Serie: Mein CoachBabysitten für die Karriere

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Birgitt E. Morrien ist Kommunikatiosn-Wissenschaftlerin und arbeitet in ihrer Beratungspraxis COP in Köln.

Wer so manche meinerKlienten kurz nach derBeratung antrifft, mussannehmen, ich treibe meineKundschaft in den Ruin. Da istetwa Maria Brotwein (Name geändert), promovierte Pädagogin,die in einer beruflichen Sinnkrisezu mir kam. Mit Burnout-Symptom, das keinen Aufschub duldete, ohne gesundheitlich langfristig ernstlich zu schaden. Noch imLaufe des Coachings kündigte sieden für sie nicht mehr tragbarenJob, ohne eine neue Stelle inAussicht zu haben. Die wichtigsteAufgabe war nun, in einer Auszeit durch möglichst viel Mußewieder zu sich zu finden undneue Kraft zu tanken. Ich ermutigte sie dazu, statt sich mit beruflichen Zukunftsfragen zu befassen, für eine Weile stundenweise in ihrem BekanntenkreisKinder zu hüten. Wir waren unsganz sicher, der nächste Karriere-Schritt würde verlässlich überraschend in ihr Leben treten.

Meinelangjährige Beratungserfahrunghat mir gezeigt, dass wir neueChancen besonders gut erkennen,wenn wir uns mutig in fremdeUmgebungen aufmachen. UnsereSinne werden zwangsläufig dortgeschärft, wo alte Routinen nichtmehr greifen. Wer – wie Brotwein – ungewöhnliche Veränderungen wagt, riskiert dabei, vonanderen nicht verstanden und belächelt zu werden. Wer sichselbst jedoch neu erfinden will,wird das in Kauf nehmen. Dennwir können neue Möglichkeitenin unserem Leben begünstigen,indem wir dem Impuls der stärksten Energie in uns folgen, auchwenn dies auf andere und unsselbst im ersten Schritt vielleichtunsinnig wirkt.

Was Brotweinskommende Aufgabe betraf, kannten wir zu babysittenden Zeitenbereits einige wesentliche Parameter. Im Coaching hatten wirherausgefunden: Ihr Berufswunsch tendierte in Richtung Medien, womöglich mit einer Artberatenden Aufgabe in diesemBereich. Brotwein kannte zwarentfernt einige TV-Leute, wusstejedoch keineswegs, wie eine Aufgabe in dem Bereich für sie aussehen könnte. Und sie kümmertesich zu diesem Zeitpunkt auchnoch nicht darum. Das klingt ersteinmal unreif, fast pubertär. Warjedoch Teil einer Passiv-Aktiv-Strategie, die Pause macht für dieGesundheit und zugleich Raumschafft für unverhoffte Möglichkeiten.

Beim dritten Sitterjob kamder Zufall ins Spiel. Die Kusineihres Auftraggebers holte die beiden Kinder zum Kinobesuch ab.Beim Übergabegespräch ergabsich, dass diese Chefin einerFilm-Produktion war und . . . –händeringend für das Casting unddie fachliche Betreuung von Gästen eine Expertin suchte. Bereitsam nächsten Tag gab es ein Vorstellungsgespräch. Die Chemiezwischen Brotwein und ihrerneuen Chefin stimmte, das Anforderungsprofil passte und dieStimmung im Team war großartig. Brotwein wagte den Wechselin eine zeitweilige Tätigkeit, fürdie sie eigentlich überqualifiziertwar, statt im ungeliebten Beruf zuverharren und weiter auszubrennen. Für die Gesundheit riskiertesie etwas und gewann so ihreneue Chance. Was wie ein Märchen klingt, ist tatsächlich derLohn für einen mutigen Schritt.

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