Moritz Müller im Interview„Das ist eben Köln, so etwas geht nicht überall“

Lesezeit 5 Minuten
imago0046847692h

Haie-Kapitän Moritz Müller

  • Der Kapitän der Kölner Haie spricht im Interview über den Saisonstart, Corona und die Rettungsaktion „Immer wigger“.
  • Auch zum neuen Mitspieler Lukas Podolski hat Moritz Müller eine Meinung.

Köln – Herr Müller, auf einer Skala von eins bis zehn – wie glücklich sind Sie, dass die Saison der Deutschen Eishockey-Liga am 17. Dezember trotz Corona starten wird, nachdem der Beginn vorher zweimal verschoben worden war?

Moritz Müller: Zehn, ganz klar. Für unsere Sportart ist es unglaublich wichtig, dass es weitergeht. Die Ungewissheit war sehr belastend für uns alle. Es hieß ein paar Mal, dann und dann könnte es losgehen, aber dann ist es wieder verschoben worden. Es ist schön, jetzt die Gewissheit zu haben, dass wir wirklich anfangen. Natürlich hätte ich mir einen früheren Start gewünscht, aber viele Vereine mussten ja erst mal schauen, wie sie es finanziell bewerkstelligt bekommen, ohne Zuschauer zu spielen. Da gab es einige Gespräche zu führen. Alle Haie-Spieler haben, um dem Verein zu helfen, auf Teile ihrer Gehälter verzichtet. War es eine schwierige Entscheidung?

Ich sage es mal so: Bis zu 60 Prozent weniger zu bekommen, tut weh. Das ist nichts, wo man sofort sagt: Ja, hurra, ich bin dabei. Der Verein hat sich uns gegenüber aber äußerst fair verhalten. Ganz transparent sind uns alle Probleme dargelegt worden. Deshalb war es am Ende eine logische Konsequenz, dass wir zugestimmt haben. Denn sonst wäre für die Haie keine Saison möglich gewesen.

Alles zum Thema Lukas Podolski

Es muss, zumindest in der ersten Zeit, ohne Zuschauer gespielt werden. Sie hatten Anfang November beim Deutschland Cup mit der Nationalmannschaft schon das Erlebnis von Geister-Eishockey. Wie fühlt es sich an?

Es ist natürlich nicht das Gleiche. Streckenweise war es schon sehr komisch, zum Beispiel, wenn man in der leeren Halle die Nationalhymne hört. Es wird sicher auch ungewohnt sein, in der leeren Lanxess-Arena zu spielen. Aber da müssen wir durch, das Wichtigste ist, dass wir überhaupt spielen. Und man kann die Spiele im Fernsehen verfolgen. Auch die Partner und Sponsoren können sich präsentieren.

Sie trainieren seit gut einem Monat zur Überbrückung beim Zweitligisten Kassel Huskies, da die Haie noch bis Ende November in Kurzarbeit sind. Hat es Sie weitergebracht?

Auf jeden Fall. Ich habe es schon beim Deutschland Cup gemerkt, ich war einfach Training gewohnt. Ich fühle mich mittlerweile wieder auf dem Eis wohl. Eishockey ist halt eine spezielle Sportart. Man hat im Alltag keine Schlittschuhe an den Füßen und keinen Schläger in der Hand. Nach einer langen Pause braucht man Zeit, um wieder reinzukommen. Und diese Pause war sehr lang, Anfang März hatten wir die letzten Spiele.

Am 1. Dezember starten die Haie ins Trainingslager. Reichen zweieinhalb Wochen zur Vorbereitung?

Die Frage kann man wohl erst nachträglich beantworten. In einer perfekten Welt hätte man natürlich eine längere Vorbereitung. Aber es ist halt Corona, und alles ist ein bisschen anders als sonst. Man muss das Beste daraus machen.

Die Haie haben nur drei neue Profis verpflichtet, Maury Edwards, James Sheppard und Justin Pogge. Das Team ist eigentlich unvollständig und wird aus Kostengründen mit Junioren von den Junghaien aufgefüllt. Wie sehen Sie das?

Ich sehe darin eine Chance für die Jungs, sich zu präsentieren und in Rollen hinein zu spielen. Sie bekommen Eiszeit, die sie in einer normalen Saison wohl nicht bekommen hätten.

Oben mitzuspielen, dürfte aber schwer werden für den KEC. Oder?

In dieser Saison muss man erst mal schauen, wie die anderen aufgestellt sind. Wir sind ja nicht die einzigen, die vielleicht nicht ganz so einen Kader haben wie in den Jahren zuvor. Mal sehen, was passiert. Vielleicht entsteht ja auch eine eingeschworene Truppe aus der Situation heraus. Einfach abwarten und anfangen zu spielen. Ich zerbreche mir nicht den Kopf.

München und Mannheim wirken genauso stark wie immer. Berlin auch.

Ich denke, Schwenningen hat beim Magenta Cup (Vorbereitungsturnier mit acht Teams, d. Red.) gezeigt, dass sie ebenfalls eine gute Mannschaft haben. Bremerhaven hat auch ein gutes Team. Im Moment ist es aber schwer, Prognosen abzugeben.

Der Gehaltsverzicht der Haie-Spieler wird nicht zu einem Motivationsverlust führen?

Nein, es ist zwar viel Geld, das man verliert. Aber ist es ja nicht so, dass die Haie noch irgendwo Geld liegen haben und es uns nur nicht geben wollen. Wir wissen ja, wie es ist, Corona betrifft alle. Wir wollen jetzt einfach spielen. Und wir hoffen, dass es bald wieder normal wird.

Bei der „Immer Wigger“-Rettungsaktion haben die Haie-Fans dem Verein insgesamt mehr als eine Million Euro geschenkt. Durch die Dauerkarten-Besitzer, die den Haien ihr Geld überlassen haben, kam ungefähr eine halbe Million zusammen. Hat Sie das beeindruckt?

Ja, und wie! Auf der einen Seite muss man den Verein loben, die „Immer Wigger“-Aktion war wirklich gut gemacht. Aber auch die Fans. Das ist Köln, so etwas geht nicht in vielen Städten, dass die Leute derart für ihren Verein einstehen und in einer entscheidenden Phase so solidarisch sind. Zumal ja durch Corona viele Leute gerade selbst nicht besonders viel Geld haben. Das hat natürlich auch die Mannschaft in die Pflicht genommen. Wir können ja nicht sagen: Lasst mal die Fans spenden, wir wollen aber nicht verzichten.

Sie haben jetzt den neuen Mitspieler namens Lukas Podolski, der die Haie unterstützt hat und aufgrund einer Wette zum KEC-Profi wird, obwohl er eigentlich Fußballer ist. Was ist von ihm zu erwarten?

Das könnte Sie auch interessieren:

Kabinenansprachen zum Beispiel. Eine linke Klebe hat er auch.

Kann er Schlittschuhlaufen?

Das müssen wir noch klären. Aber im Ernst: Lukas hat uns viel Aufmerksamkeit gebracht, dafür sind wir ihm sehr dankbar. Er meint es auch ernst, die Haie liegen ihm wirklich am Herzen. Er ist oft beim Eishockey und interessiert sich wirklich für die Kölner Haie.

Das Gespräch führte Christiane Mitatselis 

KStA abonnieren