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TransfersperreSo läuft das Verfahren vor dem Cas – Wann der 1. FC Köln mit einem Urteil rechnen kann

Lesezeit 5 Minuten
Christian Keller, Geschäftsführer des 1. FC Köln

Christian Keller, Geschäftsführer des 1. FC Köln

Der 1. FC Köln hofft, vor dem Internationalen Sportgerichtshof eine Aussetzung der Transfersperre zu erreichen und das Urteil der Fifa zu annullieren.  

Der 1. FC Köln hat am Montag seine Beschwerde beim Internationalen Sportgerichtshof (Cas) gegen das Urteil des Fußball-Weltverbands (Fifa) eingereicht. In der Entscheidung vom 1. Februar hatten die Richter des Fifa-Tribunals entschieden, dass der slowenische Jugend-Nationalspieler Jaka Cuber Potocnik (17) seinen Vertrag bei Olimpija Ljubljana im Januar 2022 ohne triftigen Grund gekündigt hatte.

Weil der FC den Spieler am Tag nach dieser Kündigung verpflichtete, gilt der Verein nach den Fifa-Statuten als Anstifter zum Vertragsbruch. Für ein solches Vergehen sieht das Reglement eine Sperre für zwei aufeinander folgenden Transferperioden vor.

Was ist der Internationale Sportgerichtshof?

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Der „Court of Arbitration for Sport“ (Cas) wurde 1984 vom Internationalen Olympischen Komitee nach einer Idee des damaligen IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch ins Leben gerufen und urteilt seitdem von seinem Hauptsitz in Lausanne (Schweiz). Es ist eine unabhängige Einrichtung, die von der Stiftung ICAS (International Council of Arbitration for Sport) finanziert wird.

Warum ist der Cas in einem Verfahren des 1. FC Köln gegen die Fifa zuständig?

Gemäß Artikel 57 der Fifa-Statuten erkennt die Fifa den Cas als unabhängiges Schiedsgericht an. Claudia Pechstein etwa scheiterte im Jahr 2018 mit ihrer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg: Die Eisschnellläuferin hatte argumentiert, der Cas sei nicht unabhängig, ihr Verfahren daher nicht fair. Doch Straßburg bekräftigte die Unabhängigkeit des Cas.

Was musste der 1. FC Köln nun einreichen, um den Cas in Gang zu setzen?

Der 1. FC Köln musste seine Beschwerdebegründung auf Englisch oder Französisch per Kurier einreichen, und zwar in so vielen Exemplaren, wie es am Verfahren beteiligte Parteien und Richter gibt. Eine weitere Kopie ging an den Cas als Institution. Beigefügt sein musste eine Kopie des begründeten Fifa-Urteils, zudem ein Antrag auf Aussetzung der Strafe mit Begründung. Für den 1. FC Köln ist das besonders wichtig, denn der Verein hofft, die Transfersperre erst im nächsten Winter antreten zu müssen, um in diesem Sommer noch seinen Kader anpassen zu können. Außerdem muss der 1. FC Köln einen Richter benennen.

Wie funktioniert das mit den Richtern?

Auf der offiziellen Liste des Cas stehen derzeit 349 Richter aus rund 80 Ländern. Im Jahr 2019 veröffentlichte das Portal „Law in Sport“ eine Studie zur personellen Besetzung des Cas. Demnach waren von den damals 392 Richtern 44 Frauen. Männliche Richter sind im Schnitt 62, Frauen 56 Jahre alt. 53 Prozent der Richter stammen aus Europa, was wohl auch daran liegt, dass der Cas seinen Sitz in der Schweiz hat, was die Anreise erleichtert. Die USA stellen mit 41 Richtern das größte Kontingent. Es folgen die Schweiz und das Vereinigte Königreich (je 28), Deutschland ist mit 17 Richtern vertreten. Jede der beteiligten Parteien wählt einen Richter, ein dritter Richter wird als Vorsitzender bestellt.

Was passiert danach?

Innerhalb von zehn Tagen nach Ablauf der 21-Tage-Frist nach Zugang des Urteils (im Verfahren des 1. FC Köln gegen die Fifa endet die Frist am 20. April) muss der Antragsteller einen Schriftsatz einreichen, in dem er den Sachverhalt und seine rechtlichen Argumente darlegt. Außerdem muss der FC seine Beweismittel angeben sowie alle Zeugen benennen, einschließlich einer kurzen Zusammenfassung ihrer zu erwartenden Aussagen.

Innerhalb von 20 Tagen nach Erhalt dieses Schriftsatzes muss die Fifa eine Erwiderung darauf einreichen. Nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens bittet der Cas die Parteien zur Anhörung ins Château de Béthusy in Lausanne. Grundsätzlich ist das Cas keine reine Revisionsinstanz, es sucht also nicht nach Formfehlern und bewertet das Urteil als solches. Sondern prüft den Fall von neuem. Darauf setzt der 1. FC Köln, der das Fifa-Urteil eine „Farce“ nannte.

Wie lange wird das Verfahren insgesamt dauern?

Bis zur Entscheidung darüber, ob die Strafe ausgesetzt wird, dürften zwei Wochen bis zwei Monate vergehen. Das anschließende Verfahren dauert dann in der Regel noch einmal mindestens zwei Monate. Ein Urteil wäre also frühestens im Sommer zu erwarten.

Gab es vergleichbare Urteile der Fifa, die vor dem Cas verhandelt wurden?

Bekannt wurde der Fall des französischen Erstligisten FC Nantes, der im Jahr 2013 Stürmer Ismael Bangoura verpflichtete, der zuvor beim Al Nasr Sports Club in Dubai aus laut Fifa nicht triftigem Grund gekündigt hatte. Das Urteil wurde schließlich vom Cas bestätigt und Nantes zu einer Strafe von 4,5 Millionen Euro verurteilt.

Die Strafe gegen den FC Chelsea von zwei Transferperioden reduzierte der Cas im Jahr 2019 auf eine, Real Madrid erhielt vom Cas ebenfalls eine Reduzierung auf eine Transferperiode. Der FC Barcelona und Atlético Madrid dagegen scheiterten beim Versuch, ihre Transfersperren für das Jahr 2015 vom Cas aufheben zu lassen.

Wie sind die Aussichten, vor dem Cas gegen eine Entscheidung der Fifa vorzugehen – und gibt es eine höhere Instanz, sollte der FC vor dem Cas keinen Erfolg haben?

Von 61 Schiedssprüchen des Cas im Jahr 2022 hoben nur acht das Fifa-Urteil auf. Da das Cas seinen Sitz in der Schweiz hat, können seine Urteile ausschließlich durch das Schweizer Bundesgericht aufgehoben werden. Allerdings muss es zuvor zu schweren Verfahrensfehlern des Cas gekommen sein. Mehr als 80 Prozent der Berufungen gegen Cas-Entscheidungen werden durch das Bundesgericht gar nicht erst zugelassen. In unter drei Prozent der zugelassenen Fälle wird einer Berufung stattgegeben. Wer also vor dem Cas verliert, hat grundsätzlich verloren.

Wer vertritt den FC?

Im Verfahren gegen Ljubljana vor dem Fifa-Tribunal vertraten die Anwälte der Münchner Kanzlei Lentze Stopper den FC, die bereits die Rückkehr von Anthony Modeste aus China in den Jahren 2018 und 2019 begleitet hatten. Nun allerdings haben die Kölner eine Kanzlei in der Schweiz beauftragt, die große Erfahrung mit Verfahren vor dem Cas hat.

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