Rübezahl-Romantik geht nun zu Ende

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Herbergsmutter Lieselotte Schneider geht nach 40 Jahren in Rente. Mit ihr geht auch die Geschichte der Jugendherberge Blockhaus oberhalb von Eckenhagen zu Ende.

Eckenhagen - Am 3. Januar 2002 ist endgültig Schluss mit der Jugendherberge Blockhaus oben am Skihang von Eckenhagen. An diesem Tag wird Herbergsmutter Lieselotte Schneider 65 Jahre alt. Und einen Tag später findet die offizielle Übergabe der Anlage an das Jugendherbergwerks statt. „Da gibt es keine Feier - ich mach das wie die Königin Elisabeth - gefeiert wird in der warmen Jahreszeit“, lacht Lieselotte Schneider, die sich ihren Ruhestand noch gar nicht so richtig vorstellen kann. Zuerst zieht sie um in den Anbau vom wunderschönen Klinkerhaus nebenan, das sie und ihr vor sechs Jahren gestorbener Mann Robert einmal als Altersruhesitz gebaut haben.

Am Jahreswechsel wollen viele Stammgäste kommen - zum Abschied und zum Helfen beim Umzug. So der 69-jährige Willi vom TV Moers, der mit seiner Turntruppe eigentlich zum 40. Mal im Blockhaus übernachten wollte, aber diesmal auf die Jugendherberge in Hilchenbach ausweichen musste.

Schon 1999 hat das Jugendherbergswerk angekündigt, dass das Blockhaus ab 2002 nicht mehr als Jugendherberge betrieben werden sollte und hatte den Schneiders das Anwesen zum Kauf angeboten. „2001 haben die uns auf dem Internet und dem Herbergsverzeichnis genommen“, sagt Lieselotte Schneider etwas bitter. Dennoch verzeichnete sie noch über 3000 Übernachtungen. „Aber für das viele Geld, was die fordern, wollen wir das nicht“, sagte die Herbergsmutter. „Wenn wir das Blockhaus übernehmen, dann alles oder nicht, aber zu einem reellen Preis.“ Da zählt nicht, dass zum Blockhaus auch noch zehn Hektar Land- und forstwirtschaftliche Flächen gehören. Vielmehr müssten außer einer Renovierung der denkmalgeschützten Gebäude auch noch 500 000 bis 600 000 Mark für den Kanalbau bis zum Haus der Begegnung finanziert werden. Einen Reiterhof könnte man oben auf dem Blockhausgelände einrichten, stellt sich Lieselotte Schneider vor. Aber andererseits hat sich Sohn Axel inzwischen mit seinem Partyservice in Wiedenest etabliert. Alles nicht so einfach.

So wird die legendär gute Küche von Lieselotte Schneider wohl nur noch Erinnerung bleiben bei ihren Gästen. „Am meisten hab' ich Rehragout mit Reibekuchen gemacht“, lacht sie, die jetzt zum ersten Mal die Milch im Handelshof gekauft statt, nachdem sie ihre Milchkühe in Pension gegeben hat. „Als wir vor 40 Jahren hier anfingen, hatten wir ja noch die Landwirtschaft, haben die Butter selbst gemacht und die Kartoffeln angebaut“, lauten die Erinnerungen. Dass sich der Schnee am Blockhaus gerade fast einem halben Meter türmt, schreckt sie wenig. Schließlich waren die Schneiders im Januar 1963 dort oben eingeschneit. „Zwei Meter hoch hat sich der Schnee getürmt. Und ich war hochschwanger“, berichtet sie. Gerade noch rechtzeitig vor der Geburt sei der Weg freigeschaufelt worden.

Schon Ende 1977 war die Rübezahl-Romantik unter den hohen Tannen in Frage gestellt worden, als der Deutsche Jugendherbergsverband die alte Herberge abreißen und durch ein modernes Haus mit 130 Betten ersetzen wollte. Schon damals diente es bereits 50 Jahre als Jugendherberge. Die Pläne zerschlugen sich ebenso wie die Absichten, eine Sommelrodelbahn einzurichten.

1888 hatte der Kirchenbaumeister Wiethase den typischen Turm als Wochenendhaus gebaut - Fachwerk, das er mit aufgelesenen Feldsteinen aus der Heidelandschaft am Blockhaus ausfachte. In den 20-er Jahren betrieb Heinz Waffenschmidt das Anwesen als Pension mit vegetarischer Küche. „Da kamen auch Tuberkulosekranke hin, die hinter dem Jauchefass laufen und das Ammoniak einatmen mussten“, weiß Lieselotte Schneider aus der Chronik zu berichten. Und über die Fuhrmänner, die die Gäste mit dem Gepäck hoch zum Blockhaus fuhren. „Und mit dem 'Daler' in der Tasche singend wieder ins Dörspetal zurückfuhren.“ Und das soll jetzt alles vorbei sein?

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