Funkel legt beim FC los„Ich stelle hier nicht alles auf den Kopf"

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Der neue FC-Trainer Friedhelm Funkel führte während seiner ersten Einheit einige, kurze Gespräche mit den Spielern, hier mit Max Meyer.

Köln – Zwischen seiner ersten Trainingseinheit am Dienstag und seiner letzten in seiner ersten Amtszeit beim 1. FC Köln lagen nicht nur 6374 Tage oder über 17 Jahre, sondern ganze Gefühlswelten. Als Friedhelm Funkel am 31. Oktober 2003 zu einem knapp einstündigen Training bat, musste er missmutig Normalität vorgaukeln. Denn er war zwei Stunden zuvor  von den damaligen Geschäftsführern Andreas Rettig und Claus Horstmann und im Beisein von Präsident Albert Caspers entlassen worden. Die Trennung wurde offiziell aber erst Stunden später verkündet.

Am 13. Februar 2021 sah alles viel entspannter aus, und Funkel wirkte gut gelaunt und voller Tatendrang. Die Situation, in der der 1. FC Köln im Abstiegskampf steckt, ist nur sechs Spieltage vor Saisonende zwar deutlich ernster als im Herbst 2003, doch jetzt ist der 67-Jährige derjenige, der die Saison noch irgendwie reparieren, den FC retten und vor dem siebten Abstieg der Klubgeschichte bewahren soll. Eine „anspruchsvolle Aufgabe“, wie Funkel selbst befand. Doch da er sich dem Verein verbunden fühlt und seine Lebensplanung durch die Pandemie durchkreuzt wurde, nahm er die schwierige Mission an. Und fühlt sich sichtlich gut mit ihr. „Die Jungs haben Gas gegeben, es war eine gute Einheit“, sagte Funkel im Anschluss.

Ansprache und Vertrauen in den Stab

Diese hatte mit 23 Minuten Verspätung begonnen, weil der Bundesliga-Veteran eine Ansprache in der Kabine gehalten hatte. Funkel schwor seine neue Mannschaft auf den Endspurt ein. Er habe sich bei den Spielern vorgestellt und ihnen gewisse Dinge erzählt, sagte Funkel und merkte mit einem Schmunzeln an: „Ich wollte eigentlich gar nicht so lange sprechen, aber dann saßen da 30 Jungs. Und mir fiel immer mehr und mehr ein. Die Jungs haben aufmerksam zugehört, ich hatte auch mal einen lockeren Spruch parat, da haben sie dann auch mal gelächelt. Respektvoll miteinander umgehen, das ist sehr wichtig. Ich habe ihnen auch gesagt, dass ich nicht alles auf den Kopf stellen werde. Es gibt hier auch viele gute Dinge. Die Mannschaft zum Beispiel macht auf mich einen fitten Eindruck“, lobte Funkel somit auch in Teilen die Arbeit seines entlassenen Vorgängers Markus Gisdol, zu dem er vorerst aber keinen Kontakt aufnehmen wird: „Da wird erst einmal ein bisschen Zeit vergehen, bis man telefoniert. Das kommt mit Sicherheit. Ich habe ja auch zu Markus ein gutes Verhältnis.“

Funkel war wichtig zu betonen, dass er dem bisherigen Trainerteam vollkommen vertraut. Dazu passte, dass der neue Chef die Leitung des rund 75-minütigen Trainings, das mit 16 Spielern und drei Torhütern, aber ohne einige Stammspieler stattfand (trainierten individuell), nahezu komplett Assistent André Pawlak überließ. Während dieser lautstark Kommandos gab, war Routinier Funkel eher der stille Beobachter am Spielfeldrand. Der sich aber eifrig Notizen machte und in den kurzen Pausen immer wieder das Gespräch mit seinen Spielern suchte.

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Friedhelm Funkel im Gespräch mit André Pawlak (l.). Der Trainer-Routinier überließ seinem Assistenten am Dienstag überwiegend die Leitung des Trainings.

Diese Art der Trainingsführung ist nichts wirklich Neues bei ihm, bei seiner vorherigen Station Fortuna Düsseldorf verfuhr er mit seinen Co-Trainern Peter Hermann und Thomas Kleine ähnlich. Wobei Funkel das Wort „Co-Trainer“ nicht wirklich gefällt. „Ich wehre mich gegen den Begriff »Co-Trainer«. André ist Trainer, er hat selbst Mannschaften erfolgreich geführt. Wir haben das Programm vorher zusammen ausgearbeitet. André hat dann die Trainingseinheit gemacht. Ich vertraue ihm und dem ganzen Trainerstab. Ich wollte  auch keinen Trainer neu dazu haben, es ist so gut, wie es ist. Ich bringe meine Erfahrung, mein Auge und Gefühl für Situationen mit ein“, sagte der neue FC-Coach.

Funkel verlangt von seinen  Spielern allerdings mehr Aggressivität und Kompromisslosigkeit, das stellte er heraus. „Es müssen auch im Training Zweikämpfe geführt werden“, sagte Funkel und zitierte einen Verteidiger, der Weltmeister wurde: „Mats Hummels hat es mal richtig gesagt: Man spielt so wie man trainiert. Das ist wichtig.“ Einmal war es aber wohl zu viel des Guten, denn Flügelspieler  Ismail Jakobs war nach einem Zweikampf mit Tim Lemperle umgeknickt und musste vorzeitig aus dem Training aussteigen. „Ich hoffe nicht, dass es etwas Schlimmeres ist. Wir brauchen ihn gegen Leverkusen, allein schon wegen seiner Schnelligkeit“, sagte Funkel.

Funkel will mehr Kompromisslosigkeit

In den Analysen der Kölner Spiele ist dem Coach aufgefallen, dass der Mannschaft  die notwendige Kompromisslosigkeit gelegentlich abging. Wie bei der dramatischen Niederlage zuletzt gegen Mainz 05 (2:3). Das 0:1 fiel zum Beispiel direkt nach einem eigenen Einwurf und einem folgenschweren Fehlpass von Noah Katterbach. „Da waren wir nicht kompromisslos genug. Da haue  ich dann den Ball einfach mal auf die Tribüne, scheißegal. Doch dann kann sich die Abwehr wieder formieren“, sagte Funkel.

Ein Hauch von Nostalgie

Nach Abschluss der Einheit war dann auch wieder etwas Zeit für Nostalgie. Sein erstes FC-Training nach so langer Zeit ging am 67-Jährigen nicht ganz spurlos vorbei. „Das war ein merkwürdiges, aber schönes Gefühl, da wieder auf dem Platz zu stehen, wo du vor fast 20 Jahren gearbeitet hast. Der Charme von damals ist geblieben“, stellte Funkel fest und vermisste in Zeiten der Pandemie doch etwas: „Schade ist, dass in der Pandemie alles abgesperrt sein muss, dass keine Fans da sind, dass die Kiebitze am Trainingsplatz keine Karten spielen.“

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