Kommentar zum NSUDie Aufklärung ist noch lange nicht abgeschlossen

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Das NSU-Terror-Trio: Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos (v.re.)

Felix Huesmann – Das Urteil gegen die rechtsextreme Terroristin Beate Zschäpe ist rechtskräftig – endlich! Der Bundesgerichtshof hat eine Revision Zschäpes und zweier Mitangeklagter gegen das Urteil des Münchner Oberlandesgerichts am Donnerstag verworfen. Wegen der Mittäterschaft an zehn Morden und mehreren Raubüberfällen muss Zschäpe lebenslang hinter Gitter.

Vor allem für die Hinterbliebenen der NSU-Opfer ist das eine gute Nachricht. Zumindest mit dem langwierigen Gerichtsverfahren können sie nun ein Stück weiter abschließen. Einen Schlussstrich bedeutet die Entscheidung aus Karlsruhe jedoch nicht. Die Aufarbeitung der NSU-Morde ist auch fast zehn Jahre nach der Selbstenttarnung des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ und drei Jahre nach dem Münchner Urteil noch lange nicht abgeschlossen.

Keine Ausleuchtung des breiteren Netzwerks

Der NSU-Prozess ermöglichte eine juristische Aufklärung der Taten des NSU-Kerntrios und einiger ihrer engsten Unterstützer. Zur Ausleuchtung des breiteren Netzwerks der Rechtsterroristen in der bundesdeutschen Neonazi-Szene trugen Staatsanwalt und Gericht jedoch nur wenig bei. Bis heute ist unklar, wie viele weitere Rechtsextremisten den Mördern bei der Planung ihrer Taten geholfen und sie bei ihrem Leben im Untergrund unterstützt haben.

Völlig klar ist jedoch, dass dieses Netzwerk aus deutlich mehr Menschen bestand, als in München auf der Anklagebank saßen. Dass wir dies und noch vieles mehr über den NSU wissen, ist den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen zu verdanken, der Arbeit von Journalistinnen und Journalisten und nicht zuletzt zivilgesellschaftlichen Initiativen.

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Dass vieles weiterhin vor der Öffentlichkeit verborgen bleibt, hat auch mit dem Verfassungsschutz zu tun. Beim Bundesamt schredderte man kurz nach der Selbstenttarnung des NSU Akten, im hessischen Landesamt sollen wichtige Akten noch für Jahrzehnte unter Verschluss bleiben. Selbst die Frage, warum ein Verfassungsschutzmitarbeiter 2006 in einem Kasseler Internetcafé war, als die NSU-Mörder dort Halit Yozgat erschossen, ist noch nicht geklärt.

All diese Fragen müssen auch in den nächsten Jahren gestellt werden. Politik und Gesellschaft müssen die Aufarbeitung des NSU-Netzwerks weiter vorantreiben. Diese Verpflichtung besteht gegenüber den Opfern des NSU und ihren Angehörigen. Die lückenlose Aufklärung ist jedoch auch die Grundlage dafür, weitere tödliche Gewalt durch Neonazis, Rassisten und Antisemiten zu verhindern.

Vertrauen in Staat wird weiter angekratzt

Dass diese Gefahren nicht geringer geworden sind, verdeutlichen die rechtsextremen Anschläge von Halle und Hanau und der Mord an Walter Lübcke. Und auch das durch die fehlerhafte Arbeit von Ermittlungsbehörden und Nachrichtendiensten im NSU-Komplex beschädigte Vertrauen in den Staat wird durch immer neue Rechtsextremismus-Fälle bei Polizeibehörden und Bundeswehr weiter angekratzt. Es ist noch viel zu tun.

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