Geschäftsführer vor WeggangWarum Wehrle den 1. FC Köln vorzeitig verlassen könnte

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FC-Präsident Werner Wolf (l.) und Noch-Geschäftsführer Alexander Wehrle

Köln – Was der 1. FC Köln am Mittwoch per Pressemitteilung verkündete, war allgemeinhin erwartet worden: Der Bundesligist hat ab dem 1. Januar einen neuen kaufmännischen Geschäftsführer. Philipp Türoff heißt er, der Freiburger ist 45 Jahre alt und war zuletzt erfolgreich als CFO bei Birkenstock tätig. So weit, so gut. Noch mehr aufhorchen ließ indes der letzte Satz der Mitteilung, ein Nebensatz, fast schon unwürdig als Nachgedanke formuliert. Und zwar folgender: Alexander Wehrle, seit neun Jahren FC-Geschäftsführer und in der Führungsebene so etwas wie das Gesicht des Klubs, habe sich entschlossen, seinen bis um 30. Juni 2023 laufenden Vertrag nicht zu verlängern.

Der Abschied des 46-Jährigen ist damit wohl nur noch eine Frage der Zeit, ein vorzeitiger Abgang sehr wahrscheinlich. Die Entscheidung indes, ob Wehrle in Kürze zum VfB Stuttgart zurückkehrt, bei dem der Posten des Vorstandsvorsitzenden neu besetzt werden muss, ist noch nicht gefallen. Die Anzeichen dafür verdichten sich allerdings. Schon in der kommenden Woche könnte sich alles klären.

Vorstand bot Wehrle ein Jahr an

Der Vorstand wollte zwar mit Wehrle verlängern und offerierte ihm die Rolle als Sprecher der dreiköpfigen Geschäftsführung. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bot der Vorstand Wehrle  allerdings nur die Verlängerung für ein Jahr bis 2024 an. Dieses Angebot lehnte der Schwabe aber ab, da er die Laufzeit nicht als Vertrauensbeweis und Wertschätzung seiner Arbeit empfunden haben soll. Dazu Stellung beziehen wollte Wehrle auf Anfrage nicht. Auch FC-Präsident Werner Wolf wollte sich nicht äußern.

Kein Geheimnis ist, dass es mit der Chemie zwischen Teilen des Vorstands und des Mitgliederrats auf der einen und Wehrle auf der anderen aus diversen Gründen nicht zum Besten bestellt ist und Vertrauen wenig vorhanden ist. Der Vorstand stellt den Verein neu auf – was sein legitimes Recht ist. Der Geschäftsführer verlor zu seinem Missfallen einige Weggefährten seit der Amtsübernahme des neuen Präsidiums im Herbst 2019: Nicht nur Sportchef Horst Heldt musste nach der Relegation gehen, der Klub trennte sich zuvor bereits von Medienchef Tobias Kaufmann, der heute beim VfB Stuttgart tätig ist. Kaderplaner Frank Aehlig hörte zudem auf.

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Spätestens seit der Demission von Heldt war Wehrle als alleiniger Geschäftsführer ungewollt omnipräsent, musste sehr viele Themenfelder bearbeiten und wurde nicht nur deshalb von außen auch als der starke Mann beim FC angesehen. Doch auf Dauer ist solch ein Engagement bei einem 115000-Mitglieder-Klub nicht alleine zu bewältigen, eine neue Aufgabenverteilung war deshalb auch im Interesse Wehrles: „Mit der Idee, die Geschäftsführung zu erweitern, bin ich beim Vorstand auf offene Ohren gestoßen. Wir waren uns von Anfang an alle einig, dass es bei der Anzahl an Herausforderungen, die der FC und unsere Ziele mit sich bringen, Sinn macht, die Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen.“

Sollte Wehrle noch etwas bleiben, dann wird der 46-Jährige mit dem neuen Sport-Geschäftsführer Christian Keller (43, zuletzt Jahn Regensburg), der am 1. April die Arbeit aufnimmt, und Türoff die neue Geschäftsführung am Geißbockheim bilden. Während Wehrle sich fortan um die Unternehmensstrategie, Kommunikation, Marketing und Internationalisierung kümmern soll, wird Türoff neben den Finanzen auch die Bereiche Vertriebssteuerung, Personal und IT verantworten. Der Freiburger, zuvor bei Red Bull und SAP tätig, war bei Birkenstock  daran beteiligt, dass die Erben des Sandalenherstellers die Mehrheit der Anteile an Milliardär Bernard Arnault sowie dessen Beteiligungsfirma L. Catterton (Louis Vuitton, Dior, Fendi) verkauften.

Der Matchplan des Präsidenten

Präsident Wolf zeigte sich erfreut, dass Türoff zum Bundesligisten wechselt und pries die neue Geschäftsführer-Struktur. Die Anforderungen und Aufgabenbereiche  hätten sich in den vergangenen Jahren enorm entwickelt. Um weiterhin auf höchstem Niveau konkurrenzfähig zu bleiben, habe die Vereinsführung deshalb den „FC-Matchplan“ entwickelt. „Unsere Strategie muss mit Leben gefüllt und umgesetzt werden – aus diesem Grund haben wir uns dazu entschlossen, die Geschäftsführung zu erweitern.“  Auch Türoff zeigte sich erfreut. Die Verantwortlichen beim FC hätten ihm eine Perspektive aufgezeigt, an die er glaube. Er hob das Miteinander hervor und wollte den eingeschlagenen Weg  weitergehen und mitgestalten.

Zwei Neulinge im FC-Kosmos

Mit Türoff und  Keller hat der FC  zwei neue Geschäftsführer, die vorher noch keine Berührung mit dem Klub hatten und über keine Bundesliga-Erfahrung verfügen. Sollte Wehrle die Kölner verlassen, müsste der FC einen weiteren Geschäftsführer verpflichten. Einen adäquaten Nachfolger für den Schwaben zu finden, der neben seinem Netzwerk, seinen Kommunikationsfähigkeiten auch das Gespür für den Verein und sein Umfeld besitzt, dürfte zu einer schwierigen Aufgabe werden.

Baumgart für Wehrle-Verbleib

„Ich werde für mich persönlich alles daran setzen, dass er bleibt“, betonte FC-Trainer Baumgart, der Wehrle als „wichtigen Ansprechpartner“ bezeichnete. Dieser besitze neben Heldt und  Interims-Sportchef Jörg Jakobs „großen Anteil“ daran, dass sich Baumgart im Mai  überhaupt für den FC entschied. „Ich hoffe nicht, dass einer nach dem anderen verschwindet“, sagte Baumgart.

Kölns „Bundesliga-Retter“ Funkel meint, dass Wehrle für den FC „unersetzlich“ sei. Dieser wisse nach neun Jahren ganz genau, wie der FC ticke. „Er hat Herzblut für den Klub. Deshalb hoffe ich, dass er noch langfristig beim FC weiterarbeiten kann.“ Doch da wird wohl eher der Wunsch der Vater des Gedankens bleiben.

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