Vor Duell mit KölnStuttgart-Boss Wehrle ist schon wieder Krisenmanager

Lesezeit 4 Minuten
Alexander Wehrle, ehemaliger Geschäftsführer des 1. FC Köln und heute Vorstandsvorsitzender beim VfB Stuttgart, sitzt an seinem Schreibtisch in der Stuttgarter Klubzentrale.

VfB-Vorstandschef Alexander Wehrle in seinem Büro in der Stuttgarter Klubzentrale

Vor einem Jahr verließ Alexander Wehrle den 1. FC Köln und kehrte in seine Stuttgarter Heimat zurück. Der VfB steckt vor dem Duell erneut in der Krise. 

Beim VfB Stuttgart machen sie in diesen Tagen einmal mehr die Erfahrung, dass man im Fußball weder faul sein muss noch blöd, um ein Spiel zu verlieren. Tatsächlich reicht es oft genug nicht, die bessere Mannschaft zu sein, um nicht zu verlieren. So geschah es dem VfB am vergangenen Samstag, als die Mannschaft beim SC Freiburg zur Pause verdient 1:0 führte und letztlich durch zwei Foulelfmeter 1:2 verlor.

Beide Strafstöße waren erst nach Eingriff des Video-Assistenten verhängt worden, und obgleich sie jeweils berechtigt waren, wurde es anschließend sehr grundsätzlich. „Sehr, sehr bitter“ sei der Nachmittag gelaufen, sagte VfB-Trainer Bruno Labbadia, dessen Team nach 20 Partien noch immer mit nur 16 Punkten dasteht. In der vergangenen Saison hatte Stuttgart nach 20 Spieltagen zwei Zähler mehr und schaffte den Klassenverbleib erst am letzten Spieltag – mit einem 2:1 daheim gegen den 1. FC Köln.

Bruno Labbadia übt grundsätzliche Kritik am VAR

Er sei grundsätzlich gegen den Video-Assistenten, der Schiedsrichter werde dadurch „enteiert“, sagt Labbadia (57) noch. Und auch Alexander Wehrle, der Vorstandschef beim VfB, klagte: „So macht es keinen Sinn mehr“, schimpfte der ehemalige FC-Geschäftsführer.

Alles zum Thema Steffen Baumgart

Von den fünf Partien nach der Winterpause haben die Stuttgarter noch keine gewonnen, der Trainerwechsel von Pellegrino Matarazzo über Interimsmann Michael Wimmer hin zu Labbadia hat die Lage kaum verbessert. Zwar traten die Stuttgarter zuletzt im 4-3-3-System an und wirkten lebendig und strukturiert. Doch leisten sie sich nach wie vor zu viele schwere Patzer.

Alexander Wehrle zum VfB Stuttgart: „Unter dem Strich haben wir in den fünf Spielen in diesem Jahr zu wenige Punkte geholt“

„Unter dem Strich haben wir in den fünf Spielen in diesem Jahr zu wenige Punkte geholt, natürlich stehen wir schlechter da als erhofft und erwartet. Doch zuletzt waren vielversprechende Ansätze zu sehen, wir haben uns für überwiegend gute Leistungen viel zu wenig belohnt“, sagt Wehrle im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Mannschaft sei „kompakter und lässt weniger Torchancen zu. Deshalb ist aus meiner Sicht der Trainerwechsel auch überhaupt nicht verpufft. Spielen wir so weiter, werden wir uns auch wieder mit mehr Punkten belohnen“, sagt Wehrle. Stuttgart erlebt also einmal mehr eine Zeit der Durchhalteparolen.

Seit knapp einem Jahr wirkt Wehrle wieder in seiner schwäbischen Heimat, wo er bereits vor seinem neunjährigen Engagement in Köln gearbeitet hatte. Als er vor einem Jahr übernahm, stand der VfB punktgleich mit dem Tabellen-17. Hertha BSC auf dem Relegationsplatz. Derzeit steht der VfB auf Rang 17. „Wir sind nicht abgeschlagen, Platz 15 ist nur drei Punkte weg. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit Bruno Labbadia den Klassenerhalt erreichen. Er hat vieles in die richtige Richtung verändert“, befindet Wehrle.

Der Blick in den Abgrund lässt auch die Stuttgarter erschauern, der 1. FC Köln hätte vor anderthalb Jahren im Falle des Abstiegs wohl Existenz-rettende Einschnitte vollziehen müssen. Köln jedoch steht derzeit zehn Punkte vor dem VfB, allein in den fünf Spielen nach der Winterpause legte Baumgarts Mannschaft sieben Punkte zwischen sich und die Konkurrenz aus Schwaben. „Ein Abstieg wäre natürlich ein Einschnitt, wir würden vor einem Neuanfang stehen. Im Nachgang der Corona-Pandemie und mit Blick auf die Inflation und die Energiekrise hätte der auch gravierendere Folgen als noch vor ein paar Jahren. Finanziell würden wir aber einen Abstieg verkraften. Doch ich will gar nicht groß über dieses Szenario sprechen, da ich fest an den Klassenerhalt glaube. Wir sind mitten im Stadionumbau, der noch Einschränkungen und ein paar Widrigkeiten mit sich bringt“, erklärt Wehrle.

Die Mercedes-Benz-Arena befindet sich derzeit einmal mehr im Umbau. Die alte Haupttribüne wird modernisiert, die Kapazität ist derzeit auf knapp unter 50 000 Zuschauer begrenzt. „Zur Rückrunde 2024 werden wir eine äußerst moderne, 60 000 Plätze große Arena mit einem erweiterten Business-Bereich haben, die uns noch mal mehr Möglichkeiten und Einnahmen bringt. Dank der umfassenden Modernisierung sind wir für die Zukunft sehr gut aufgestellt. Und in diesem Stadion soll Erstliga-Fußball zu sehen sein. Es ist der Anspruch des VfB Stuttgart, in der Bundesliga zu spielen.“

Ich bin nicht vom Lauf des FC überrascht, denn Steffen Baumgart macht einfach einen sehr guten Job
Alexander Wehrle

Aus Stuttgarter Sicht geht es in Köln derzeit recht beschaulich zu. Der Vorstand hat drei Geschäftsführerposten neu besetzt, sportlich hat die Mannschaft in den vergangenen Monaten viele Herzen gewonnen. „Ich bin nicht vom Lauf des FC überrascht, denn Steffen Baumgart macht einfach einen sehr guten Job. Steffen schwört die Mannschaft perfekt ein, er hat sie im Griff. Die Spieler folgen ihrem Trainer. Es freut mich für ihn, dass das so gut klappt.“

Die Lage vor dem Spiel am Karnevalssamstag (15.30 Uhr) ist somit klar: „Wir haben in diesem Jahr in der Liga noch kein Spiel gewonnen, der FC noch keines verloren. Ich erwartete dennoch ein Duell auf Augenhöhe und ein enges Spiel. Doch wir haben ein Heimspiel, das wir mit unseren Fans im Rücken gewinnen wollen. Das Momentum fehlt uns derzeit, wir sollten anfangen, es zu erzwingen.“

KStA abonnieren