Spaß an der Verwechslung

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Das Hölderlin-Gymnasium hat eine neue Theater-AG. Mit „Charleys Tante“ gaben die Schüler ihr Bühnendebüt.

Mülheim - Charleys Tante ist der Mensch gewordene Horror eines jeden Gastgebers. Ihr Kommen kündigt sich an, als sei der Papst höchstpersönlich im Anmarsch, wann und ob sie tatsächlich erscheint, bleibt bis zum letzten Moment offen, und wenn sie dann wahrhaftig mitsamt ihrer Entourage heranbraust, stellt sie komplett auf den Kopf, was ohnehin nur dürftig arrangiert ist. Thomas Brandons Komödie über den Besuch eben dieser Tante ist ein echter Bühnen-Klassiker. Die neue Theater-AG des Hölderlin-Gymnasiums wählte es als ihr Debüt-Stück.

Unter der Regie von Holger Müller, der seit Beginn des Schuljahres am Hölderlin Deutsch und Geschichte unterrichtet, brachten 20 Schüler aus Mittel- und Oberstufe mit Unterstützung von Freunden und Eltern „Charleys Tante“ auf die Bühne. Für die erste Aufführung sollte es ein temporeiches, kurzweiliges Stück sein, mit feinen Intrigen, einer Prise Klamauk und viel Raum für Improvisationen. Mit ihrer Wahl lagen sie goldrichtig.

Die Komödie spielt in einer Studentenbude, mitten im Oxford des viktorianischen Zeitalters. Jack und Charley (gespielt von Sven Sikora und Silvia Mazur) hausen hier auf hohem Niveau. Sie haben einen persönliche Butler (Edi D. Winarni) und immer ein paar Pullen Schampus auf Eis, sind jedoch chronisch pleite und schnorren das Trinkgeld für ihren Diener bei diesem selbst.

Da kommt der Besuch der ehrbaren Donna Lucia d'Alvadorez, der reichen Tante aus Brasilien (reizend gespielt von Larissa Calchera) gerade recht: Sie soll den Burschen finanziell und beim abendlichen Diner zur Seite stehen. Zudem habe sie nämlich zwei äußerst hübsche Damen (Melanie Bose und Farina YawPoku) geladen, die angemessen unterhalten werden sollen. Klar, dass alles schief geht, die Tante nicht pünktlich erscheint und so der Kommilitone Lord Fancourt Babberley (Matthias Dewald), kurz: „Babs“, zur letzten Rettung in die Rolle der millionenschweren Tante schlüpfen muss. Das macht er so gut, dass er sich vor dem liebestollen Sir Francis Chesney (Tobias Unger) und dem hartnäckig freienden Mr. Spettigue (Andreas Langenfeld) kaum retten kann.

Jack und Babs stachen bei der Aufführung heraus. Herrlich, wie Sven Sikora mit staksigem Gang und fahrigen Gesten den piekfeinen, vor lauter Stress ganz flattrigen Aristokraten-Bengel Jack mimte. Riesigen Spaß hatte das Publikum am aufgedrehten Matthias Dewald. Wie er als Helfer wider Willen nach und nach sichtlich Gefallen, ja: ansteckende Lust am Spiel mit der Verwechslung fand, war einfach hinreißend.

Eine drei Mal voll besetzte Aula, zahlreiche Lacher während und donnernder Applaus nach den Aufführungen sollte der Theater-AG Ansporn sein, die Arbeit an der nächsten Inszenierung möglichst bald aufzunehmen. Gehandelt werden schon Arthur Millers „Hexenjagd“, ein Stück, das sich kritisch mit den rigorosen Methoden des einstigen US-Senators Joseph R. McCarthy, dem so genannten „Kommunistenjäger“, auseinander setzt.

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