Dirk Nowitzki im Interview„Köln ist ein tolles Pflaster“

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Dirk Nowitzki

Dirk Nowitzki ist bei der EM als Botschafter tätig.

  • Dirk Nowitzki gehört mit über 31.000 erzielten Punkten zu den sechs besten Korbjägern der NBA-Geschichte.
  • Der Würzburger spielte 21 Jahre lang für die Dallas Mavericks in der NBA.
  • Zur EM im September wird Nowitzkis Nationalmannschaftstrikot unter die Hallendecke der Lanxess-Arena gezogen - und dann nicht mehr vergeben.

Herr Nowitzki, im Rahmen des Eröffnungsspiels der Basketball-EM am 1. September gegen Frankreich wird in Köln ihr Nationalmannschaftstrikot unter die Hallendecke der Lanxess-Arena gezogen und künftig nicht mehr vergeben. Was bedeutet Ihnen das? Es wird ein tolles Event, die ganze Familie wird dabei sein. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass mein Jersey mal international nicht mehr vergeben wird. Die 14 hat mir hat mir damals viel bedeutet. Die Trikotnummer habe ich ausgewählt, weil sie Charles Barkley bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona getragen hat, er war einer meiner Helden. Und die habe ich ja dann bei internationalen Spielen immer behalten. Das wird noch einmal sehr emotional. Dann reicht es aber auch, ich bin ja in den vergangenen drei Jahren sehr viel geehrt worden.

In Dallas ist ihr Trikot schon zu Beginn des Jahres unter die Hallendecke gezogen worden. Was ist Ihnen in dem Moment durch den Kopf gegangen?

Es ist eine Mischung. Man versucht, den Moment auf sich wirken zu lassen, erinnert sich aber auch an ein paar große Spiele. Es war alles, was ich mir je erträumt habe, ein wahnsinniges Gefühl. Es hat mich am meisten gefreut, dass es meine Eltern miterleben und meine Kinder langsam in das Alter kommen, in dem sie verstehen, was los ist: Dass Papa mal ein bisschen Ballspielen konnte. Ich habe mich sehr darauf gefreut, war aber auch ein bisschen nervös.

Warum waren Sie nervös?

Dirk gegen Frankreich

Dirk Nowitzki 2015 bei einem Länderspiel in Köln gegen Frankreich.

So eine große Rede von 15, 20 Minuten zu halten, ist ja nicht so mein Ding. Das mache ich ja nicht jeden Tag. Ich wollte mich eigentlich während des Spiels in der Lounge noch einmal auf meine Rede konzentrieren, aber das war gar nicht möglich, weil nur noch Party war. Tony Parker (ehemaliger Aufbauspieler der französischen Nationalmannschaft und der San Antonio Spurs, d. Red.) war da und unsere Meistermannschaft der Mavericks von 2011, dann ist noch unser ehemaliger Coach Avery Johnson dazugekommen. Wir haben nur noch alte Geschichten erzählt und einen Sekt getrunken – mit der Vorbereitung auf die Rede war’s vorbei.

Die EM-Spiele finden im Herbst in Köln und Berlin statt. Was verbinden Sie mit diesen beiden Städten?

Wir hatten bei der Heim-EM 2015 die Vorrunde in Berlin, es war mein letzter Auftritt für die Nationalmannschaft. Sportlich sind wir leider nicht in die nächste Runde gekommen, das war für mich sehr enttäuschend, zumal ich auch kein tolles Turnier gespielt habe. Aber der Abschied war unglaublich. Ich wollte eigentlich nach einem Interview nur noch kurz zu den Zuschauern gehen, aber die Standing Ovations, die ich bekommen habe – überwältigend. Da läuft es mir noch kalt den Rücken runter.

Ihre Erinnerungen an Köln?

Ich erinnere mich in erster Linie an das Olympia-Vorbereitungsspiel 2004 gegen die Amerikaner – Wahnsinn! Ich habe ja damals gar nicht gedacht, dass wir so eine große Halle füllen könnten, weil Basketball noch eher eine Randsportart war und so eine Atmosphäre vor 19 000 Zuschauern ist ja in Europa auch nicht selbstverständlich.

Sie haben knapp verloren.

Nach einem Wurf von Allen Iverson fast von der Mittellinie in letzter Sekunde, das werde ich nie vergessen! Die Atmosphäre in der vollen Arena und das ganze Drumherum war unglaublich.

Zur Person

Dirk Nowitzki, geboren am 19. Juni 1978 in Würzburg, ist verheiratet und hat drei Kinder. Der 2,13 Meter große Flügelspieler wechselte 1998 von der DJK Würzburg in die NBA und spielte 21 Jahre für die Dallas Mavericks. Mit  den Texanern gewann er 2011 den Titel und wurde als wertvollster Spieler (MVP) der Finalserie ausgezeichnet. Bereits 2007 war er als erster Europäer MVP der regulären Saison. Mit dem Nationalteam gewann er 2002 WM-Bronze und 2005 EM-Silber.  Fahnenträger  des deutschen Olympiateams bei den Spielen 2008 in Peking. (LR)

Dann passt es ja gut, dass Ihr Trikot hier unter die Hallendecke gezogen wird, zumal Köln eine Stadt mit begeisterungsfähigem Publikum ist.

Ja, ich glaube das passt sehr gut. Ich habe nur positive Erinnerungen. Als ich damals zur Premiere meines Films „Der perfekte Wurf“ hier war, habe ich eine schöne Zeit gehabt und mit der Delegation aus Dallas, die extra eingeflogen kam, ein paar schöne Nächte gefeiert. Köln ist ein tolles Pflaster, hier wird die Party abgehen. Da mache ich mir keine Sorgen. Köln ist eine sehr gute Wahl – nicht nur für meine Trikotzeremonie, sondern für die gesamte Vorrunde.

Was erhoffen Sie sich von der Europameisterschaft für den deutschen Basketball?

Solche großen Turniere in der Heimat können ja nur Werbung für den Sport sein. Hoffentlich hilft es, den Sport wieder populärer zu machen. Ich merke natürlich auch, dass die Footballer mit der NFL hier wahnsinnig bekannt geworden sind. Sie kommen ja jetzt auch nach München. Ich hoffe aber, dass wir um die EM herum einen Hype kreieren können. Vielleicht ähnlich, wie es bei den Handballern 2007 rund um die WM der Fall war. Ich erwarte, dass die Bude brennt.

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Haben Sie nach Ihrem Karriereende 2019 Abstand zu Ihrem Profileben gewonnen, oder denken und träumen Sie noch wie ein Spieler?

Nein, das kommt mir doch schon weit weg vor. Ab und zu vermisse ich es schon noch, aber das ist normal. Alles in allem fühle ich mich sehr wohl im Leben. Ich genieße die Zeit mit den Kindern. Ich bin in der glücklichen Situation, mein eigener Boss zu sein. Ich kann mir raussuchen, was ich machen will. Ich interessiere mich für vieles. Auch dafür, als Berater der Mavericks mal hinter die Kulissen schauen zu können oder jetzt als EM-Botschafter für Deutschland tätig zu sein.

Haben Sie noch häufig einen Ball in der Hand?

Meistens mit den Kindern. Sie spielen aber noch nicht viel Basketball, eher Fußball und Tennis. Aber ab und zu nehmen sie im Garten auch mal einen Basketball in die Hand und da habe ich vor ein paar Wochen mal wieder ein paar richtige Würfe genommen – hat sich schon echt total komisch angefühlt. Es war auch mein Ziel, nach der Karriere erst einmal komplett Abstand zu gewinnen. Aber ich werde dem Basketball erhalten bleiben.

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