Mit 29 Punkten in die PauseEine Punkteteilung, mit der der 1. FC Köln gut leben kann

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FC-Torhüter Marvin Schwäbe (l.) und Kapitän Jonas Hector klatschen nach dem 2:2 in Bochum ab.

Köln – Steffen Baumgart hatte während des Spiels noch einmal alles gegeben. Beim 2:2 in Bochum tigerte der  Trainer des 1. FC Köln durch seine Coaching-Zone, gestikulierte, pfiff, brüllte Anweisungen. Dann wirkt der 50-Jährige wie im Tunnel, angespannt. Dennoch bekam er alles mit. Als ein VfL-Fan ihn von der Tribüne aus anpöbelte („Halt die Fresse“), konterte der Kölner Trainer nur: „Ganz bestimmt nicht.“ Baumgart jubelte. Und haderte. Als es gar nicht lief, pfefferte er seine Wasserflasche auf den Rasen. Es war wie ein wilder Ritt durch die Bandbreite der Emotionen.

Auch besinnliche waren dabei: Als Einziger im Stadion trug Baumgart eine schwarze Armbinde als persönlichen Trauerflor. Die Geste galt Hans-Jürgen „Dixie“ Dörner, der am Mittwoch verstorbenen DDR-Fußballlegende: „Für mich als junger Spieler war er jemand, zu dem ich aufgeschaut habe. Ich durfte ihn kennenlernen, und für mich war er eine Persönlichkeit, die den DDR-Fußball geprägt hat.“

Nach dem Abpfiff fuhr der eben noch Hyperaktive allerdings erstaunlich schnell runter. Analysierte sachlich, wirkte zufrieden und freute sich wohl über die zweiwöchige Bundesliga-Pause. Denn die vergangene Woche hatten beim Trainer und seiner Mannschaft Spuren hinterlassen. Nach dem 0:4 gegen die Bayern und dem überraschenden Pokal-Aus gegen den Zweitligisten Hamburger SV bestand der FC allerdings die Probe beim heimstarken Aufsteiger und vermied die dritte Pflichtspielniederlage in Folge.

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Zehn Vorsprung auf Platz 16

Mit nunmehr 29 Punkten haben die Kölner ihren Platz in der oberen Tabellenhälfte manifestiert. Und was für sie nach den bitteren Erfahrungen aus den vergangenen beiden Spielzeiten noch wichtiger sein dürfte: Auf Relegationsplatz 16 haben sie  zehn Punkte Vorsprung.

Die Partie in Bochum war ein hartes Stück Arbeit. Erneut hatten die Kölner viel  investiert. Mit 121 Kilometern liefen sie rund fünf Kilometer mehr als die  nicht lauffaulen Bochumer. Der FC demonstrierte seine Stärken, nach dem Rückstand durch Holtmann (25.) drehten die willensstarken Gäste die Partie. Beim 1:1 in der 36. Minute nutzte Verteidiger Timo Hübers einen Slapstick-Abwehrversuch eiskalt aus, beim 2:1 kurz vor der Pause bewies Anthony Modeste, dass er geniale Momente hat. Ballannahme und Abschluss per Heber waren Extraklasse.

Zu einfache Gegentore

Ärgern durfte sich Baumgart indes darüber, dass sein Team zwei billige Gegentore nach Einwürfen kassierte. Das erste nach einem eigenen, das zweite nach einem Bochumer. Das 2:2 in der 70. Minute fiel zu einer Phase, in der die Kräfte des FC zusehends schwanden. Vor dem Ausgleich irrlichterte der eingewechselte Jannes Horn durch den Strafraum, die eingewechselten Polter und Torschütze Asano nutzten das zum verdienten Ausgleich aus.

„Wir hätten das Spiel gewinnen können, gerade wenn man 2:1 führt und die ersten zehn Minuten der zweiten Halbzeit sieht. Doch grundsätzlich, glaube ich, geht der Punkt insgesamt in Ordnung, weil beide Mannschaften auf ähnlichem Niveau gespielt haben. Und ähnlich auch immer wieder Fehler gemacht haben“, befand Baumgart und fügte an: „Ich gehe heute dann sogar ein bisschen zufriedener  mit dem Punkt nach Hause. Man hat schon gemerkt, dass den Jungs die letzte Zeit so ein bisschen in den Knochen hängt. Wir hatten dann auch nicht mehr die Frische, um zu sagen, das Ding musst du hier ziehen.“

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Seine Spieler ordneten die Partie  fast deckungsgleich ein. „Wir haben unsere beiden größten Chancen in der ersten Hälfte genutzt, haben in der zweiten Hälfte unsere Umschaltaktionen aber nicht mehr gut ausgespielt. Wir sind nicht mehr so hoch angelaufen. Den Punkt nehmen wir aber mit. 29 Punkte nach 20 Spielen, darüber können wir uns nicht beklagen“, sagte Hübers, der sein erstes Pflichtspieltor für den FC erzielt hatte. „Nach einer schweren Woche haben wir in der zweiten Hälfte gemerkt, dass die Luft etwas raus war. Daher können wir mit dem Punkt ganz gut leben“, meinte auch Torhüter Marvin Schwäbe.

Schwäbe überzeugt erneut

Die neue Nummer eins im Kölner Tor hatte erneut eine starke Vorstellung geboten. Baumgart hatte einen Tag  vor dem Spiel öffentlich gemacht, dass er auch nach der Rückkehr des langjährigen Stammtorhüters Tim Horn bis zum Saisonende auf den Neuzugang von Bröndby Kopenhagen setzt. Die Entscheidung beflügelte Schwäbe offenbar noch einmal. „Für mich persönlich fühlt sich das sehr, sehr gut an, dass die Entscheidung im Tor zu meinen Gunsten ausgefallen ist. Daher bin ich jetzt sehr glücklich und versuche, das zu bestätigen. Timo ist hier eine Vereinsikone, hat hier neuneinhalb Jahre im Tor gestanden. Daher tut es mir natürlich leid für ihn, aber ich muss auf mich schauen“, sagte der Keeper.

Baumgart gab seiner Mannschaft bis Dienstag frei, am Donnerstagmittag bestreitet der FC ein Testspiel gegen Schalke 04. In der Bundesliga geht es für den FC am 5. Februar (15.30 Uhr) mit einem Heimspiel gegen den SC Freiburg weiter. Die Kölner haben jetzt Zeit, zu neuen Kräften zu kommen und das Geschehene sacken zu lassen. Baumgart hatte damit schon direkt nach dem Spiel begonnen. Er wirkte wieder mit sich und der Welt im Reinen. Und die weggeworfene Wasserflasche hatte er bereits selbst wieder eingesammelt.

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