoffnung dahingehend groß war. Ein gewissen Teil muss jeder einzelne selber tragen – das gehört zur Wahrheit dazu.

Die Verärgerung einiger Beschäftigter, die sich unter anderem auf dem Kurznachrichtendienst Twitter entlädt, wird auch mit den Gewerkschaften nach Hause gehen. Mit der Forderungen nach 10,5 Prozent mehr Gehalt haben die Gewerkschaften hohe Erwartungen geweckt. Es war klar, dass diese nicht umfassend erfüllt werden können. Auch die Ablehnung des Einmalzahlungsmechanismus„ lässt sich nur schwer aufrechterhalten, wenn man auf die Tarifabschlüsse der vergangenen Wochen blickt. Dass die Gewerkschaften keine höhere Gehaltssteigerung erreichen konnten, liegt aber auch an der finanziellen Realität der Kommunen.

Alisha Mendgen

Alisha Mendgen

mehr

Einige Städte und Gemeinden haben bereits jetzt hohe Schulden und nur einen geringen finanziellen Spielraum in ihren Haushalten. Die Tariferhöhungen, wenn sie auch geringer als gefordert ausfallen, werden für die Kommunen ein Kraftakt. Ganz zu schweigen von weiteren Aufgaben, die in den kommenden Monaten noch auf die Gemeinden zukommen werden, wie die Versorgung von Schutzsuchenden. Manche werden auf kommunale Steuer- und Gebührenerhöhungen setzen, um die finanziellen Anforderungen zu erfüllen.

Es überrascht nicht, dass die Tarifpartner sehr nah am Schlichterspruch geblieben sind. Für die Gewerkschaften wäre es ein Drahtseilakt gewesen, wenn sie den Schlichterspruch vom Tisch gewischt hätten. Dann hätten alle Beteiligten von neuem beginnen müssen, und unbefristete Streiks wären der nächste Schritt gewesen. Es ist mehr als fraglich, ob die Gewerkschaften nach der Warnstreikwelle der vergangenen Monate noch die Unterstützung der Bevölkerung gehabt hätten. Erfahrungsgemäß ist die Akzeptanz für den Arbeitskampf am Anfang groß. Mit der Zeit nimmt sie ab und der Frust über die Einschränkungen im Alltag nimmt zu.

Die Einigung ist insofern eine gute Nachricht, dass die Beschäftigten nun nach Monaten des Tarifstreits wissen, wie viel Geld ihnen zur Verfügung steht und, dass das Land in den betroffenen Bereichen zur Ruhe kommen kann. Weiterhin offen ist, wie es im Tarifstreit bei den Bahn-Unternehmen und den Flughäfen weitergeht. In Berlin etwa starten zum Wochenbeginn wegen eines Streiks keine Passagierflugzeuge. Und auch bei der Bahn sind weitere Streiks nicht ausgeschlossen.

Es ist der Wesenskern eines Kompromisses, das alle Beteiligten nicht zu 100 Prozent zufrieden sind. Auch wenn die Gewerkschaften den Abschluss nun als großen Erfolg verkaufen, ist doch offensichtlich, dass sie eigentlich viel mehr für die 2,5 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes erreichen wollten.

Die Tarifeinigung bedeutet zwar deutlich mehr Geld auf dem Konto der Menschen: Sie bekommen zunächst unter anderem steuerfreie Einmalzahlungen und später mindestens 340 Euro brutto mehr im Monat. Für große Enttäuschung sorgt aber, dass diese tarifwirksame Gehaltserhöhung erst zum März 2024 umgesetzt werden soll. Die Laufzeit von 24 Monaten ist ebenfalls eine bittere Pille, die die Gewerkschaften und die Beschäftigten jetzt schlucken müssen.

Tarifeinigung gleicht die Preissteigerungen nicht aus

Hinzu kommt: Die Tarifeinigung gleicht die Preissteigerungen nicht aus. Im März sind die Lebensmittelpreise im Vergleich zum Vorjahr um 22,3 Prozent seit Ausbruch des russischen Kriegs in der Ukraine gestiegen. Das trifft insbesondere den Mittelstand, also die Menschen, die die Belastung alleine schultern müssen, weil sie keinen Anspruch auf staatliche Abfederungsmaßnahmen haben.

Die Verärgerung einiger Beschäftigter, die sich unter anderem auf dem Kurznachrichtendienst Twitter entlädt, wird auch mit den Gewerkschaften nach Hause gehen. Mit der Forderungen nach 10,5 Prozent mehr Gehalt haben die Gewerkschaften hohe Erwartungen geweckt. Es war klar, dass diese nicht umfassend erfüllt werden können. Auch die Ablehnung des Einmalzahlungsmechanismus„ lässt sich nur schwer aufrechterhalten, wenn man auf die Tarifabschlüsse der vergangenen Wochen blickt.

Dass die Gewerkschaften keine höhere Gehaltssteigerung erreichen konnten, liegt aber auch an der finanziellen Realität der Kommunen. Einige Städte und Gemeinden haben bereits jetzt hohe Schulden und nur einen geringen finanziellen Spielraum in ihren Haushalten. Die Tariferhöhungen, wenn sie auch geringer als gefordert ausfallen, werden für die Kommunen ein Kraftakt.

Es überrascht also nicht, dass die Tarifpartner sehr nah am Schlichterspruch geblieben sind. Für die Gewerkschaften wäre es ein Drahtseilakt gewesen, wenn sie den Schlichterspruch vom Tisch gewischt hätten. Dann hätten alle Beteiligten von neuem beginnen müssen, und unbefristete Streiks wären der nächste Schritt gewesen.

Ausgang des Tarifstreits bei Bahn und Flughäfen weiter offen

Die Einigung ist insofern eine gute Nachricht, dass die Beschäftigten nun nach Monaten des Tarifstreits wissen, wie viel Geld ihnen zur Verfügung steht und, dass das Land in den betroffenen Bereichen zur Ruhe kommen kann. Weiterhin offen ist, wie es im Tarifstreit bei den Bahn-Unternehmen und den Flughäfen weitergeht. In Berlin etwa starten zum Wochenbeginn wegen eines Streiks keine Passagierflugzeuge. Und auch bei der Bahn sind weitere Streiks nicht ausgeschlossen. (rnd)

KStA abonnieren