Nach Sieg gegen BayernRolfes rechnet mit Verbleib von Xabi Alonso und Florian Wirtz

Lesezeit 5 Minuten
Xabi Alonso und Simon Rolfes.

Xabi Alonso und Simon Rolfes.

Bayer 04 glänzt mit einer meisterlichen Leistung, ist jetzt Titelfavorit und wird von allen Seiten mit Lob überschüttet.

Die wohl entscheidenden Sätze, um das 3:0 von Bayer Leverkusen gegen den FC Bayern zu erklären, sagt Jonathan Tah am späten Samstagabend im Bauch der Bay-Arena: „Als wir das gesehen haben in der Kabine, war das ein schönes Gefühl. Da haben wir noch einmal gespürt, wie viel Respekt sie vor uns haben. Das hat uns Mut und Selbstvertrauen gegeben, um in das Spiel zu gehen und ihnen die Stirn zu bieten.“

Der Leverkusener Verteidiger bezieht sich auf die Aufstellung der Münchner. Thomas Tuchel hatte – völlig ungewohnt – auf eine Dreier-/Fünferkette gesetzt, um das 3-4-2-1 von Trainerkollege Xabi Alonso zu spiegeln. Damit lieferte der Bayern-Coach ganz offenbar neue Motivation für den Kontrahenten, der sich seiner Stärke noch einmal bewusster wurde. Dabei wurde vor der Partie nicht nur Tuchels, sondern auch Alonsos Aufstellung heiß diskutiert. Der Spanier verzichtete sowohl auf einen Mittelstürmer, ließ Patrik Schick und Borja Iglesias auf der Bank, setzte stattdessen auf die wendigen und schnellen Unruheherde Nathan Tella und Amine Adli, da auch Jonas Hofmann keinen Platz in der ersten Elf bekam.

Die größte Überraschung war aber, dass Jeremie Frimpong, vor dem Tuchel noch gewarnt hatte, ebenfalls auf der Bank Platz nahm. Für ihn startete Josip Stanisic, die Leihgabe des FC Bayern. Im Gegensatz zu Tuchel, der sich nach der Partie für seine taktischen Entscheidungen rechtfertigen musste, erntete Alonso reichlich berechtigtes Lob. Schließlich erzielte Stanisic nicht nur das 1:0 und arbeitete hervorragend in der Defensive mit, nein, Frimpong erzielte als Einwechselspieler auch noch den 3:0-Endstand. Und Tella bereitete das 2:0 durch Alejandro Grimaldo vor. Alle Maßnahmen zeigten also volle Wirkung. „Wir hatten die Idee, flexibel zu sein und haben teilweise mit vier Innenverteidigern gespielt. Besonders unsere drei Stürmer, Florian Witz, Amine Adli und Nathan Tella, sind sehr viel gelaufen, haben intensiv gearbeitet. Wenn man Spieler hat, die bereit sind, sich so aufzuopfern, ist eine Mannschaft insgesamt viel besser“, sagte Alonso.

Grimaldo wagt sich verbal aus der Deckung

Nicht nur Wirtz, Adli und Tella waren dazu bereit, Bayer 04 verteidigte im Kollektiv überragend und ließ über 90 Minuten keinen Abschluss zu, den Torhüter Lukas Hradecky hätte entschärfen müssen. Die Reihen waren geschlossen, die Abstände stimmten. Und damit hatte Leverkusen seinem Gegner einiges voraus. Die Bayern waren zwar in den ersten zehn Minuten gut ins Spiel gekommen, die Werkself wusste mit dem Druck nicht umzugehen, schlug mehr lange Bälle als in der gesamten Spielzeit zuvor. Doch leichtsinnige Fehler von Dayot Upamecano und Manuel Neuer luden Bayer 04 immer mehr ins Spiel ein. Die Führung durch Stanisic nach 18 Minuten gab der Werkself dann den Schub, um den Rest der Partie mit großem Selbstvertrauen anzugehen.

Während der Rekordmeister immer ratloser wurde, setzte Bayer 04 immer wieder offensive Nadelstiche. Nach der Pause spielten Alejandro Grimaldo und Tella einen einfachen Doppelpass, der die rechte Defensivseite der Bayern zum Kollaps brachte – 2:0 (50.). Es war die Vorentscheidung gegen ratlose Gäste.

Grimaldo war nach dem Spiel der einzige Bayer-Angestellte, der sich auch verbal etwas aus der Deckung wagte: „Vom Vizekusen-Mythos habe ich gehört. Aber vielleicht können wir dieses Jahr ja tatsächlich die Meisterschaft gewinnen.“ Seine Kollegen blieben bei der Marschrichtung, lieber Taten sprechen zu lassen. „Es gibt noch ein paar Punkte zu holen“, sagte Tah: „Aber jeder weiß, was passiert, wenn wir viele Punkte sammeln.“ Torhüter Lukas Hradecky, der nach dem weitgehend beschäftigungslosen Fußballabend seine Energie auf dem Zaun in der Nordkurve beim Feiern mit den Fans loswerden konnte, betonte: „Das war ein Super-Schritt in unserem Saison-Marathon. Es sind noch 13 Schritte zu gehen. Wir wissen, dass wir gegen die Bayern konkurrieren. Wir müssen demütig bleiben. Aber wir wissen, was wir können.“

Alonso richtet Fokus schon auf Heidenheim

Es ist allerdings auch relativ egal, was die Spieler zu Protokoll geben, die Tabelle hat genug Aussagekraft in Bezug auf die Rolle des Titelfavoriten. „Wir sind natürlich zufrieden. Aber wir haben erst Februar“, sagte Alonso, der schnell die Aufgabe beim überraschend souverän auftretenden Aufsteiger 1. FC Heidenheim am kommenden Samstag (15.30 Uhr) im Kopf hatte. „Heute dürfen wir feiern. Vielleicht morgen auch noch“, sagte der Spanier: „Aber ab Montag beginnt die Vorbereitung auf das neue Spiel. Das ist Fußball.“ Die Experten sind sich längst einig, welcher Verein derzeit das beste Team der Bundesliga stellt. „Leverkusen spielt einen Fußball in letzter Zeit, der in einer eigenen Liga ist“, sagte Rekordnationalspieler Lothar Matthäus, Alonso sei dabei ein „Anführer, der alles im Griff hat“. Das Topspiel am Samstagabend sei ein „Klassenunterschied auf höchstem Niveau“ gewesen.

Die sagenhafte Saison der Werkself, die mittlerweile 31 Pflichtspiele ohne Niederlage ist, unterstreichen alle Zahlen. Mehr als 55 Punkte nach 21 Spieltagen gelangen bisher nur zwei Teams: den ebenfalls sehr dominant auftretenden Bayern jeweils unter Pep Guardiola: 2013/14 mit 59 Zählern (90 Punkte am Saisonende), 2015/16 waren es 56 mit Alonso als Spieler (am Ende 88).

Dass dieser Erfolg Begehrlichkeiten weckt, liegt in der Natur der Sache. Besonders im Fokus sind dabei zwei Protagonisten: Xabi Alonso und Florian Wirtz. Der Trainer hat noch einen Vertrag bis 2026 und gilt als Nachfolgekandidat für Jürgen Klopp in Liverpool im Sommer. „Das eine sind Verträge, das andere, wie wohl er sich fühlt. Er weiß, dass wir im nächsten Jahr eine Top-Mannschaft haben werden“, sagte Bayer-04-Sportgeschäftsführer Simon Rolfes am Sonntag beim „Sport1-Doppelpass“. Zu Wirtz, der noch bis 2027 Vertrag hat, sagte Rolfes: „Ein Verbleib ist für ihn das Richtige. So wie er spielt, merkt man, dass er ein Umfeld hat, in dem er sich entwickeln kann.“

KStA abonnieren