Kommentar zur SPDScholz feiert schon jetzt Erfolg – und erhöht Druck auf Parteien

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Scholz Fäuste

Olaf Scholz (SPD) ballt die Fäuste am Rednerpult.

Olaf Scholz hatte schon lange einen Plan. Als Vize-Kanzler und Finanzminister wollte er so solide arbeiten, dass die Wähler im Herbst 2021 entscheiden würden: Diesem Mann wollen wir das Land als Kanzler anvertrauen.

Für diesen Plan ist Scholz oft verspottet worden. Jetzt hat er aufgrund der Schwäche der Konkurrenz tatsächlich eine Chance darauf, der Nachfolger von Angela Merkel zu werden.

Wer Kanzler werden will, muss wahrscheinlich ein Dreierbündnis schmieden. Die meistdiskutierten Varianten sind ein Jamaika-Bündnis aus Union, Grünen und FDP und eine Ampelkoalition der Sozialdemokraten mit Grünen und FDP. Scheitert beides, bliebe am Ende die Option einer Deutschlandkoalition aus Union, SPD und FDP – wobei die stärkste Kraft den Kanzler stellen würde.

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Höhenflug der SPD erhöht Druck auf FDP

FDP-Chef Christian Lindner hat deutlich zu erkennen gegeben, wie gering sein Interesse an einer Ampel-Koalition ist. Ihm fehle die Fantasie, was man der FDP anbieten wolle, um das möglich zu machen. Die Grünen-Führung hat dagegen schon vor vier Jahren gezeigt, dass sie bereit ist, mit den Parteien des anderen politischen Lagers eine Jamaika-Koalition zu bilden. Das sieht strategisch günstig aus für CDU und CSU.

Doch Wahlkämpfe und Wahlergebnisse entfachen neue politische Dynamiken. Sollte es der SPD tatsächlich gelingen, am Ende vor der Union zu liegen, werden viele an der Grünen-Basis sich dagegen sträuben, dass ihre Partei einem Unions-Kanzler ins Amt verhilft. Der Wahlkampf wird sich jetzt also zuspitzen auf die Frage, wer das Land als Kanzler führen soll: Olaf Scholz oder Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet? Sollte die SPD am Ende vorn liegen, wäre der Druck auf die FDP, ernsthaft über eine Ampel zu verhandeln, riesengroß.

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Inhaltlich wäre eine solche Koalition schwierig, bei Kompromissfähigkeit aber nicht unmöglich. Die Unterschiede in der Finanzpolitik sind riesig: Die FDP dringt nicht nur auf Steuersenkungen, sondern will mit der Komplettabschaffung des Soli insbesondere auch etwas für die oberen Einkommen tun. SPD und Grüne lehnen das als ungerecht ab.

Über eine Entlastung unterer und mittlerer Einkommen könnten sie sich aber gut mit der FDP verständigen. Scholz sieht sich als Wirtschaftspolitiker, der den Wandel zur Klimaneutralität so gestalten will, dass Deutschland ein starkes Industrieland bleibt. Die FDP kann hier gut andocken.

Welche Rolle spielen Esken, Walter-Borjans und Kühnert?

Doch ist Scholz womöglich nur die Schaufenster-Puppe, die von den Sozialdemokraten präsentiert wird, während die Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sowie Parteivize Kevin Kühnert die Strippen ziehen? Diese Sicht lässt zwei Dinge außer Acht: Erstens hat Scholz sich nach seiner Niederlage im Kampf um den Parteivorsitz mit den genannten Personen arrangiert. Esken und Walter-Borjans halten ihm bei der Basis den Rücken frei, wie es Andrea Nahles nie gelungen ist.

Zweitens lechzen die Sozialdemokraten nach den Merkel-Jahren danach, den Kanzler zu stellen. Das würde Scholz im Fall seines Sieges großen Spielraum bei den Koalitionsverhandlungen und auch darüber hinaus verschaffen. Spätere Konflikte innerhalb der SPD sind aber fraglos wahrscheinlich.

R2G scheint ausgeschlossen

Eine rot-rot-grüne Bundesregierung wird es nicht geben. Scholz hat die Bedingungen klar genannt: Er werde nur eine Regierung mit solchen Partnern bilden, die sich klar zur Nato bekennen und “solide mit dem Geld wirtschaften“. Die Linke kann das nicht erfüllen. Ausschließen wird Scholz ein solches Bündnis vor der Wahl dennoch nicht. Schon allein, weil die Abwendung eines Linksbündnisses für die FDP eine argumentative Krücke sein kann, um vor den eigenen Wählern die Teilnahme an einer Ampel zu begründen.

Es sind nicht mal mehr fünf Wochen bis zur Wahl. Der Ausgang ist offen. Schon das ist ein riesiger Erfolg für Scholz.

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