FC-Sieg in der AnalyseKölns faszinierender Fußballabend in Müngersdorf

Lesezeit 6 Minuten
Ellyes Skhiri bei seinem Kunstschuss.

Ellyes Skhiri bei seinem Kunstschuss zum 6:1.

Der FC gewinnt nach unglaublichen Leistungen seiner Spieler gegen Werder Bremen mit 7:1 und zeigt, welche Möglichkeiten in ihm stecken. Die Analyse zum Spiel.

Das Wichtigste zuerst Der 1. FC Köln hat zum Jahresauftakt Werder Bremen deklassiert und den höchsten Sieg seit beinahe 40 Jahren gefeiert. Das 7:1 gegen den in dieser Hinrunde bislang so starken Aufsteiger war der höchste Bundesligasieg seit dem 7:0 gegen Eintracht Frankfurt im Oktober 1983. Es war ein faszinierender Abend in Müngersdorf. Schon nach einer halben Stunde führte Köln durch Tore von Maina, Tigges (2) und Skhiri bereits 4:0. Denis Huseinbasic erhöhte auf 5:0, ehe Niclas Füllkrug noch vor der Pause mit einem Kopfballtor nach einer Ecke ein Bremer Lebenszeichen sendete.

Nach dem Seitenwechsel erhöhte der faszinierende Skhiri artistisch auf 6:1; wie schon zu Skhiris erstem Treffer gab Maina die Vorlage. Marco Friedl lenkte schließlich eine weitere Hereingabe des unglaublichen Maina zum 7:1 ins eigene Tor.

Justin Diehl erlebte in der 81. Minute noch sein Bundesliga-Debut, dann war Schluss. Der FC sprang nach dem ersten Spiel des neuen Jahres vorerst auf den zehnten Tabellenplatz und reparierte nebenbei noch sein zuletzt arg ramponiertes Torverhältnis. Am Dienstag geht es bereits weiter für den FC. Dann wartet der FC Bayern in der Allianz-Arena.

Alles zum Thema Ellyes Skhiri

Die Tore Vor dem 1:0 nahmen sich die Bremer viel Zeit für eine Freistoßvariante in aussichtsreicher Position. Doch der Versuch misslang, weil Florian Kainz schnell schaltete: Der Österreicher schaltete schnell und nahm Linton Maina mit, über den der Ball zu Skhiri kam. Der Tunesier zog nach innen, wo er den Ball schon verloren zu haben schien. Doch gelang ihm noch der Pass auf Tigges, der gleich zurücklegte, worauf Skhiri zu Maina passte, der auf dem Flügel allen davongelaufen war und flach ins lange Eck vollendete.

Steffen Baumgart hatte Marvin Ducksch vor der Partie als enorm torgefährlichen Spieler ausgemacht, doch Tore bereitete der Bremer Angreifer nur für Köln vor: Schon vor dem 1:0 verlor der ehemalige Kieler den Ball. Dann passte er nach einem Bremer Einwurf schlampig ins Zentrum und vor die Füße von Florian Kainz, der zu Tigges passte, der den Ball mit dem ersten Kontakt annahm und mit dem zweiten per Linksschuss ins Tor beförderte – noch abgefälscht von Bremens Veljkovic.

Steffen Tigges nimmt Maß und trifft aus über 47 Metern ins Bremer Tor.

Steffen Tigges nimmt Maß und trifft aus über 47 Metern ins Bremer Tor.

Köln nahm die Gäste nun auseinander – und erzwang den nächsten Großpatzer: Weiser verlor den Ball, Bremens Keeper Pavlenka schaffte es zwar noch mit letzter Mühe, vor Maina in den Pass zu sprinten, klärte jedoch in den Mittelkreis zu Tigges. Der zögerte einen Moment, gehorchte dann aber den Tribünen, die ihn dringend zum Schießen aufforderten. Aus 46,7 Metern traf Tigges ins leere Tor, 20 Minuten waren da absolviert.

Die Party war nun in vollem Gange, es folgte ein weiterer Höhepunkt: Linton Maina tauchte plötzlich halblinks auf und sorgte nun dort mit seiner Geschwindigkeit für Panik in der Bremer Abwehr. Der Sprinter passte an den Fünfmeterraum, wo Tigges den Ball per Hacke zum zweiten Pfosten verlängerte und Skhiri freispielte, der aus nächster Nähe das 4:0 erzielte.

Eine halbe Stunde war vorüber, Müngersdorf tobte und Werder erlebte einen perfekten Untergang. Kainz trieb einen weiteren Konter tief in die Bremer Hälfte und spielte auf Tigges, dessen erwiesene Qualitäten als Außenspieler die Bremer offenbar nicht auf der Rechnung hatten. Der Mittelstürmer passte relativ unbehelligt quer und fand Denis Huseinbasic, der sicher verwandelte. 5:0, es wurde historisch.

Doch dann sendeten die Bremer doch noch ein Lebenszeichen, selbstverständlich nach einem Standard: Niclas Füllkrug setzte sich gegen Eric Martel durch, der Nationalstürmer versenkte einen Eckball sehenswert zum Tor, das die Bremer Ehre retten helfen sollte.

Nach dem Seitenwechsel entwickelten zeigten Linton Maina und Ellyes Skhiri eine weitere Höchstschwierigkeit. Erst überlief Maina den gesamten rechten Flügel und flankte dann so auf den heftig winkenden Skhiri, dass der einen traumhaften Seitfallzieher zum 6:1 setzen konnte.

Anschließend wechselte Köln dreifach, ein wenig Ruhe kehrte ein. Es blieb Marco Friedl überlassen, den Schlusspunkt zu setzen: Werders Kapitän lenkte eine letzte Hereingabe Linton Mainas zum 7:1-Endstand ins eigene Tor. Hätte Friedl nicht getroffen, wäre Tim Lemperle bereitgewesen.

Moment des Spiels Der SV Werder ist ein großer Verein mit enormer Fanbasis, entsprechend zahlreich waren die Auswärtsfahrer in Grün und Weiß in Müngersdorf anzutreffen. Trotz des Debakels blieben die Bremer lautstark – und lieferten einen großen Moment, als sie auf Füllkrugs Tor zum 1:5 in der 38. Minute reagierten, indem sie „Auswärtssieg, Auswärtssieg!“ skandierten.

Bremer Gästefans zündeten Pyro und Feuerwerk auf den Rängen in Köln.

Bremer Gästefans zündeten Pyro und Feuerwerk auf den Rängen in Köln.

Spieler des Spiels Steffen Tigges, der mit zwei Toren und zwei Vorlagen in einer Partie mehr Torbeteiligungen hatte als in seiner gesamten bisherigen Zeit beim 1. FC Köln. Der Mittelstürmer, der nach schwerer Verletzung die Sommervorbereitung verpasst und anschließend Schwierigkeiten gehabt hatte, seine Rolle im Kölner System zu finden, lieferte ein großes Spiel. Gekrönt von seinem spektakulären Treffer aus beinahe 50 Metern.

Das sagen die Trainer: Ole Werner (Werder Bremen): „Es ist schwer in Worte zu fassen. Unterm Strich war es desaströs. Wir haben die ersten Gegentore fahrlässig kassiert, danach sind wir auseinandergefallen. Das geht nicht. Wir haben uns in den Zweikämpfen ergeben und sind immer wieder überlaufen worden. Als Aufsteiger muss man damit rechnen, auch mal durch schwere Zeiten zu gehen. Aber klar ist, dass so etwas wie heute nicht noch einmal passieren darf. Wenn wir nicht alles aus uns herausholen, passieren Dinge wie heute Abend.“

Steffen Baumgart (1. FC Köln): „So ein Spiel hat man einmal im Leben. Es war, wie wir gesagt hatten: Wenn die Frische zurückkommt, passt es auch wieder. Es hat heute aber auch alles zusammengepasst. Wir kommen schon ganz schnell wieder runter, ab morgen geht es wieder ganz ruhig und sachlich nach vorn. Unsere Spiele waren auch vorher schon besser als die Ergebnisse. Deswegen freut es mich, dass die Jungs daran geglaubt haben und heute von der ersten bis zur letzten Minute Tempo gegangen sind.“

Das sagen wir: Der 1. FC Köln hat am Samstagabend konsequent seine Stärken ausgespielt: Umschaltspiel, überragendes Tempo auf den Flügeln. Dazu Konsequenz im Kampf um den zweiten Ball. Es gibt keine schlechten Zeitpunkte für ein 7:1 im eigenen Stadion. Doch dieser Sieg nach langer Pause und einer schwachen Phase zuvor kam zum perfekten Zeitpunkt. Es war klar, dass die Kölner nach 70 Tagen Pause eine ganz neue Frische präsentieren würden. Was sie aber aus dieser Frische machen würden, war ungewiss. Nun hat Baumgarts Mannschaft gezeigt, welche Möglichkeiten sie hat. Für die Rückrunde lässt das darauf hoffen, dass der FC in dieser Saison nicht allzu lange wird zittern müssen.

KStA abonnieren