Leverkusen gewinnt in MünchenMit Herz und Moral und einem Riesenhaufen Glück

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Die Bayer-Spieler sind glücklich über den Sieg in der Allianz-Arena.

München – Das Wichtigste zuerst

Bayer 04 Leverkusen hat am Samstagabend eines der spektakulärsten Spiele der Saison beim FC Bayern München mit 2:1 Toren gewonnen. Dabei halfen ungewohnte Eigenschaften: Effektivität, Abwehrschlachtkönnen und auch Glück. Es war erst der zweite Bayer-Sieg in den letzten 30 Spielen in München.

Die Tore

Das 0:1 in der 10. Minute wurde eingeleitet durch einen Ballverlust von Alphonso Davies, den Charles Aranguiz blitzschnell zu einem Pass in die Tiefe auf Volland nutzte, der ebenso blitzschnell den davon sprintenden Leon Bailey bediente. Der Jamaikaner blieb vor Manuel Neuer eiskalt und verwandelte mit dem linken Fuß ins rechte Eck. Der Ausgleich in der 34. Minute wurde eingeleitet von einem Ballverlust von Sven Bender, Kollege Tah sprang unter dem Ball hindurch, Thomas Müller schoss verdeckt, der Ball landete von Sven Bender leicht abgefälscht über die Fingerspitzen von Torhüter Hradecky hinweg im Tor.

Eine Minute später leitete Leon Bailey mit einem Doppelpass mit Kevin Volland einen Blitz-Konter ein, den er mit einem zweiten Präzisionsschuss selbst vollendete. Diese Aufzählung wäre hier ins Unendliche gegangen, wenn die Bayern wenigstens ihre größten Torchancen genutzt hätten. Und wenn die drei Pfosten- und Lattentreffer durch Lewandowski und Goretzka den Weg ins Tor gefunden hätten. Haben sie aber nicht.

Das war gut

Die Bereitwilligkeit, mit der das Team von Bayer 04 die Außenseiterrolle annahm, auf jeden Versuch zu Ballbesitzfußball verzichtete und sich mit jener Moral und Leidensfähigkeit gegen potenziell überlegene Bayern stemmte, mit der sich Außenseiterteams sonst gegen die Werkself stemmen, so wie das der SC Freiburg sieben Tage zuvor in der BayArena getan hatte. Ferner war gut die Konsequenz im Ausnutzen der ersten beiden Torchancen durch Bailey und ein Riesenhaufen Glück, den zuletzt vor allem die Leverkusener Gegner hatten.

Das war schlecht

Womöglich wird das der Preis dieses Sieges sein. Leon Bailey und Charles Aranguiz humpelten mit Fuß- und Beinverletzungen offenbar wirklich schwer angeschlagen vom Platz. Außerdem ging Wendell angeschlagen und sah Jonathan Tah die Rote Karte. Sie alle drohen in den nächsten Wochen auszufallen.

Mann des Spiels

Leon Bailey. Und Lars Bender. Und Lukas Hradecky. Der eine durch seine Tore, die an den Leon Bailey erinnerten, der zuletzt vor zwei Jahren bei einem 4:4 im Auswärtsspiel bei Hannover 96 alles durcheinander wirbelte. Alle Eigenschaften, die der Jamaikaner in München zeigte, schienen zwischenzeitlich verloren gegangen. Jetzt sind sie wieder da. Lars Bender war Turm in der Schlacht und Lukas Hradecky Hexer auf der Torlinie.

Moment des Spiels

Ereignete sich in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit. Der FC Bayern rannte nach einem Leverkusener Ballverlust mit drei Mann auf Lukas Hradecky zu. Vor ihnen nur Luft und der Strafraum. In der Mitte am Ball Serge Gnabry, rechts Torjäger Robert Lewandowski, links Ivan Perisic. Im Strafraum legte Gnabry weiter auf Perisic, Hradecky war geschlagen, der Kroate wollte genüsslich einschießen. Da tauchte aus dem Nichts nach einem Panthersprung Lars Bender mit der Fußspitze auf, störte Perisic beim Schuss und verwandelte den Torschrei auf den Lippen zigtausender Bayern-Fans in Laute des Entsetzens und der Fassungslosigkeit.

Das sagen die Trainer

Hansi Flick (FC Bayern München): „Für jeden Zuschauer, der heute im Stadion ist, war das heute ein absoluter Genuss. Leverkusen kann auch sehr gut Fußball spielen. Ich kann meiner Mannschaft heute eigentlich keinen großen Vorwurf machen, außer, dass wir die Tore nicht gemacht haben. Leverkusen spielt außergewöhnlich und hat viel Geschwindigkeit. Wir haben aber Einsatzfreude und Spielfreude gezeigt. Es ist ärgerlich, so ein Spiel zu verlieren.“

Peter Bosz (Bayer 04 Leverkusen): „Heute haben wir sehr, sehr viel Glück gehabt. Wir haben gegen eine wirkliche Top-Mannschaft gespielt. Wir haben diese Saison auch gegen Juventus und Atlético gespielt, aber so wie heute haben wir nie unter Druck gestanden. Ich weiß, wie sich Hansi Flick heute fühlt, so haben wir uns die letzten Wochen nach Spielen wie gegen Freiburg auch gefühlt. Wir hätten zwar auch das dritte Tor machen können, dennoch hätte ich das Glück, das wir heute hatten, gern auf mehrere Woche verteilt gehabt. Dann hätten wir heute mehr Punkte. Dennoch bin ich sehr zufrieden mit der Moral meiner Mannschaft.“

Das sagen wir

Bayer 04 Leverkusen gelang ein unwahrscheinlicher Erfolg auf unwahrscheinliche Art, allerdings einer, der für die Ambitionen des Klubs unglaublich wichtig war. Die drei Punkte sichern Anschluss an die große Gruppe der Champions-League-Aspiranten. Statt möglichen fünf Punkten Rückstand trennen Bayer 04 von Platz vier und Bayern München nur zwei. Nach vielen Spielen der Frustration über ungenutzte Überlegenheit gegen kleinere Gegner bewies Leverkusen diesmal Herz und Moral und landete einen großen Sieg, nach dem alle gelechzt haben beim Werksklub.

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