Sieben Morde im Rauschgiftmilieu

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Bochum- Kürzlich erst hat Eugen N. seinen Geburtstag im Hochsicherheitstrakt an der Ulmer Höh in Düsseldorf gefeiert. Mit 21 Jahren steht er schon auf der Liste der gefährlichsten Gewaltverbrecher im Lande. Der gebürtige Kasache soll sieben Morde begangen haben. In den Augen der Staatsanwaltschaft gilt er als Kopf einer Bande junger Russlanddeutscher, die rücksichtlos ihre Gegner im Rauschgiftmilieu liquidierte. An „ein Verfahren solchen Ausmaßes“ kann sich der Bochumer Staatsanwalt Michael Nogaj erinnern. Unlängst hat der Chef des Landeskriminalamts in NRW, Wolfgang Gatzke, den Fall zum Anlass genommen, vor der wachsenden Gewaltbereitschaft junger Spätaussiedler zu warnen. Am Donnerstag beginnt der Mordprozess gegen N. und seine fünf Komplizen vor der Bochumer Jugendstrafkammer. Wegen seines Alters kann er nach dem Jugendstrafrecht verurteilt werden. Höchststrafe: zehn Jahre.

N.s Geschichte beginnt 1995, als er im Alter von zwölf Jahren nebst Bruder und der Mutter nach Deutschland übersiedelt. Mit 16 wird der Hauptschüler als Drogendealer zur einer 15-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Unbeeindruckt versucht er, im Drogenmilieu Fuß zu fassen. Im Dezember 2003 entführt N. laut Anklage gemeinsam mit drei Komplizen einen türkischen Immobilienhändler. Ein Bekannter soll ihn gebeten haben, ihm den Gläubiger vom Hals zu schaffen. Auf einer Brache nahe Herne stirbt der Kaufmann durch drei Kopfschüsse.

Begleitet von einem Bandenmitglied, bricht N. nur einen Monat später zu einer „Strafaktion“ nach Amsterdam auf. Marokkanische Drogenhändler haben einem Vertrauten schlechten Stoff verkauft. N. will die Angelegenheit laut Anklage „schnell regeln“. Zum Schein ordert er bei den Lieferanten Heroin. Arglos heißen die Marokkaner die Kunden willkommen. Man raucht ein wenig Heroin zusammen, um die Qualität des Stoffes zu testen. N. sucht die Toilette auf und kehrt den Ermittlungen zufolge mit der Pistole in der Hand zurück. Die Drogenhändler müssen sich bäuchlings auf den Boden legen. N. schickt seinen Begleiter zum Auto. Er dreht den Fernseher lauter, bevor er die Männer per Kopfschuss tötet. Kaum ist der Todesschütze zu seinem Begleiter ins Auto gestiegen, stoppt ein niederländischer Streifenwagen. Ein Beamter moniert die Schäden an Neufelds BMW. Er fordert die Insassen auf, den Wagen stehen zu lassen - und fährt weiter. N.s Begleiter ist mit den Nerven herunter. Er erregt sich über die Gewaltorgie. N. entgegnet nur: „Es musste sein.“

Inzwischen hat sich die Kripo an seine Fersen geheftet. Die Beamten hören die Telefone ab. So bekommen die Ermittler zeitnah die Ermordung eines missliebigen Drogenhändlers in Düren mit. N. wird verhaftet. Nach dem Hinweis eines Komplizen findet die Polizei in einem Erdloch zwei Männerleichen. Die jungen Russlanddeutschen mussten wegen 100 Gramm Heroin sterben.

Der Bandenchef hat bislang zu allem geschwiegen. Dafür hat ihn ein Mitangeklagter schwer belastet. Thomas Ohm, Strafverteidiger eines Angeschuldigten, rechnet daher „mit einem Indizienprozess, der über Monate andauern wird“.

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