Kampf um den KlassenerhaltHoffnung überall für den 1. FC Köln

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Jubel auf der Bank des 1. FC Köln - auf dieses Bild kann auch am Samstag gehofft werden.

Köln – Wer es mit dem 1. FC Köln hält, wird früher oder später mit der Frage befasst sein, ob man sich sein Leben nicht anders hätte verderben können als mit der Verbundenheit zu einem Verein, der einem so viel Qual beschert. Doch einerseits sucht ein Fan sich seinen Verein nicht aus; er gerät in die Sache hinein und weiß am Ende kaum mehr, wem er danken beziehungsweise die Schuld dafür geben soll. Andererseits gibt es ja die  Hoffnung darauf, dass es sich eines Tages alles gelohnt haben wird.

Doch worauf soll man hoffen? Beim Hoffen gehe es nicht um die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht. Sondern um die Gewissheit, dass es einen Sinn ergibt – egal, wie es ausgeht. So hat es Václav Havel formuliert, der Bürgerrechtler, politischer Gefangener und später noch tschechischer Präsident war.

Die Erfüllung aller Hoffnungen muss aus Sicht eines FC-Fans also  kein sportlicher Erfolg sein. Vielmehr sollte der Fußball als Charakterschule gelten – wo könnte man schließlich besser lernen, mit Demütigungen, Leid und Enttäuschung umzugehen  als beim FC der Gegenwart?

Die Hoffnung muss sich also gar nicht auf ein so profanes Ziel wie etwa den direkten Klassenerhalt im Spiel gegen Schalke 04 richten. Vielmehr sollte der Fan auch den siebten Abstieg als eine Chance akzeptieren, ein besserer Mensch zu werden. Oder eben auch nicht.

An seinem Charakter kann man schließlich auch woanders arbeiten, daher darf die Hoffnung vor diesem Wochenende auch einzig darauf gerichtet sein, dass der 1. FC Köln den FC Schalke 04 deutlich besiegt, während Werder Bremen und Arminia Bielefeld krachende Niederlagen erleiden und Köln mithin schon am frühen Samstagabend sagen kann: Da hat sich das Hoffen aber mal wieder gelohnt. Es gibt ja auch genügend Anlässe, zu hoffen.

Die Bilanz des Duells spricht klar für den 1. FC Köln

112 Mal traf Schalke in einem Pflichtspiel auf Köln, die Siegquote der Königsblauen über sechs Jahrzehnte beträgt nur 33 Prozent. 13 Mal trafen Köln und Schalke jenseits des 29. Spieltags einer Bundesliga-Saison aufeinander. Keinmal gewannen die Schalker, zehnmal dagegen verloren sie. Erst zweimal spielten beide Vereine an einem 34. Spieltag gegeneinander, beide Spiele gewann der FC 2:1. Beim ersten Mal zum Abschluss der Saison 1980/81 stieg Schalke ab.

Unterschätzte Kölner Stärke: Letzte Spieltage

 Der 1. FC Köln ist traditionell besonders stark an letzten Spieltagen. Könnte man jedenfalls behaupten. Das zeigte sich etwa am 7. Juni 1969: Damals traf der 1. FC Köln im ultimativen Abstiegsduell auf Vorjahresmeister 1. FC Nürnberg. Der FCN brauchte einen Sieg für den Klassenerhalt, der für die Kölner wiederum den Abstieg bedeutet hätte. Zur Halbzeit stand es 0:0, doch dann trafen Wolfgang Overath, Carl-Heinz Rühl und Heinz Hornig zum 3:0. Nürnberg stieg ab, der FC rettete sich auf den 13. Platz.

In der Saison 1985/86 wiederholten die Kölner dieses Kunststück: Mit nur einem Punkt Vorsprung auf Dortmund auf dem Relegationsplatz ging die Mannschaft von Trainer „Sir“ Georg Keßler ins letzte Spiel gegen Bochum. Wieder gewann man sicher 3:0 und beendete die Saison erneut auf Rang 13. Im Jahr 1993 retteten sich die Kölner sogar gegen Schalke – allerdings bereits am vorletzten Spieltag und unter weniger dramatischen Vorzeichen als in diesem Jahr.

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Zum Abschluss der Saison 1995/96 reiste der FC am letzten Spieltag als Viertletzter nach Rostock, rettete sich aber durch Holger Gaißmayers legendären Treffer in der 73. Minute noch auf den zwölften Platz. Kaiserslautern stieg durch ein 1:1 in Leverkusen ab, Andi Brehme weinte in Rudi Völlers Armen  – unvergessen.

Noch besser: Nicht alles spricht für den 1. FC Köln

Der FC hat eine gewisse Neigung dazu, in dem Moment alles wegzuwerfen, wenn die Umstände gar nichts anderes mehr zuzulassen scheinen als den vollständigen Triumph, man erinnert sich da etwa gern an das Kölner Pokal-Halbfinale im April 1995 daheim gegen den Zweitligisten VfL Wolfsburg. Nicht jeder letzte Spieltag der vergangenen Jahrzehnte endete im Erfolg – das sollte Hoffnung geben, denn so bleibt die Mannschaft alert. Dass Köln im Finale der ersten Abstiegssaison 1997/98 noch eine theoretische Chance auf den Klassenerhalt hatte, soll an dieser Stelle zwar erwähnt sein. Spielt aber keine Rolle für die aktuellen Aussichten auf Rettung. Ähnlich verhält es sich mit dem letzten Spieltag der Saison 2011/12: Damals hätte ein Heimsieg zum Abschluss noch die Relegation gebracht. Doch war der Gegner der FC Bayern – und die Kölner stellten die womöglich konditionell schwächste Mannschaft der Bundesliga-Geschichte. Statt den als Vizemeister feststehenden Bayern einen ordentlichen Kampf zu bieten, gingen sie 1:4 unter, ein extrem bitterer Abstieg. Der jedoch nicht die Hoffnung für den kommenden Samstag trüben soll.

Lieber sei der Blick auf den 20. Mai 2017 gerichtet, als Yuya Osako die Kölner mit seinem Tor in der 87. Minute endgültig zurück nach Europa schoss – erstmals seit 25 Jahren. Als Siebter gingen die Kölner damals in den Spieltag, und weil die Konkurrenz plangemäß spielte, machte der FC im letzten Moment noch zwei Plätze gut.

Hoffnung also überall.

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