RochusstraßeHistorien-Idyll und High-Tech

Lesezeit 3 Minuten
Ein angedeuteter Turm markiert das Eckhaus am kleinen Kreisverkehr an der Rochusstraße. (Bilder: Rösgen)

Ein angedeuteter Turm markiert das Eckhaus am kleinen Kreisverkehr an der Rochusstraße. (Bilder: Rösgen)

Bickendorf – Kurz hinter der Äußeren Kanalstraße scheint die Großstadt Köln plötzlich zu enden. Und man findet sich am Kreisverkehr von Subbelrather- und Rochusstraße in einer Szenerie wieder, die an einen Dorfplatz erinnert.

Ein Turm mit Fachwerk, Backsteinfassaden und Ziegeldächer sowie breite Bauernhof-Tore scheinen aus einer Zeit zu stammen, als Bickendorf ein noch winziger Weiler irgendwo in den Feldern vor den Toren Stadt war. An einer kleinen Häuserzeile stehen noch Baugerüste. Es sind Indizien dafür, dass hier vor wenigen Monaten noch gar nichts stand - zumindest nicht diese ländliche wirkenden Gebäude-Idylle. Bauherr Michael Schmitz zeichnet mit seiner Familie verantwortlich für diese Art eines historisierenden Bauens. "Es begann mit dem »Wutzstock«", erzählt Schmitz. Unter diesem merkwürdigen Namen wurde 1988 ein Szenelokal eröffnet, das bald Kultstatus erlangte. Michael Schmitz baute dafür das Traditionsgasthaus "En d'r Lier" an der Ecke Rochusstraße/Subbelrather Straße komplett um. Das "Wutzstock" gibt es seit ein paar Jahren nicht mehr. Nur noch eine Wetterfahne in Form einer Comic-Schweins ("Wutz") am zum Gebäude gehörenden Fachwerkturm erinnert daran.

Projekt weckte wahre Baulust

Das heutige "Kääzmanns" hat dagegen mit seiner Fassade aus Backstein-Klinker und mit dem bürgerlich-rustikalen Interieur wieder mehr mit der alten Gaststättentradition an dieser Stelle zu tun. Das damalige Projekt weckte eine wahre Baulust, die sich aber stets darin ausdrückte, etwas zu schaffen, was sich dem Charakter des Viertels anpasste. So entstanden in der Nagelschmiedgasse, unweit der Rochusstraße, unter seiner Regie auf einem zuvor leeren Grundstück drei Einfamilienhäuser, bei deren Anblick jeder glaubt, sie hätten schon immer hier gestanden. Der Umbau einer - wirklich alten - Hofanlage, die heute komfortables Wohnen mit ländlichem Flair verbindet, war da nur folgerichtig. Das Messingschild an der Backsteinfassade mit dem Namenszug "Antoniushof" ist aber ebensowenig historisch wie der Name selbst. "Das ist eine Reminiszenz an meinen Vater", verrät Schmitz.

Auch bei seinen jüngsten Projekten gaukelt Schmitz dem Betrachter die ländliche "Historie" eigentlich nur vor. Hinter den Backsteinfronten, die aussehen als stammten sie aus den ehemaligen Ziegeleien von Ehrenfeld, verbergen sich modern geschnittene Wohnungen mit ziemlich viel Hightech: hocheffiziente Heiztechnik, Datenleitungen und Garagen, bei denen sogar an Ladesteckdosen für Elektroautos gedacht wurde. Die Architektur greift jedoch auf Formen zurück, die archaisch scheinen. Ein angedeuteter Turm kaschiert geschickt, dass es sich eigentlich um ein Eckhaus handelt.

Überzeugungsarbeit beim Bauamt nötig

Die schmalen Gässchen zwischen den Neubauten lassen an Zeiten denken, in denen solche Durchgänge noch als Soden dienten, wo das Regenwasser vom Dach ablief. Für die ungewöhnliche Art des Bauens waren jedoch auch im übertragenen Sinn ein paar Steine aus dem Weg zu räumen. "Dafür war beim Bauamt durchaus auch Überzeugungsarbeit nötig", erzählt Schmitz. An der Rochusstraße will er noch ein weiteres Grundstück bebauen.

Perfekt wäre für ihn die neue Bickendorfer Idylle aber auch dann noch nicht. Zusammen mit weiteren Bürgern aus dem Ort setzt er sich dafür ein, dass die aus dem 17. Jahrhundert stammende Rochuskapelle an der Venloer Straße ein ihrer Bedeutung und Historie angemessenes Umfeld bekommt. "Dazu müsste aber der Verlauf der Venloer Straße so verändert werden, dass ein Platz um die Kapelle herum entsteht", erklärt Schmitz.

KStA abonnieren