Schreie hatten ihn gestört

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Die Staatsanwaltschaft beantragte eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen zweifachen Mordes für Markus K.. Er gestand, im Juli 2001 seine Freundin und den gemeinsamen Sohn getötet zu haben.

Köln / Bergheim - „Es tut mir Leid.“ Der Angeklagte spricht leise und mit tränenerstickter Stimme. Sein Gesicht rötet sich, als hätte er eine große körperliche Anstrengung hinter sich. Zum ersten Mal zeigt Markus K. (38) Emotionen, nachdem er vier Prozesstage lang nahezu versteinert und mit gesenktem Blick auf der Anklagebank verharrt hatte. Die Worte richtet er nun an Irmgard S., Schwester der Getöteten. Sie verfolgt als Zuschauerin die Verhandlung im Kölner Landgericht.

Ausgiebig zu Wort war zuvor die als Sachverständige geladene psychiatrische Gutachterin gekommen. Die Nervenärztin stützt sich bei der Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten alleine auf Informationen, die sie aus der Hauptverhandlung gewonnen hat. Dazu gehören das schriftliche Schuldeingeständnis von Markus K., Zeugenaussagen sowie Erkenntnisse des Gerichtsmediziners. Der Angeklagte hatte ein persönliches Gespräch mit der Begründung verweigert, er könne sich einer weiblichen Person gegenüber nicht öffnen. Trotzdem kommt die Gutachterin in ihrem einstündigen Vortrag - er erinnerte an machen Stellen an ein Plädoyer - zu einem eindeutigen Ergebnis: Die Tötung von Freundin und Sohn sei keine Kurzschlusshandlung gewesen. Der Angeklagte habe sich nicht in einem Zustand starker Erregung befunden. Der Ablauf der Tötungen lasse auch keine tiefgreifende Bewusstseinsstörung erkennen. So sei Markus K. in der Lage, die Situation in der Nacht des 30. Juli 2001 detailliert zu schildern. Er könne sogar seinen Zustand beschreiben. Demnach sei er in eine Leere verfallen, nachdem er sein 40-jähriges Opfer mit Messerstichen in Gesicht, Oberkörper und Bauch traktiert habe. Die Sachverständige gesteht dem Angeklagten höchstens eine „kurzfristige Beeinträchtigung“ zu, bevor er auf den drei Jahre alten Robin mit dem Messer losging. Er habe die Schreie des Kindes als „Geräuschquelle“ wahrgenommen, die er ausschalten wollte. Dafür sprächen die fünf gezielten, mit erheblicher Wucht ausgeführten Einstiche in Herz und Rücken. Ansonsten bescheinigt sie Markus K. einen „parasitären Lebensstil“: „Er versteht es, Frauen für sich zu gewinnen, indem er ihre mütterlichen Seiten anspricht.“ Fühlten sich die Partnerinnen überfordert, habe er stets mit Gewalt reagiert.

Auch dieses Mal sei Markus K. wütend geworden, als Elke S. (40) die Beziehung beenden wollte, sagt die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. Nicht aus Verzweiflung habe er seine Freundin umgebracht, dagegen spreche sein „planhaftes Vorgehen“. Seines dreijährigen Sohnes habe er sich „kurzerhand entledigt“, um einen Tatzeugen zu beseitigen. Es sei eine besondere Schwere der Schuld festzustellen, die eine Bewährung nach 15 Jahren Haft ausschließe. In diesem Sinne fordert die Staatsanwältin eine lebenslange Haft wegen Mordes in zwei Fällen.

Verteidiger Uwe Krechel glaubt hingegen, dass sich sein Mandant - zumindest als er auf seinen Sohn losging - in einem Ausnahmezustand befand: „Wer fünf Mal auf seinen geliebten Sohn wie ein Vandale einsticht, ist völlig von der Rolle.“ Die Verteidigung forderte eine Freiheitsstrafe in Höhe von 15 Jahren wegen Totschlags in zwei Fällen. Das Urteil wird für den kommenden Mittwoch erwartet.

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