FC gegen Bayer in der AnalyseLeverkusen stürzt den 1. FC Köln in tiefe Krise – Aufregung über harte Entscheidung

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Schiedsrichter Felix Zwayer zeigt Trainer Steffen Baumgart Gelb wegen Meckerns.

Schiedsrichter Felix Zwayer zeigt Trainer Steffen Baumgart Gelb wegen Meckerns.

Durch das 3:0 bleibt Bayer 04 Spitzenreiter – FC-Keeper Schwäbe verhindert das Kölner Debakel. Das Derby in unserer Analyse.

Alle, die es mit dem 1. FC Köln halten, hatten gehofft, dass man dieses ungleiche Duell bei Bayer 04 Leverkusen irgendwie doch für sich entscheiden könnte. In den beiden Vorsaisons hatte es schließlich jeweils geklappt. Doch der Qualitäts- und Formunterschied war am Sonntagnachmittag einfach zu eklatant.

Die Werkself gewann mit 3:0 noch zu niedrig und schickte ihre Rheinnachbarn in eine große Krise. Während Leverkusen als Tabellenführer mit bester Stimmung in die Länderspielpause geht, muss der FC als Tabellenletzter die beiden kommenden Wochen nutzen, um grundsätzliche Fragen zu beantworten. Mit nur einem Punkt nach sieben Bundesligaspielen droht der siebte Bundesliga-Abstieg, sollte nicht bald die Trendwende gelingen.

Steffen Baumgart: „Ein sehr verdienter Sieg für Leverkusen“ – Xabi Alonso: „Hätten fünf, sechs Tore machen können“

„Ein sehr verdienter Sieg für Leverkusen, sie waren uns in vielen Bereichen leider überlegen. Wir waren nicht in der Lage, einer solchen Mannschaft Paroli zu bieten. Unser Kampf hat nicht gereicht“, betonte FC-Trainer Steffen Baumgart.

Großer Jubel bei Bayer Leverkusen nach dem Duell mit dem FC.

Großer Jubel bei Bayer Leverkusen nach dem Duell mit dem FC.

Sein Gegenüber Xabi Alonso war natürlich in einem anderen Gemütszustand: „Heute ist ein Tag zu feiern mit dem Derbysieg. Das war vielleicht unsere beste Saisonleistung. Wir sind sehr zufrieden, wir haben sehr gut gespielt, viele Torchancen kreiert. Wir hätten auch fünf, sechs Tore machen können. Wir sind auf dem richtigen Weg zu einer Super-Saison, aber wir müssen geduldig bleiben.“

Eric Martel überraschte in der Kölner Startelf

Es hatte sich in den Trainingstagen vor dem Derby schon angedeutet, am Sonntagnachmittag folgte dann die Gewissheit: Eric Martel gab nach seiner Achillessehnen-Verletzung sein Comeback. In den vergangenen drei Spielen der Kölner, die allesamt verloren gegangen waren, war der bis dato so formstarke U21-Nationalspieler schmerzlich vermisst worden.

Mit Martel sollte wieder mit Körperlichkeit und Aggressivität Einzug ins Kölner Spiel erhalten. Ein Vorhaben, das nur in Ansätzen funktionierte. Die zweite Änderung, die Steffen Baumgart im Vergleich zur 0:2-Niederlage gegen Stuttgart vorgenommen hatte: Faride Alidou kam für den am Rücken verletzten Linton Maina in die Startelf, beackerte allerdings den linken Flügel, denn Denis Huseinbasic kam vorne rechts zum Zuge.

Die geschlagenen FC-Profis nach dem Spiel in Leverkusen.

Die geschlagenen FC-Profis nach dem Spiel in Leverkusen.

Stürmer Steffen Tigges, der zuletzt auch gegen den VfB unglücklich agierte hatte, fand sich auf der Bank wieder. Gar nicht zum Kader zählte erst Neuzugang Jacob Christensen. Der junge Mittelfeldspieler hatte sich im Abschlusstraining eine Zerrung zugezogen. Dabei hatte der Däne noch Glück im Unglück. Der 22-Jährige war im Rasen hängengeblieben, überstreckte sich bei der ungewollten Aktion das Knie.

Xabi Alonso setzte einmal mehr auf bewährte Startelf

Xabi Alonso kennt diese Probleme nicht, der Bayer-Coach setzte auf seine Stammelf, die er im 3-4-2-1 bereits in fünf von sechs Bundesligaspielen genau so ins Rennen geschickt hatte. Alle Begegnungen wurden gewonnen. Und das sollte auch am Sonntag wieder so sein. Die Hausherren hatten von Beginn an mehr Ballbesitz, doch in den ersten Minuten waren die Kölner mutig, pressten wie gewohnt hoch und feierten einige Ballgewinne. Julian Chabot hätte auch gut und gerne den Führungstreffer erzielen können, doch der Innenverteidiger setzte seinen Kopfball nach Ecke zu hoch an (10.).

Nach knapp einer Viertelstunde übernahm dann Leverkusen mehr und mehr die Kontrolle. Startschuss war eine Doppelchance von Torjäger Victor Boniface, der Timo Hübers den Ball durch die Beine schob. Marvin Schwäbe war aber gegen Boniface genau so zur Stelle wie beim Fernschuss des stark aufspielenden Florian Wirtz (19.). Drei Minuten später war aber auch der Kölner Keeper machtlos. Nach einer überragenden Kombination über Boniface, Alejandro Grimaldo und Wirtz, der mit der Hacke ablegte, schob Jonas Hofmann locker zum 1:0 ein.

Aufregung über harte Entscheidung gegen die Kölner

Während Xabi Alonso mit einem für seine Verhältnisse ekstatischen Jubelsprung feierte, regten sich FC-Spieler und -Bank lautstark und gestikulierend über das Schiedsrichtergespann auf. Boniface war der Ball vor dem Treffer an die Hand gesprungen. Schiedsrichter Felix Zwayer und Videoassistent Sören Storks sahen kein strafbares Vergehen — eine harte Entscheidung gegen die Kölner. Baumgarts Proteste endeten erst, nachdem er sich die Gelbe Karte abgeholt hatte.

Steffen Baumgart in einer Auseinandersetzung mit Schiedsrichter Felix Zwayer.

Steffen Baumgart in einer Auseinandersetzung mit Schiedsrichter Felix Zwayer.

Nach diesem Treffer spielte nur noch Bayer 04. Köln war in allen Belangen unterlegen und agierte in Ballbesitz immer mutloser. Leverkusen münzte seine Überlegenheit in das 2:0 um: Grimaldo düpierte Carstensen und passte den Ball scharf durch den Fünfmeterraum zu Frimpong, der leichtes Spiel hatte, die Kugel über die Linie zu drücken.

In der Folge ergötzte sich die Alonso-Elf an ihrem Spiel, ließ aber bisweilen die letzte Zielstrebigkeit vermissen. Kurz vor der Pause hätte sich das beinahe gerächt. Davie Selke scheiterte am Bein des grandios verteidigenden Jonathan Tah und Eric Martel schaffte es nach einer Ecke zwei Mal nicht, den Ball aus kürzester Distanz an Lukas Hradecky vorbeizubekommen. „Das war einfach nur Glück, ich wurde angeschossen“, sagte Hradecky.

Schwäbe mit tollen Paraden gegen Wirtz und Frimpong

Nach der Halbzeit vereinten die Leverkusener dann ihr kontrolliertes, schönes Spiel mit mehr Zug zum Tor. Schwäbe verhinderte aber zunächst eine höhere Führung mit tollen Paraden gegen Wirtz und Frimpong. Von den Gästen kam nahezu gar nichts mehr. Die Bälle wurden zu leicht verloren, oder blind nach vorne gebolzt. Das hatte mit Bundesligafußball nicht mehr viel zu tun.

Die letzte Hoffnung auf eine Sensationsrückkehr in diese Begegnunge raubte Boniface mit dem 3:0 (67.). Dem siebten Saisontreffer des Nigerianers ging ein schulbuchmäßiger Angriff über Frimpong und Hofmann voraus. „Macht sie nieder, schießt sie aus der Liga“, hallte es aus der Leverkusener Nordkurve. Bayer 04 ging nur geringfügig vom Gaspedal und hatte noch weitere gute Gelegenheiten, um das Ergebnis in die verdiente Höhe zu schrauben. Der FC konnte sich bei Schwäbe bedanken, dass das Derby nicht in einem sportlichen Desaster endete. Die Werkself baut damit ihren Vereinsrekord für den besten Start in eine Saison weiter aus: zehn Pflichtspiele, neun Siege, ein Remis. „Der Zug ist schwer zu stoppen“, sagte Hradecky.

Thomas Kessler, der Leiter der Kölner Lizenzspielerabteilung, erklärte: „Wir haben völlig verdient verloren. Wir haben gut begonnen, habe Leverkusen es da auch schwer gemacht. Nach dem ersten Tor ist Leverkusen dann in den spielerischen Flow gekommen, den sie schon die gesamte Saison auszeichnet. Die Jungs haben versucht, alles dagegen zu stellen, aber es heute gegen diese Leverkusener nicht gereicht. Leverkusen hat gute Fußballer und viele Chancen heute, die sie nicht alle genutzt haben, weil sie manchmal vielleicht nicht zu 100 Prozent diese konzentriert zu Ende gespielt hatten oder Marvin gut gehalten hatte.“

Großer Druck für Steffen Baumgart vor Derby gegen Mönchengladbach

Für Steffen Baumgart ist es das erste Mal in seiner Zeit beim FC, dass seine Mannschaft in vier Spielen in Folge als Verlierer den Platz verlassen musste. Der Druck vor dem großen Derby gegen Borussia Mönchengladbach und dem Auswärtsspiel in Leipzig nach der Länderspielpause steigt immer weiter.

Um die Gemütslage beim FC zu beschreiben, hilft vielleicht eine Szene aus der Pressekonferenz. Auf die Frage an Xabi Alonso,ob er immer noch glaube, dass der FC nicht absteigen werde, fiel ein unter Adrenalin stehender Baumgart ins Wort: „Wir kommen da unten raus, falls du mir die Frage auch stellen willst.“ Die Frage nach dem „Wie“ beantwortete der Trainer so: „Wir brauchen Punkte, und die haben wir nicht. Dass es gefährlich ist, brauche ich nicht jedes Mal zu betonen, das ist so. Wir brauchen Punkte – wie ist egal.“

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