Kölner EM-Sensation Lea MeyerDer Lauf ihres Lebens

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Lea Meyer München

Grenzenlose Freude über EM-Silber bei der Kölnerin Lea Meyer

Köln/München – Im Moment ihres größten Triumphs schickte Lea Meyer (24) einen Gruß Richtung Himmel. „Henning von Papen hat die Basis dafür gelegt, dass ich heute überhaupt hier stehe“, sagte die Athletin des ASV Köln nach ihrem fulminanten Lauf zur EM-Silbermedaille über 3000 Meter Hindernis. Bereits vor dem Startschuss war sie in Gedanken bei ihrem im Januar mit 69 Jahren verstorbenen Trainer gewesen: „Ich habe mir gesagt: Henning, dieses Rennen ist für dich.“

Zumal es von Papen war, der Meyer 2019 in seine Laufgruppe aufnahm und in ihr die Lust am Sport neu entfachte. Die Gedanken an ein vorzeitiges Karriereende waren endgültig vom Tisch. Die Erinnerung an ihren Coach und Mentor beflügelten Meyer in München nun zu einer Leistung, die sie endgültig in die europäische Elite katapultierten sollte: In 9:15,35 Minuten bewältigte die Kölnerin die siebeneinhalb Runden im Olympiastadion – und damit über zehn Sekunden eher als bei ihrem bis dato schnellsten Rennen Ende Juni in Stockholm (Schweden). „Ich hatte zwar eine persönliche Bestzeit angepeilt“, sagte das ASV-Ass. „Aber Silber war nicht mal annähernd in meinem Fokus.“

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So zeugten Meyers Tränen nach dem Rennen nicht nur von grenzenloser Freude, sondern auch von einem Hauch Ungläubigkeit. Zumal die Lehramtsstudentin diverse Rückschläge auf dem Weg zur Heim-EM hatte einstecken müssen. Der offensichtlichste ereilte sie fünf Wochen zuvor, als sie bei den Weltmeisterschaften in Eugene (USA) gleich in der ersten Runde kopfüber in den Wassergraben stürzte. Der unfreiwillige Tauchgang sollte zum Symbol des enttäuschenden deutschen WM-Abschneidens werden. Doch Meyer stand wieder auf – und zwar noch an Ort und Stelle. „Nach dem Sturz hatte ich nur einen Gedanken: Du musst noch eine Runde laufen, um das Hindernis wenigstens einmal unfallfrei zu meistern“, so die Kölnerin. „Ich hatte Angst, dass ein Trauma entstehen könnte.“ Am Ende sollte Meyer den Vorlauf sogar komplett beenden, klitschnass und spürbar frustriert.

Im anschließenden Höhentrainingslager in St. Moritz folgte der nächste Rückschlag. Meyer steckte sich mit dem Coronavirus an und war fast zwei Wochen lang außer Gefecht gesetzt. „Meine Tests waren zwölf Tage in Folge positiv“, so Meyer. Von den drei Wochen in der Schweiz konnte sie so nur eine einzige trainieren.

Titelverteidigerin Gesa Krause fehlt

Sogar eine EM-Absage stand im Raum. „Ich wollte nicht einfach nur dabei sein, sondern eine realistische Chance aufs Finale haben“, erläutert Meyer. Am Ende habe sie sich „bereit gefühlt“. Ihr Gefühl sollte sie nicht täuschen: In 9:39,55 Minuten gewann die Kölnerin ihren Vorlauf in beeindruckender Manier.

Doch es war nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was zwei Tage später passieren sollte: Angetrieben vom Münchner Publikum zog die ASV-Athletin in Abwesenheit der Titelverteidigerin Gesa Krause eingangs der letzten Runde an der Britin Elizabeth Bird (9:23,18 min) vorbei und lief letztlich ungefährdet auf Platz zwei. Schneller war an diesem Abend nur Luiza Gega (Albanien/9:11,31). Das Olympiastadion bebte und Meyers Gedanken waren bei jenem Mann, der an diesem Abend ganz sicher am lautesten applaudiert hätte.

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