Nach Ausruf der TeilmobilisierungRussland verliert Milliarden durch flüchtende Wehrpflichtige

Lesezeit 2 Minuten
Russland, Prudboi: Russische Rekruten steigen Ende September auf einem Bahnhof in der russischen Region Wolgograd in einen Zug. Der russische Präsident Putin hat eine Woche nach dem Start der Teilmobilmachung für seinen Krieg gegen die Ukraine Fehler bei der Einberufung von Reservisten kritisiert.

Russische Rekruten steigen Ende September auf einem Bahnhof in der russischen Region Wolgograd in einen Zug. Nach der Teilmobilisierung im September haben viele Russen das Land verlassen.

Die vom Kreml im September ausgerufene Aushebung von Wehrpflichtigen hat zu Begleiterscheinungen geführt, die dem Regime gewiss nicht angenehm sind.

Die russische Regierung hat massive Probleme mit Wehrpflichtigen, die ins Ausland fliehen. Auf der Flucht vor dem Kriegsdienst setzen sich junge Männer ins Ausland ab und bringen dabei auch jede Menge Geld in Bewegung. Schon im Sommer erlebte Russland einen Geldabfluss auf privaten Kanälen. Allein im Juni schickte die russische Bevölkerung 4,7 Milliarden US-Dollar auf Bankkonten ins Ausland. Das war der höchste Wert seit 2018, wie das russische Onlineportal RBK berichtete. 

Im Herbst flossen wieder Milliarden aus Russland ab, aber dieses Mal nicht ins westliche Ausland, sondern in die ehemalige Sowjetrepublik Kasachstan, die seit 1991 unabhängig ist.

Zugegeben: Dieses Mal handelte es sich „nur“ um Tenge, wie die kasachische Währung heißt, und zwar um 42,7 Milliarden. Aber umgerechnet sind das auch 88 Millionen Euro, die im Oktober laut RBK aus Russland nach Kasachstan überwiesen wurden.

Ein wichtiges Ziel: Kasachstan

Nun hat dieser Abfluss nichts damit zu tun, dass die Russen plötzlich Kasachstan als den großen Geheimtipp der Geldanlage entdecken. Sondern der Massentransfer ist eine direkte Folge der am 21. September vom Kreml ausgerufenen Teilmobilmachung im Krieg gegen die Ukraine. Hunderttausende Russen im wehrpflichtigen Alter setzten sich dorthin ab, wohin sie noch problemlos ohne Visa gelangen konnten. Ein wichtiges Ziel: Kasachstan.

Zwar sind längst nicht alle russischen Kriegsdienstverweigerer dort geblieben, viele sind weiter nach Westen gezogen. Aber nach kasachischen Angaben gab es seit 21. September etwa 200.000 Anträge von ausländischen Bürgern auf eine individuelle Identifikationsnummer (TIN), die beispielsweise zur Eröffnung eines Bankkontos benötigt wird. Ein klares Indiz für einen längeren Aufenthalt.

So hat Russlands Teilmobilmachung auch Geld und Menschen in eine Richtung mobilisiert, die vom Regime gewiss nicht gewollt war. Das Land verliert gerade viele kluge Köpfe. IT-Spezialisten und Wissenschaftler finden unter anderem in Kasachstan ein neues Wirkungsfeld und sind dort durchaus gern gesehen.

Etwa 85 Prozent der Kasachen sprechen fließend Russisch und es gibt noch aus Sowjetzeiten viel traditionelle Verbindungen. Die Folgen dieses ungewollten Brain-Drain dürften die russische Wirtschaft noch lange beschäftigen. (RND)

KStA abonnieren