Der Bayer-VorkämpferRobert Andrich will weiter laut seine Meinung sagen

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Robert Andrich im Training

Leverkusen – Robert Andrich erlebt im gesetzten Fußballer-Alter von fast 28 Jahren immer noch Neues. Am Montag kam er aus dem Urlaub und fand sich bei Bayer 04 Leverkusen in einer Gruppe mit vielen Nachwuchsspielern und nur wenigen gestandenen Profis wieder. „Es ist das erste Mal für mich, das Training so zu beginnen, während viele Nationalspieler fehlen. Außerdem hatte ich fünf Wochen lang keinen Ball am Fuß. Da braucht man schon einen Moment. Es ist insgesamt ein bisschen ungewohnt“, erklärte der Potsdamer nach der ersten Einheit am Dienstag.

Er befindet sich im Gegenteil der Situation, die er 2021 in Leverkusen antraf. Sein Transfer von Union Berlin zu Bayer 04 kam erst nach dem ersten Bundesliga-Spiel zustande. Ohne Vorlauf, ohne Kennenlernen, wurde er Teil einer anderen Mannschaft. „Das war nicht so einfach, mich da zurechtzufinden“, erinnert sich der Mittelfeldspieler. „Ich habe auch einen Moment gebraucht, aber dann ist so gelaufen, wie ich es mir besser nicht hätte vorstellen können. Ich habe hier sehr viele Minuten gesammelt, viele Spiele gemacht, bin immer wichtiger geworden in kurzer Zeit. Das konnte ich so nicht voraussehen, das hatte ich mir allenfalls erträumt.“

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Robert Andrichs Transfer war einer, der aus dem bekannten Leverkusener Muster fiel. Im Alter von 25 Jahren, wenn das typische Leverkusener Talent schon gewinnbringend verkauft ist oder mehrere hundert Pflichtspiele in der Bundesliga und im Europapokal auf dem Buckel hat, spielte Andrich noch beim 1. FC Heidenheim in der Zweiten Liga auf der Schwäbischen Alb. Man hielt seine Verpflichtung für den Versuch, dem Team nach dem Abschied der Bender-Zwillinge eine Dosis Haltung, Unbeugsam und Charakter zu injizieren. Qualitäten, für die der Kämpfer Andrich bei Union Berlin stand.

Die Überraschung aber war, wie gut er dabei auch kicken konnte. Und so waren die 6,5 Millionen Ablöse bestens investiert. Andrich hat seinen Marktwert verdoppelt und ist aus dem Team nicht mehr wegzudenken.

Vor allem, weil er für die nötige Lautstärke sorgt, wenn es nach Rückschlägen in Leverkusen wieder mal leise wird. „Es gehört dazu, auch draußen vor der Mannschaft mal einen zur Sau zu machen - auch wenn es natürlich nicht persönlich gemeint ist.  Nur Friede, Freude, Eierkuchen? Dann läuft's nicht!", hat er nach dem ernüchternden Ende des Jahres 2021 Anfang Januar geschimpft.

In der Rückrunde ist die Werkself trotz erheblichen Verletzungspechs zu einer Einheit geworden, die sich den dritten Platz am Ende auch mal mit entschlossenem Defensivfußball erkämpft hat. „Ob unser Aufschwung danach etwas damit zu tun hatte, weiß ich nicht. Aber es war einfach für mich wichtig, für meinen inneren Schweinehund, einfach etwas zu sagen, nicht nur in den Medien, sondern auch intern“, erklärt Andrich jetzt, „das sind Dinge, die im Fußball eben passieren. Dass es einmal nicht läuft und man der Meinung ist, man muss jetzt mal ein bisschen klarer werden, weil es nicht besser wird, wenn man sich nur streichelt.“

Andrich bleibt beim Thema Nationalmannschaft defensiv

Robert Andrich kann sich vor allem deshalb hin und wieder zum Wortführer aufschwingen, weil er im defensiven Mittelfeld zum  Führungsspieler einer bis an die Zähne mit Talent bewaffneten Mannschaft geworden ist. Er glänzt regelmäßig als Vorkämpfer, Vorbereiter und auch Torschütze. Das Thema Nationalmannschaft, in seinem Zusammenhang bereits aufgekommen, will er allerdings defensiv behandeln. „Ich tu ganz gut daran, einfach mein Ding zu machen, gar nicht zu spekulieren und nicht zu viel darüber nachzudenken. Wenn ich mich auf den Klub konzentriere, wir als Mannschaft erfolgreich sind und ich gut spiele, dann gerät man automatisch in den Fokus. Und dann schauen wir einfach mal, was dabei rauskommt.“

Die Bemühungen seines Arbeitgebers, die besten Spieler auch unter Einsatz von viel Geld zu halten, hat Andrich mit Freude registriert. Die Vertragsverlängerungen mit Patrik Schick und Florian Wirtz sieht er als Signal: „Ich hoffe nicht, dass sich jemand verabschiedet. Es tut uns nicht gut, wenn sich personell zu viel verändert. Ein paar Veränderungen wird es geben, das ist klar, aber ich hoffe, dass wir den Stamm im Großen und Ganzen behalten.“

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