Kommentar zum RücktrittTönnies befreit Schalke – von Clemens Tönnies

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Schalke-Patron Clemens Tönnies

  • Die rassistischen Äußerungen des Schalker Patrons waren ohne nachhaltige Folgen geblieben.
  • Dass im Fleischbetrieb des 64-Jährigen unerträgliche Bedingungen herrschten, war bekannt.
  • Nun hat Tönnies selbst die Konsequenzen gezogen und seinen Rückzug aus dem Schalker Aufsichtsrat erklärt.

Köln – Entschuldigen kann man sich nicht, man kann allenfalls um Verzeihung bitten, das hat Clemens Tönnies mittlerweile womöglich gelernt. Seine Rede vor der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe, in der er vorschlug, in „Afrika“ – Tönnies hält den Kontinent mit 1,3 Milliarden Menschen in 55 Staaten offenbar für ein einzelnes Land – Kraftwerke zu finanzieren, damit die Leute dort aufhörten „wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren“, war zum Beispiel nicht zu entschuldigen.

Gnadenlose Ausbeutung

Dass zudem in seinem Fleischimperium Menschen gnadenlos ausgebeutet werden, war seit Jahren bekannt und ist nun durch die Folgen der Corona-Pandemie der Öffentlichkeit endlich in einer Weise vermittelt worden, die sie interessiert. Denn plötzlich wurde da eine Tönnies-Geschichte erzählt, die nicht „in Afrika“ spielte oder auf überfüllten Matratzenlagern irgendwelcher Schweinezerleger. Es waren Menschen krank, die Würste produzieren, die wir essen. Menschen, von denen möglicherweise eine Ansteckungsgefahr ausgeht, wegen derer ein Lockdown verhängt wurde. Das war dann interessant.

Erlösmodell im Scheinwerfer

Es ist oft davon die Rede gewesen, ob Corona  auch  Gutes bewirkt habe. Diese Debatte ist mittlerweile verstummt, zu viele Menschen sind gestorben. Doch immerhin hat das Virus nun geholfen, einen Scheinwerfer auf das Erlösmodell der Firma Tönnies zu richten und darauf, wie  dort mit Mensch und Tier umgegangen wird. Das kann nur gut sein.

Die Wucht der Tradition

Nun hat Clemens Tönnies den FC Schalke 04 von Clemens Tönnies befreit, die Fans können wieder eine gemeinsame Geschichte erzählen. Die Zuneigung zu einem Verein verbindet Menschen über viele Grenzen hinweg: Ein Schalke-Fan fühlt sich einem anderen Schalke-Fan verbunden – egal, ob er Christ ist oder Buddhist oder womöglich sogar „aus Afrika“ kommt. Das gemeinsame Empfinden macht einen Traditionsverein aus. Und egal, wie schlimm Schalke gerade wieder in der Bundesliga dilettiert, wie armselig die Mannschaft auftritt: Wer im Gelsenkirchener Stadion ein Fußballspiel erlebt, der spürt die Wucht des Traditionsvereins.

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Denn Schalke ist noch immer ein Mythos, dessen Menschen mehr verdient haben als Clemens Tönnies im Chefsessel. Es ist daher eine gute Nachricht für Schalke, dass sich Tönnies  zum Rücktritt entschieden hat – gewiss auch, weil die Schalker begonnen haben, gegen den Patriarchen auf die Straße zu gehen.

Die schlechte Nachricht ist, dass es so lange gedauert hat.

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