FC gegen den HSVBaumgart und Boldt wollen das Erstliga-Duell

Lesezeit 5 Minuten
Schlussjubel Bilbija Filip Sportchef Jonas Boldt Glatzel Robert  HSV   SV S  Deutschland , Hamburg , Volksparkstadion , Fussball , 2. Fussball Bundesliga

HSV-Sportvorstand Jonas Boldt gratuliert den Spielern nach dem 4:2-Sieg am bisher letzten Spieltag gegen Sandhausen.

Am Samstag trifft der 1. FC Köln im Testspiel auf den Zweitliga-Zweiten Hamburger SV. In der kommenden Saison wollen die Traditionsklubs auch in der Bundesliga wieder gegeneinander antreten. 

Das kleine Franz-Kremer-Stadion im Grüngürtel wird am Samstag (15.30 Uhr) mit 4000 Zuschauern, darunter 500 Gäste Fans, bis auf den letzten Platz besetzt sein, wenn der Bundesliga-13. 1. FC Köln auf den Zweitliga-Zweiten Hamburger SV trifft. In einer größeren Arena wäre das Testspiel locker auf noch größeres Interesse gestoßen. Die Fans sind nach zwei Monaten Pause gespannt auf ihren FC, aber auch auf das Duell der Traditionsvereine, die sich mittlerweile seit knapp fünf Jahren nicht mehr in der Bundesliga gegenüberstanden.

Es war der 12. Mai 2018, an dem es den HSV erwischt hatte und der frühere Liga-Dino erstmals nach 55 Jahren den Gang in die 2. Bundesliga antreten musste. Und zwar mit dem 1. FC Köln, der darin aber eine gewisse Routine entwickelt hatte, es war der sechste Kölner Abstieg. Doch während dem FC die sofortige Rückkehr gelang, scheiterte der HSV bisher stets an dieser Aufgabe – bisweilen dramatisch.

„Der FC hat es bisher immer geschafft, dass er stets wieder schnell in die Bundesliga zurückgekehrt ist. Ich habe ja in der 2. Liga gearbeitet und bin mir relativ sicher: Wenn wir 2019 mit Paderborn nicht aufgestiegen wären, dann hätten wir das danach gar nicht mehr geschafft. Der HSV braucht einen langen Atem“, sagt Steffen Baumgart, der Cheftrainer der Kölner. Für ihn ist der HSV „gefühlt immer noch ein Erstligist“, der als großer Traditionsklub wie der FC in der Lage sei, Massen zu bewegen. „Deshalb sollten wir uns alle wünschen, dass der HSV den Aufstieg schafft – und das hat nichts mit meinem persönlichem Empfinden zu tun“, sagt Baumgart.

Boldts große Herausforderung

Denn es ist kein Geheimnis, dass der Ex-Profi von Kindheit Fan des Klubs mit der Raute ist. „Seit den 80er-Jahren, als der HSV noch um Titel mitgespielt hat. Und dann bleibt man da hängen. Man wechselt viel, aber nicht den Verein“, meint der Rostocker, der selbst mal Trainer-Kandidat beim HSV war. Seit 2021 arbeitet der Norddeutsche nun mit Verve im Rheinland.

Jonas Boldt ging wiederum den anderen Weg. Der langjährige Manager und Sportdirektor von Bayer 04 Leverkusen wechselte im Mai 2019 als Sportvorstand zum HSV. Und wusste schon damals um die Schwere der Aufgabe, den latent unruhigen Traditionsklub wieder nach oben zu führen. „Es war ja nicht so, dass der erste Abstieg aus dem Nichts kam oder ein Betriebsunfall war, sondern er hatte sich schon seit Jahren angedeutet. Aber die Aufgabe beim HSV hat mich von Anfang gereizt. Ich habe weiterhin den Ehrgeiz, den Klub wieder in die Bundesliga zu führen und die Strukturen zu stabilisieren“, sagt Boldt im Gespräch mit dieser Zeitung. Er gibt allerdings auch zu: „Ich wusste, dass die Herausforderung groß sein würde, aber ich hatte mir die Aufgabe schon etwas einfacher vorgestellt. Doch es identifizieren sich unglaublich viele Menschen mit dem HSV, was ja toll ist, aber es gibt auch viele bestimmte Interessen und Strömungen, die auf einen einprasseln. Langweilig wird es jedenfalls nie“, sagt Boldt mit einem Schmunzeln.

Und ganz unzufrieden können beide Seiten trotz der bisher stets verfehlten Rückkehr ins Oberhaus nicht sein: Kurz vor Weihnachten gab der sechsfache Meister bekannt, den ursprünglich zum Saisonende auslaufenden Vertrag mit Boldt bis 2025 zu verlängern.

HSV ist viel mehr Diva als der FC

Obwohl sich der HSV sportlich und finanziell konsolidiert hat, bleiben Unruhe, Fluktuation und manchmal sogar Chaos im Umfeld ständige Begleiter. Auszüge: Im Juli 2022 wurde Sportdirektor Michael Mutzel freigestellt, am 10. Januar trifft man sich vor dem Arbeitsgericht. Ende September trat unter Druck Vorstand Thomas Wüstefeld zurück, gegen den es massive Vorwürfe im Zusammenhang mit dessen Tätigkeit als Medizinunternehmer gab. Es gibt immer wieder Reibereien mit dem höchst umstrittenen Mäzen Klaus-Michael Kühne, der dem Klub erneut eine Finanzspritze geben will. Über sagenhafte 120 Millionen Euro – aber nur zu seinen Bedingungen. Und was wird aus Präsident Marcell Jansen? Bei der Mitglieder-Versammlung am 21. Januar liegen zwei Abwahl-Anträge gegen den Ex-Nationalspieler vor. Machtkämpfe und Intrigen sind beim HSV stets inklusive. Und als wäre das nicht genug, wurde zuletzt Profi Mario Vuskovic positiv auf die Doping-Substanz Epo getestet.

Das alles weckt Erinnerungen an turbulente, alte, Zeiten in Köln, doch der HSV hat den FC in der Kategorie schon lange überholt.

Dennoch mischt die Mannschaft erneut um den Aufstieg mit und macht im Gegensatz zu den vergangenen Jahren, in denen fast immer die Bundesliga-Rückkehr auf der Zielgeraden verspielt wurde, einen stabileren Eindruck. Mit Cheftrainer Tim Walter wird in den kommenden Tagen verlängert. Er wäre dann der HSV-Coach mit der längsten Amtszeit seit zehn Jahren. „Wir sind uns einig, mit Tim zu verlängern. Wir brauchen Kontinuität. Ich bin überzeugt, dass wir nicht nur auf diesem Feld jetzt auf dem richtigen Weg sind. Wir haben die Gehälter deutlich gedrückt und erzielen Transfer-Einnahmen. Insgesamt haben wir die Nettoverbindlichkeiten deutlich gesenkt, den Umsatz gesteigert und schreiben eine Schwarze Null“, zählt Boldt auf. Der 40-Jährige ist überzeugt, dass der HSV diesmal den Aufstieg packen wird: „Weil wir mittlerweile zu einem verschworenen Haufen geworden sind: Wir haben ein tolles Trainerteam und eine Mannschaft, die alles für das Ziel tut.“

„Steffen tut dem ganzen FC gut"

Trotz seiner Leverkusener Vergangenheit, deren Ende sicher nicht frei von Spannungen verlief, würde es der Manager begrüßen, wenn sich der HSV und Bayer-Rivale Köln in der kommenden Saison wieder in einem Punktspiel in Liga eins gegenüberstehen. „Darauf hoffe ich. Es ist etwas schade, dass der FC zuletzt Federn lassen musste. Denn ich mag Steffen Baumgarts Spielidee und ihn als Typen. Steffen tut dem ganzen Klub gut, er ist das Gesicht des FC. Und ich sehe auch gute Chancen, dass er mit dem FC den Klassenerhalt schaffen wird. Der FC muss aber am Anfang aufpassen, dass sich nicht eine negative Eigendynamik entwickelt. Aber trotzdem hat die Mannschaft genügend Potenzial – und eben einen tollen Trainer“, sagt Boldt. Und auch der so Gelobte glaubt an ein Wiedersehen in der neuen Saison. Baumgart: „Wenn der HSV aufsteigt, dann ja...“ Heißt: Seine Kölner blieben drin.

KStA abonnieren