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FC in der Analyse1. FC Köln steckt in der Krise – Unwürdiges Fan-Verhalten

Lesezeit 5 Minuten
Kölner Fans zünden Pyrotechnik im Gästeblock.

Kölner Fans zünden Pyrotechnik im Gästeblock.

Der 1. FC Köln hat einen rabenschwarzen Samstagabend erlebt und ist beim Meisterschaftsanwärter Borussia Dortmund mit 1:6 unter die Räder gekommen.

Das Wichtigste zuerst

Sechs Gegentore und wieder keine Punkte: Die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart steckt in der Krise, die Tabellensituation wird zunehmend bedrohlicher. Nach der 0:2-Heimniederlage und einer enttäuschenden Leistung gegen den VfL Bochum folgte in Dortmund nun der nächste, herbe Rückschlag.

Insbesondere in der Defensive boten die Kölner eine erschreckend schwache, indiskutable Vorstellung gegen einen BVB, der sich zu einfach in einen Rausch spielen konnte. Der FC hat die Stabilität, die ihn über weite Strecken der Saison ausgezeichnet hat, verloren. Aus den vergangenen fünf Bundesligaspielen holte der FC nur einen von 15 möglichen Punkten. Der lange Zeit so komfortable Vorsprung auf die Abstiegsplätze ist sichtlich geschmolzen. Sechs Punkte trennen den auf Platz 13 abgerutschten FC noch von Rang 16 und 17.  

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Die Tore

Borussia Dortmund ging mit der überhaupt ersten Chance in der 15. Minute in Führung. Malen dribbelte sich in den Sechzehner der Kölner, tunnelte Gegenspieler Chabot und bediente mit einem Querpass Raphael Guerreiro, der aus spitzem Winkel den Ball zum 1:0 ins Netz stocherte.

Nur zwei Minuten später baute der BVB die Führung aus. Über Süle und Bellingham kam der Ball zu Marco Reus, der ganz fein mit der Hacke auf Guerreiro ablegte. Der wiederum bediente Sebastien Haller, der den Ball mit dem Knie annahm und mit links unter die Latte hämmerte.

Vor dem 3:0 in der 32. Minute chippte Bellingham das Leder sensationell in den Lauf von Donyell Malen. Der Niederländer scheiterte erst am stark reagierenden FC-Torwart Marvin Schwäbe, legte dann ab auf Guerreiro. Der wiederum bediente Reus, der den Ball unhaltbar nach oben links ins Tor beförderte.

Vier Minuten später fiel das 4:0: Nach einem Pass von Süle dribbelte Malen in den Sechzehner und zog ab. Den haltbaren Schuss ließ Schwäbe passieren.

In der 42. Minute verkürzte Davie Selke auf 1:4: Nach einem Zuspiel von Benno Schmitz scheiterte Selke erst an BVB-Torwart Meyer, doch Selke reagierte schnell und traf im zweiten Versuch unter die Latte.

In der 69. Minute erhöhte der BVB auf 5:1. Nach einen sehenswerten Freistoß von Dahoud prallte der Ball von der Latte zurück zum lauernden Haller, der ohne Probleme einschob.

Zum 6:1-Endstand traf nur eine Minute später erneut Dortmunds Kapitän: Über Haller und Malen kam der Ball zu Reus, der frei vor Schwäbe auftauchte und eiskalt ins untere linke Eck traf.

Das war gut

Der zuvor noch so glücklose Davie Selke konnte zumindest etwas Selbstvertrauen tanken und erzielte seinen ersten Treffer für den 1. FC Köln – ein Randaspekt an diesem gebrauchten Abend aus Kölner Sicht. Der Angreifer belohnte sich immerhin für einen ordentlichen Auftritt und beendete somit auch zwei Negativserien: Der FC traf nach 406 torlosen Minuten überhaupt mal wieder, zudem war es das erste Kölner Stürmertor nach 831 Minuten.

Das war schlecht

Fußballerisch war der Auftritt des FC nahezu in allen Belangen bedenklich. Der geriet aber kurzzeitig in den Hintergrund, weil ein Kameramann des übertragenden Senders Sky von Pyrotechnik am Auge verletzt wurde, das unentwegt aus dem Kölner Gäste-Block von einigen wenigen Chaoten abgefeuert wurde. Entgegen ersten Berichten konnte „der Geschädigte noch während der Spielphase nach ambulanter medizinischer Behandlung vor Ort entlassen werden“, so die Polizei am Sonntag. Der Sky-Mitarbeiter musste also nicht ins Krankenhaus. Der FC wird darüber hinaus erneut vom DFB zur Kasse gebeten, es droht wieder eine drakonische Strafe, da zahlreiche bengalische Feuer immer wieder gezündet worden waren. Über 8000 mitgereisten Kölner Fans hatten ihr Team trotz der schwachen Leistung zwar leidenschaftlich unterstützt, doch das unwürdige Verhalten weniger Anhänger machte vieles zunichte.

Spieler des Spiels

Sebastien Haller gelangen erstmals zwei Tore in einem Spiel für den BVB. Das dürfte dem Stürmer enormen Auftrieb geben, der nach dem Comeback nach seiner Hodenkrebs-Erkrankung zuletzt etwas Kritik spüren musste. Ebenfalls stark agierten der zweifache Torschütze Marco Reus und die pfeilschnellen Donyell Malen und Raphael Guerreiro, die der FC nie in den Griff bekam.

Moment des Spiels

Das 2:0 der Dortmunder war in der Entstehung und im Abschluss eine Augenweide. Das müssen wohl selbst die Kölner neidlos anerkennen.

Das sagen die Trainer

Edin Terzic (Borussia Dortmund): „Das war ein gelungener Abend und eine richtig gute Leistung. So kann es gerne weitergehen. Wir wollen, dass die Leute hier große Träume haben.“

Steffen Baumgart (1. FC Köln): „Ich gehe jetzt nicht auf Einzelheiten ein. Wir haben heute den Arsch vollgekriegt, das ist einfach der Fakt. Alles hat heute nicht funktioniert. Ich bin doppelt gefragt und muss doppelt Antworten liefern. Die Situation ist nicht einfach, wir können sie nur gemeinsam lösen. Wir hatten eine sehr erfolgreiche Phase, haben es gut gemacht, haben uns in diesen Wochen mehr angelächelt als heute. Jetzt befinden wir uns in einer Phase, in der du dich als Kollektiv zeigen musst, Verantwortung übernehmen musst. Ich bin derjenige, der vorangehen muss. Wir werden gemeinsam aus der Situation rauskommen.”

Das sagen wir

In der kommenden Länderspielpause werden die Kölner gehörigen Redebedarf haben. Denn der Trend des FC ist besorgniserregend. Dem Baumgart-Team sind jegliche Stabilität, Kompaktheit und Aggressivität abhandengekommen. Das war nach dem gelungenen Start ins neue Jahr mit dem berauschenden 7:1-Sieg gegen Bremen und dem überzeugenden 3:0-Erfolg gegen Frankfurt so nicht mehr zu erwarten. Doch offenbar hat der die Sinne benebelt. War die Sicherheit sogar trügerisch?

Gelingt dem FC nicht schnell die Wende, steckt er schon bald im Abstiegskampf. Denn der Kölner Kader ist nicht so stark, wie einige wohl schon gedacht hatten. Viele Alternativen bietet er derzeit jedenfalls nicht. Steffen Baumgart ist nun wohl mehr denn je gefragt, das hat der Trainer direkt nach der Pleite in Dortmund auch selbst betont. Er muss knallharte Ansagen machen, aber die Mannschaft auch wieder aufbauen. Die Pause kommt dem FC gerade recht. Denn in rund zwei Wochen kommt es zum emotionalsten Spiel der Saison, dem Derby gegen Borussia Mönchengladbach. In diesem muss sich der FC wieder ganz anders präsentieren. Zum einen, um die Fans glücklich zu machen, zum anderen, um sich auch in der Tabelle wieder etwas zu befreien.

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