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Xhaka und der WaffenwunschBayer 04 reist mit Problemen im Gepäck aus Rio ab

5 min
18.07.2025, Brasilien, Rio de Janeiro: Fußball: Testspiele, Flamengo U20 - Bayer Leverkusen, Stadion Da Gavea. Leverkusens Erik ten Hag am Spielfeldrand. Foto: Joao Gabriel Alves/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Leverkusens Erik ten Hag am Spielfeldrand beim Testspiel in Rio de Janeiro.

Bayer 04 Leverkusen hat sein Trainingslager in Rio de Janeiro beendet. Das Fazit fällt gemischt aus, es sind einige Probleme im Gepäck.

Eine letzte, kurze Einheit im Morgengrauen am Strand von Rio de Janeiro, dann war es vorbei. Neun Tage Trainingslager in Brasilien fanden am Mittwoch für Bayer 04 ihr Ende. Um 15.45 Uhr Ortszeit hob die Chartermaschine mit dem Werkself-Tross vom Flughafen Antônio Carlos Jobim Richtung Köln ab. Im Gepäck: schöne Erinnerungen, schwere Beine und einige Baustellen.

Das Fazit

Das Resümee der Verantwortlichen fällt generell gut aus, wobei die Bedingungen nicht optimal waren. „Auf einer Skala zwischen Null und Zehn würde ich eine Sieben bis Acht geben“, sagte Fernando Carro, Vorsitzender der Geschäftsführung. Täglich anderthalb Stunden Fahrt im Bus trotz Konvois mit Motorrädern, die die Zufahrtsstraßen absperrten, zehrten an den Nerven.

Die Rasenplätze – sowohl im Trainingszentrum von Gastgeber CR Flamengo als auch beim Testspiel im Estadio de Gavea – konnten qualitativ nicht mit dem Standard von Bayer 04 mithalten. „Die Erfahrung für die Spieler, das Wetter, das Atmen von Fußball in Brasilien, die Erlebnisse im Maracana oder bei der Christusstatue, das ganze Drumherum hat gepasst. Es war eine gelungene Reise. Sportlich wurde hart trainiert“, sagte Carro, der die Beziehung zwischen Flamengo und Bayer 04 durch ein Essen mit Präsident Luiz Eduardo Baptista vertiefte. Auch der neue Trainer Erik ten Hag zeigte sich zufrieden mit der Dienstreise über den Atlantik: „Die Mannschaft hat gut mitgezogen, das war positiv. Jeder kommt gut raus aus dem Trainingslager, ohne Verletzung, das war sehr wichtig. Wir haben hier sehr hart, sehr intensiv gearbeitet und so eine gute Grundlage gelegt.“

Die Causa Xhaka

Den Transfer-Wirbel brachte Bayer 04 bereits mit ins Trainingslager. Doch statt ihn in Brasilien zu beruhigen, wütet er auf dem Rückweg noch heftiger. Granit Xhaka, ausgemachter Führungsspieler, durfte während des gesamten Aufenthalts auf Ansage des Klubs keinen Mucks von sich geben, obwohl er sich gerne zur Frage nach seiner Zukunft geäußert hätte. Das erledigte dafür sein Berater Jose Noguera am Tag vor dem Abflug. „Wir haben mit dem AFC Sunderland eine grundsätzliche Einigung erzielt. Granit will in die Premier League zurückkehren. Sunderland begeistert ihn – er will diese Herausforderung annehmen. Wir hoffen, dass Leverkusen seinen Wechselwunsch respektieren wird und dass die Klubs bald eine Einigung finden“, sagte er bei Sky.

Das führte dazu, dass sich der Trainer zu einer Äußerung hinreißen ließ, die eher einem Sportgeschäftsführer zusteht. „Sein Berater kann alles sagen. Aber unser Klub hat drei wichtige Spieler abgegeben und wir werden nicht noch mehr Spieler abgeben. Das geht nicht“, sagte Erik ten Hag. „Das würde die Struktur und Kultur der Mannschaft schädigen. Granit ist ein Führungsspieler. Er hat hier für fünf Jahre unterschrieben, hat noch drei Jahre Vertrag. Er ist zu wichtig für uns, um ihn abzugeben.“ Der Coach will sich mit diesem Schachzug vor allem absichern. Das Motto: Ohne Führungsspieler kann ich den Ambitionen in Leverkusen nicht gerecht werden.

Die etwas übergriffige Aussage nahm Simon Rolfes gewohnt gelassen hin: „Ich habe auch immer gesagt, dass Granit eine wichtige Führungspersönlichkeit ist und sportliche Qualität hat. Von daher haben der Trainer und ich eine sehr ähnliche Sichtweise.“ Eine generelle Absage erteilte Rolfes einem Transfer Xhakas nicht. Bayer 04 will eine aus seiner Sicht angemessene Ablösesumme kassieren. Rund 20 Millionen Euro werden gefordert, Sunderland bietet bisher nur zehn. Zum öffentlichen Druck durch die Aussagen von Xhakas Berater sagte Rolfes: „Am Ende muss er wissen, wie er damit umgeht. Er weiß, dass man die Vertragssituation, die man eingeht, respektieren muss. Genauso wie wir Sachen auch respektieren müssen.“

Die Transfers

Die Kaderplanung ist beim Vizemeister noch nicht abgeschlossen. Erik ten Hag wird nicht müde, zu betonen, dass er weitere gute Spieler braucht, um das Ziel, Titel zu gewinnen, anzugehen. Im Interview mit dieser Zeitung hatte er zu Beginn des Trainingslagers gesagt: „Wir haben noch Baustellen. Das ist eindeutig. Wir sind nach wie vor auf der Suche nach sinnvollen Verstärkungen.“ Nach einer Woche Arbeit mit seinem Kader verschärfte der Coach die Aussage. „Wir brauchen Waffen“, sagte ten Hag. „Wir haben bereits Waffen, aber wir müssen Stürmer wie Patrik Schick oder Victor Boniface in Stellung bringen. Da fehlt es noch. Wir müssen hart daran arbeiten, dass wir solche Spieler bekommen, die das können. Einen haben wir: Malik Tillman, der bald dazukommt. Aber wir brauchen noch mehr.“

Ein klarer Arbeitsauftrag an Rolfes und Fußballdirektor Kim Falkenberg. „Waffen sind immer gut, um Fußball zu spielen“, sagte Rolfes lachend. „Dass der Kader noch nicht das finale Gesicht hat, ist klar. Wir versuchen, noch was zu machen. Tillman kommt jetzt bald dazu, das ist eine wichtige Personalie für die Mannschaft. Wir werden schon noch ein bisschen am Gesicht bauen.“ Auf der anderen Seite stehen weiter Spieler, die ihre Überlegungen öffentlich gemacht haben, den Klub zu verlassen: Xhaka, Amine Adli, Alejandro Grimaldo oder Patrik Schick, der als Einziger aber ein klares Wechselverbot erteilt bekommen hat. Der Stürmer und der Verein sind in Verhandlungen über eine Vertragsverlängerung.

Auch Robert Andrich kokettierte mit einem Abschied, falls es mit einem Trainer nicht passen sollte. Der Nationalspieler legte aber ein sehr gutes Trainingslager hin, ging voran, wirkte topfit. Ten Hag ließ Andrich in Trainingsspielen und auch beim Testdebakel (1:5) gegen Flamengo häufig in der Dreierkette spielen. „Der Kader ist auch hinten noch nicht ausbalanciert, Jarell Quansah kam später dazu, deshalb hat Rob öfter Dreierkette gespielt. Ich habe ihn aber auch der Sechs eingesetzt. Er kann beides spielen“, sagte ten Hag.

Die Baustellen

Viele Fragen bleiben nach den neun Tagen in Rio de Janeiro noch offen. Wer wird neuer Kapitän? Vor allem, wenn Xhaka noch gehen sollte. Lukas Hradecky trug bisher die Binde am Arm, dürfte aber vermutlich seinen Stammplatz an Zehn-Millionen-Euro-Zugang Mark Flekken abgeben. Die Rollenverteilung im Tor ist noch nicht endgültig geklärt. Neue Erkenntnisse soll das kommende Testspiel bringen. Am Sonntag gastiert die Werkself bei Bundesliga-Absteiger VfL Bochum im Ruhrstadion (18 Uhr). Auf die Werkself wartet vor dem Pflichtspielstart Mitte August noch viel Arbeit – auf und neben dem Platz.