RWE-Trainer Uwe Koschinat bekommt nach dem Pokalaus gegen Oberhausen einiges an Gegenwind ab. Nun kommt Viktoria Köln nach Essen.
„Richtungsweisendes“ Spiel gegen Viktoria KölnUnruhe an der Essener Hafenstraße

Uwe Koschinat, Trainer von Rot-Weiss Essen
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Die Großwetterlage an der Hafenstraße ist durchwachsen dieser Tage. Und Uwe Koschinat, Coach des Drittligisten Rot-Weiss Essen, bekommt einiges an Gegenwind ab. „Als Trainer eines solchen Traditionsvereins stehst du ständig mittendrin im Sturm. Die emotionalen Ausschläge sind groß“, sagt der 54-Jährige, einst Erfolgscoach des SC Fortuna Köln, im Gespräch mit dieser Zeitung.
Zuletzt gab es einen gewaltigen Ausschlag nach unten. In der zweiten Runde des Niederrheinpokals musste sich RWE dem klassenniederen Rivalen Rot-Weiß Oberhausen 2:3 geschlagen geben – es kam zu Pfiffen und Buhrufen. Zumal Essen auch in der Meisterschaft, nach zehn Spielen steht das Team mit 16 Punkten auf Rang sieben, den hohen Ansprüchen vieler Anhänger hinterherläuft. „Wir wollen uns nicht in die Tasche lügen. Wir haben aktuell in keinster Form die Konstanz, oben in der Tabelle anzudocken. Wir sind zwar weit weg von schlecht, aber natürlich auch nicht richtig zufrieden“, sagt Koschinat und blickt auf das kommende Heimspiel gegen den FC Viktoria am Samstag (16.30 Uhr): „Die Niederlage im Pokalspiel tat extrem weh. Das müssen gegen Köln korrigieren. Das Spiel wird richtungsweisend.“
Die Leichtigkeit ist weg
Koschinat hat nach seinen Stationen bei der vergleichsweise kleinen Fortuna und im beschaulichen Sandhausen inzwischen Erfahrung im Umgang mit großen Traditionsklubs: Saarbrücken, Bielefeld, Osnabrück und seit Dezember 2024 Essen. Er weiß, wie sich Erfolg anfühlt. Er weiß, wie sich Krisen anfühlen. Wegen seiner offenen und nahbaren Art würden Dinge „immer schnell glorifiziert, wenn es gut läuft“. Sobald es hakt, gehe es auch schnell in die andere Richtung. „Das kann ich inzwischen gut einordnen“, sagt Koschinat.
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Der Trainer hatte RWE dank einer starken Rückrunde vor dem Abstieg gerettet und zu Saisonbeginn im DFB-Pokal zu einer guten Leistung gegen Borussia Dortmund (0:1) gecoacht. „Das hat sich sehr leicht angefühlt. Und bei einem Traditionsverein wie Essen entwickelt sich dann schnell eine wahnsinnige Erwartungshaltung. Die Sehnsucht, möglichst schnell zu den größten Klubs zu gehören, ist enorm“, so Koschinat. Vor dem Duell mit der Viktoria ist von der Leichtigkeit nicht mehr viel zu spüren.
Anders ist die Situation in Höhenberg, das Team von Trainer Marian Wilhelm performt über den Erwartungen. Mit der Viktoria, die Koschinat einst in Derbys mit der Fortuna leidenschaftlich bekämpfte, hat die heutige Viktoria fast nur noch den Namen gemein. „Auf der Basis der Größe von Rot-Weiss Essen geht man vielleicht mal davon aus, dass du Viktoria schlagen solltest. Aber Köln ist inzwischen eine total gefestigte Drittliga-Mannschaft, die in vielen fußballerischen Bereichen zur Liga-Spitze gehört“, lobt Koschinat. „Viktoria verfolgt einen dominanten Matchplan, der ekelhaft für den Gegner sein kann. Du musst immer damit rechnen, dass sie sich dich gerade zurechtlegen. Auf der anderen Seite können sie das Spiel in einem Augenblick brutal beschleunigen.“ Es könne ein „ganz unangenehmer Nachmittag“ werden.
Viel Lob von Uwe Koschinat für Viktoria Köln
Koschinat erkennt bei Viktoria einiges, was seine früheren Fortuna-Teams erfolgreich gemacht hat: „Es gibt anerkannte Leistungsträger, die Kontinuität im Klub, die Ruhe und die Lebensqualität in Köln wertschätzen. Dann Zweite-Chance-Spieler, die bei Viktoria einen kleinen Karriere-Umweg nehmen. Dazu noch Talente, die bislang nirgends so richtig aufgetaucht sind. Auf allen entscheidenden Positionen herrscht Ruhe und Kontinuität. In dieser Kombination ist die Viktoria eine echte Marke in der Dritten Liga geworden.“
Vergleichbar sei die Arbeitsweise in Höhenberg mit der in Essen kaum. „So eine Ruhe wie bei Viktoria wird es hier in Essen wohl nie geben. Bei Viktoria oder früher auch bei Fortuna konnte man sportliche Krisen leichter durchleben. Dinge, die hier in Essen passieren, sind komplett außerhalb der Lebenswirklichkeit von Vereinen wie der Viktoria“, meint Koschinat. „Dafür erlebst du aber auch nur hier, diese riesigen, fantastischen Momente für ganz viele Menschen wie unseren Pokalsieg gegen Duisburg vor 27.000 Zuschauern. Diese ganz großen Glücksgefühle bekommst du aber nicht ohne das andere Extrem.“
„Die Hafenstraße kann Spiele entscheiden“
Auf Glücksgefühle hofft Koschinat auch am Samstag. Seine Mannschaft habe immer eine Reaktion gezeigt, sie verfüge über eine innere Power: „Wir haben, seitdem ich hier bin, noch nie zweimal in Folge verloren.“ Nötig sei eine klare Steigerung. „Wenn unsere Leistung wieder auf dem Niveau des Pokalspiels stattfindet, werden wir viel Glück brauchen, um überhaupt zu punkten“, warnt der RWE-Trainer. „Wenn wir an unser Leistungs-Optimum kommen, unseren Plan umsetzen und die Fans zurück ins Boot holen, kann die Hafenstraße etwas bewirken, dem ein Gegner kaum etwas entgegenzusetzen hat. Die Hafenstraße kann Spiele entscheiden.“