Tolle KarriereDieser Knirps wurde vom jubelnden FC-Fan zum bejubelten Kölner Profi

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Der vierjährige Jan Thielmann beim ersten Stadionbesuch in Köln im Oktober 2006

Köln/Föhren – Der Onkel war schuld. Genauer Patenonkel Uwe, seit Ewigkeiten glühender Fan des 1. FC Köln. Dieser nahm im Oktober 2006 den vierjährigen Jan Uwe Thielmann erstmals mit ins Rhein-Energie-Stadion, Jans Vater Eric jedoch hält allgemein lieber zum HSV. Der FC und der Karlsruher SC standen sich bei Jan Uwes Stadion-Debüt gegenüber. Grauer Alltag in der  2. Bundesliga, Spektakel wurde wenig geboten. Ein gewisser Pekka Lagerblom rettete den FC und traf kurz vor Schluss mit  einen Weitschuss. 1:1, keine Spur von Euphorie in Müngersdorf.

Doch diese erste Erfahrung und folgende Spielbesuche in Köln sorgten dafür, dass der junge Kerl aus dem beschaulichen Föhren (2700 Einwohner, Landkreis Trier-Saarburg) eine Leidenschaft für den FC entwickelte. Knapp 16 Jahre später jubelt nicht mehr Jan Thielmann seinen Vorbildern zu, sondern der 19-Jährige wird selbst bejubelt. Was für eine Entwicklung. Mit dem FC sorgt der Offensivspieler in der Bundesliga derzeit für Furore. Und steht mit dem Sechsten des Klassements unmittelbar vor dem Einzug ins internationale Geschäft.

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„Jan ist wie sein Bruder Peter von Kindheit an FC-Fan. Natürlich ist da  ein Traum in Erfüllung gegangen“, sagt Mutter Luzia Thielmann im Gespräch mit dieser Zeitung, fügt aber sogleich an, dass  die Karriere des Sohnes auch mit viel Aufwand  und einigen Entbehrungen verbunden gewesen sei. Natürlich mache die Laufbahn des Sohnes die Familie stolz. „Genauso stolz macht uns aber, dass er ein sehr sozialer Familienmensch ist. Wie seine beiden Geschwister.“ Und Jan ist ehrgeizig.  Als der 1. FC Köln in der vergangenen Saison mitten im Abstiegskampf steckte, büffelte Thielmann für das Abitur, das er dann auch bestand.

Schon 64 Bundesliga-Einsätze

Auf dem Rasen legte der Jungprofi, spätestens in dieser Saison seine Reifeprüfung ab. Mit seiner unbekümmerten Spielweise ist der pfeilschnelle Rechtsaußen, der vor fünf Jahren von Eintracht Trier ans Geißbockheim gewechselt war, in den letzten Wochen zu einem Faktor im Saisonendspurt geworden. Mehrere vielversprechende Auftritte in mittlerweile 64 Bundesligaspielen hatte Thielmann, der Ende 2019 – mit 17 – im Oberhaus debütiert hatte, zwar schon zuvor gezeigt. Doch insbesondere in den vergangenen Wochen drehte er richtig auf. Beim 4:1-Sieg in Augsburg nutzte der Youngster seine Startelf-Chance, traf mit seinem dritten Saisontreffer zum 1:0 und bereitete das 2:0 vor. „Er hat komplett das umgesetzt, was wir uns vorgestellt haben “, lobt Trainer Steffen Baumgart, der große Stücke auf seinen Jüngsten hält, der zum Vorbild für die ganze Nachwuchsabteilung des Klubs taugt. Thielmann sei ein „Role-Model“ für die eigenen Talente, sagt Lizenzspielerleiter Thomas Kessler, „Jan ist ein eifriger und rational denkender Vorzeige-Jungprofi. Er hat sich nach einer guten Vorbereitung auch nicht von Krankheit und Verletzungen vom seinem Weg abbringen lassen. Jetzt ist er  in einer tollen Verfassung und belohnt sich.“

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Jan Thielmann jubelt nach seinem Tor zum 3:1 für den 1. FC Köln im bislang letzten Heimspiel gegen Arminia Bielefeld

Diese soll Thielmann auch in Zukunft beim FC konservieren. Bis Juni 2024 steht der U21-Nationalspieler in Köln unter Vertrag. Doch seine Leistungen und seine Fähigkeiten haben sich bei anderen Vereinen herumgesprochen. Zuletzt berichteten englische Medien von einem angeblichen Interesse des FC Arsenal am Kölner. „Davon haben wir auch nur gelesen. An uns ist keiner herangetreten“, sagt Eric Thielmann. Der Vater und der zwei Jahre älteren Bruder Peter, der an der Sporthochschule Köln studiert und im FC-Internat arbeitet, vertreten die Interessen des Angreifers. Es gibt keinen externen Agenten, das ist ungewöhnlich in diesem Geschäft.

„Es haben natürlich schon viele Berater bei uns angeklopft, doch bisher haben wir das auch alleine gut hinbekommen. Wir haben einfach noch keinen Bedarf gesehen. Für Jan ist natürlich  von Vorteil, dass sein Bruder ebenfalls in Köln lebt. Die beiden sind unzertrennlich“, sagt der Sozialpädagoge, der viele Jahre Spieler und Trainer bei der SG Hetzerath war, dem Verein, in dem auch Sohn Jan zum ersten Mal dem Ball hinterherjagte. „Jan fühlt sich beim FC pudelwohl. Derzeit freuen wir uns alle von Woche zu Woche. Wir genießen es“, schildert der Vater.

Geringer Druck, große Euphorie

Das trifft auch auf den Stürmer selbst zu. Es ist vor allem die Leichtigkeit, von der Thielmann und seine Teamkollegen profitieren. Denn die vorrangigen Saisonziele, den Klassenerhalt und einen Platz unter den ersten Zwölf, sind schon seit Wochen erreicht. „Wir waren zu keinem Zeitpunkt in der Saison angespannt, waren immer positiver Dinge“, sagt Jan Thielmann und blickt auf die letzten Saisonspiele am Samstag (15.30 Uhr) gegen den VfL Wolfsburg und die Woche darauf beim VfB Stuttgart: „Wir hoffen, dass wir die nächsten drei Punkte einfahren können. Wir können jetzt ganz entspannt da rangehen. In der letzten Saison standen wir in jedem Spiel unter großem Druck, den haben wir jetzt nicht.“

Den Traum von Europa wollen sich die Kölner nun erfüllen. Als sich der FC 2017 zum bislang letzten Mal für den Europapokal qualifiziert hatte, verfolgte Jan Thielmann die Feierlichkeiten noch als Fan. „Jetzt als Spieler wäre es natürlich noch schöner. Die Euphorie in Köln ist groß.“ Jan Thielmann trägt mit dazu bei.

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