Ragnar Ache hatte zwei starke Spielzeiten für den 1. FC Kaiserslautern, nun geht er für den FC auf Torejagd
Zugang beim FCRagnar Ache, der neue Kölner Hoffnungsträger

Ragnar Ache und sein neuer Trainer Lukas Kwasniok verbringen in diesen Tagen viel gemeinsame Zeit auf dem Trainingsplatz.
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In der siebten Minute des letzten Saisonspiels bot sich Ragnar Ache plötzlich die Chance, den Lauf der Geschichte zu beeinflussen und womöglich auch seiner persönlichen Karriere einen Stock in die Speichen zu werfen. Der Stürmer, an jenem 18. Mai für den 1. FC Kaiserslautern auf dem Rasen Müngersdorfs im Einsatz, hatte eine frühe Doppelchance. Zunächst scheiterte er mit einem Schuss an Kölns Torwart Marvin Schwäbe, kurz darauf köpfte er eine Flanke von rechts deutlich am Tor vorbei.
0:0 stand es da, dem 1. FC Köln fehlte ein Punkt zum Aufstieg, während Kaiserslautern selbst mit einer kleinen Restchance auf die Bundesliga ins Saisonfinale gegangen war. Ein früher Rückstand – und womöglich hätten die Kölner doch noch Nerven gezeigt. Allerdings galt das nach der Übernahme durch Trainer Friedhelm Funkel als wenig wahrscheinlich. Doch der Schreck verflog schnell: Sieben Minuten nach Aches Gelegenheit erzielte Eric Martel das 1:0. Noch vor der Pause erhöhte Luca Waldschmidt – am Ende stand ein 4:0-Sieg und der Aufstieg für den FC. Ache ging damals nach einer Stunde vom Platz. Drei Schüsse, zwölf Ballkontakte und eine Passquote von 50 Prozent – der Mittelstürmer absolvierte ein insgesamt lausiges Spiel.
So schwach trat Ache auf, dass anschließend Spekulationen wucherten: Er sei sich mit Köln bereits einig gewesen und habe den Wechsel nicht gefährden wollen, indem er den Aufstieg des FC aufs Spiel setze. Doch über diese These musste der 26-Jährige am Donnerstag herzlich lachen. „Ich bin Stürmer, ich will natürlich immer Tore schießen“, sagte er zu seinem Missgeschick. Eine Chance auszulassen, zumal vor 50.000 Zuschauern im letzten Saisonspiel – das sei wohl keine schlüssige Theorie. Und überhaupt: „Extra daneben zu köpfen, wäre auch komisch. Dann hätte ich den Ball eher gar nicht geköpft und einfach vorbeigehen lassen“, erklärte er.
Außerdem sei der Transfer nach Köln in diesen Tagen noch gar nicht ausgemacht gewesen. Ache und sein Berater Volker Struth machten den Wechsel nach Köln erst nach dem Aufstieg perfekt. Die Atmosphäre im Kölner Stadion habe ihn im letzten Saisonspiel maßgeblich in seiner Entscheidung beeinflusst. „Ich habe gesehen, was hier abgeht. Es ist nah an meiner Heimat, das hat auch eine Rolle gespielt. Die Energie der Fans, das ist etwas, das man nutzen kann“, beschreibt der gebürtige Frankfurter.
In Frankfurt habe ich viel Selbstvertrauen verloren. Da war die Leihe nach Fürth gut für mich
Ache ist der Sohn einer ghanaischen Mutter und eines deutschen Vaters. Er begann mit dem Fußball bei der SpVgg 03 Neu-Isenburg und zog im Alter von zehn Jahren mit seiner Mutter und Schwester nach Rotterdam, wo er die Jugendmannschaften von Sparta Rotterdam durchlief. Zur Saison 2020/21 wechselte Ache zu Eintracht Frankfurt in die alte Heimat, offenbarte dort allerdings Anpassungsschwierigkeiten. Verletzungen warfen ihn zurück. Nach insgesamt 23 Pflichtspielen und nur einem Tor verlieh die Eintracht Ache an die SpVgg Greuther Fürth.
Der Stammplatz tat dem Stürmer gut, nach sieben Treffern in 33 Partien zog es Ache nach Kaiserslautern, wo er zuletzt zweimal nacheinander zweistellig traf. Im ersten Jahr bei den Pfälzern gelangen ihm 16, in der vergangenen Saison dann 18 Tore. „In Frankfurt habe ich viel Selbstvertrauen verloren. Da war die Leihe nach Fürth gut für mich“, sagt er rückblickend. Ein Spieler also, der Rhythmus und Selbstvertrauen braucht. Daher dürfte es ihn nicht groß stören, dass der 1. FC Köln in diesem Sommer seine beiden Top-Schützen Lemperle und Downs abgegeben hat. Ache mag es, wenn man auf ihn zählt. Besonders nach der starken letzten Saison. Ache erzielte die drittmeisten Tore der Liga, gab die meisten Schüsse ab – 49,5 Prozent seiner Versuche gingen aufs Tor. Der FC dagegen stieg zwar als Meister auf, doch die Offensive hatte immer wieder Schwierigkeiten.

Ragnar Ache im letzten Spiel der Zweitliga-Saison gegen die FC-Verteidiger Timo Hübers und Dominique Heintz
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Zwar gaben die Kölner als Mannschaft die meisten Schüsse der Saison ab, doch nur 31 Prozent verbuchten die Statistiker als „on target“, also tatsächlich auf das Tor. Das bedeutete Rang zwölf in der Effektivitätsrangliste, insgesamt verbuchte Köln als Meister nur die zehntmeisten Tore der Saison. Ache kann also einiges bewegen – die Hälfte seiner 18 Treffer versenkte er per Kopf, das dürfte gut zu seinem neuen Trainer passen. Unter Lukas Kwasniok schlug Paderborn in der vergangenen Saison die meisten Flanken der Liga, und obgleich Ache nur mit 1,83 Metern Körpergröße geführt wird, gilt er wegen seiner enormen Sprungkraft als ausgewiesener Kopfballspezialist. Ein solcher fehlte dem FC zuletzt – denn trotz Rang zwei in der Flankenstatistik traf Köln nach hohen Bällen viel zu selten.
Zunächst aber muss Ache bei seinem neuen Arbeitgeber ankommen. Die Vorbereitung hat mit intensiven Tagen begonnen, nicht nur körperlich. „Es ist sehr viel in kurzer Zeit. Es ist ein ganz neues System, da geht schon viel im Kopf herum“, beschreibt der Mittelstürmer. Er wird sich umstellen müssen unter Kwasniok, der Paderborn in der vergangenen Spielzeit zur laufstärksten Mannschaft der Liga formte. „Viel Bewegung, viele Positionswechsel. In der Vergangenheit bin ich eher vorne stehengeblieben und war Zielspieler. Das wird sich nun ändern“, sagt Ache.
Eines hat er seinem Trainer allerdings voraus. Während Kwasniok zu Beginn der Woche noch erklärte, eine Wohnung zu suchen, hat Ache bereits eine Bleibe gefunden. In den nächsten Wochen will er aus dem Hotel in sein neues Zuhause ziehen.