Neustart-KommentarDie Bundesliga bekommt nur eine Chance – und das wird nicht lustig

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Das ist ein Geisterspiel. Szene aus Mönchengladbach gegen Köln vom 11. März.

  • Der deutsche Profi-Fußball spielt inmitten aufgeheizter Debatten um sein Überleben.
  • Die Gründe für Generalkritik am entrückten System bestanden alle schon vor der Unterbrechung.
  • Geisterspiele sind ein Test dafür, ob der Fußball zu Dankbarkeit in der Lage ist

Köln – Wie erwartet hat der deutsche Profi-Fußball von der Politik die Chance bekommen, seinen Geschäftsbetrieb in Form von Geisterspielen wieder aufzunehmen. Das ist eine Chance, an der sich die Geister scheiden. Für die Meinung, es handle sich hierbei um die Bevorzugung eines gesellschaftlich nicht relevanten Gesellschaftsbereiches gibt es ebenso Gründe wie für ihr Gegenteil: Eine populäre Branche sollte die Chance bekommen, tausende Arbeitsplätze und ihren Markt zu retten.

Klar ist jedoch: Eine zweite Chance wird es nicht geben. Den Fußball-Profis, an deren Verstand seit dem Kabinenvideo des mittlerweile gefeuerten Hertha-Spielers Salomon Kalou weite Teile der Bevölkerung zweifeln, wird nichts mehr verziehen. Alles geschieht auf Bewährung.

Vom höchsten Funktionsträger bis hinunter zum Zeugwart sollte allen klar sein, dass die Abwicklung der letzten neun Spieltage der Corona-Saison kein Spaß wird. Die Spiele werden sich nicht wie Fußball anfühlen. Der Frust der ausgeschlossenen Fans wird nicht verschwinden. Der sportliche Wert gewonnener Titel wird zweifelhaft sein. Die Diskussionen um Aufwand und Ertrag dieser versuchten Rettungsaktion werden nicht enden. Aber sie ist für viele Vereine die einzige Chance, finanziell zu überleben.

Die Kritik der Basis richtete sich nie direkt gegen die Spieler

Bei aller Emotionalität in der Wertediskussion sollte nicht vergessen werden, dass sämtliche Anlässe zur Kritik am Profi-Fußball schon vor der Corona-Krise bestanden haben. Dennoch waren bis zum Geisterspiel zwischen Mönchengladbach und Köln am 11. März die Stadien voll, die Fernsehquoten gigantisch, Anbieter und Kunden in diesem Exzess-Geschäft der Meinung, dass sie in einer vergleichsweise normalen Geschäftsbeziehung zueinander stehen. Die finanzielle, gesellschaftliche und persönliche Entrücktheit der im Profi-Fußball handelnden Personen war bekannt, wurden aber mehrheitlich als zeittypisch hingenommen.

Die Kritik der Fan-Basis richtete sich nie direkt an den jetzt beschimpften Millionär in kurzen Hosen, sondern gegen das System, in dem diese Basis-Fans jedoch die privilegierte Rolle der Einpeitscher übernehmen durften, die das Recht hatten, mehr oder weniger milde sanktioniert gesellschaftliche Konventionen zu verletzen. Die Debatte darüber, ob man den Klubmäzen Dietmar Hopp einen „Hurensohn“ nennen darf oder nicht, wurde noch vor wenigen Wochen mit großer Ernsthaftigkeit geführt.

Wenn Corona dem Fußball eine Chance bietet, dann diese: Runterkommen, über das Wesentliche nachdenken, finanziell zurechnungsfähig werden, dankbar sein. Der erste Test dafür, ob das gelingen könnte, werden die Geisterspiele sein.

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