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Trainersuche per AlgorithmusWie ein Kölner Professor dabei half, dass Gladbach Daniel Farke verpflichtete

Lesezeit 3 Minuten
Seit Sommer 2022 Trainer von Borussia Mönchengladbach: Daniel Farke

Seit Sommer 2022 Trainer von Borussia Mönchengladbach: Daniel Farke

Philipp Kaß beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Trainerwesen im Profifußball. Nun hat er einen Such-Algorithmus entwickelt

Der Kölner Philipp Kaß, 38, forscht seit vielen Jahren zu Trainern im Profifußball und hat einen, wie er selbst sagt, „wissenschaftlich validierten Algorithmus“ entwickelt, mit dem die sogenannte Passung eines Trainers zum Verein ermittelt werden kann. Als erster Bundesligist hat Borussia Mönchengladbach die Dienste des 38-Jährigen in Anspruch genommen. Mit einem durchaus verblüffenden Ergebnis, das die Verpflichtung von Daniel Farke zur Folge hatte.

„CoachPass Algorithmus“ als zusätzliches Hilfsmittel bei der Trainersuche

Der „CoachPass Algorithmus“, so die genaue Bezeichnung, sei ein „zusätzliches Hilfsmittel, das eine bereits getroffene Entscheidung verstärkt hat“, erklärte Roland Virkus, Geschäftsführer Sport bei Borussia Mönchengladbach, im Nachgang. Kaß selbst hatte zum Beginn seiner Arbeit für den Traditionsklub keine Namensliste der potenziellen Trainerkandidaten vorliegen, wie er versicherte.

Insgesamt berücksichtigt der Algorithmus bis zu 80 Parameter. Taktische Herangehensweisen oder auch der Bildungsstand des Trainers im Vergleich zu dem des Kaders gehören dazu. Die Passung der Kombination „Borussia Mönchengladbach und Daniel Farke“ sei ziemlich hoch gewesen, fasst es der 38-jährige Professor für Sportmanagement, der an der Hochschule für angewandtes Management in München seinen Lehrstuhl hat, in aller Kürze zusammen.

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Die treibende Kraft zur späteren Entwicklung des Algorithmus zog der vierfache Familienvater aus seiner Studienarbeit, die die „multimethodale Anforderungsanalyse zur Optimierung des Fußballlehrer-Lehrgangs“ zum Inhalt hatte. In dieser ging Kaß auf der Datenbasis von 280 Absolventen unter anderem der Frage nach, wer die erfolgreicheren Trainer sind: ehemalige Profispieler oder Akademiker ohne nennenswerten Hintergrund im Spitzenfußball?

Oft sind persönliche Beziehungen die Basis für Trainerverpflichtungen

Das Resultat war eindeutig. „In jeder der drei deutschen Profiligen wiesen die Akademiker ohne Profi-Background einen signifikant besseren Punkteschnitt auf“, sagt Kaß. An diesem Fakt käme man nicht vorbei.

In der Wirklichkeit werde dies in seiner Wahrnehmung „in so ziemlich allen Managementetagen ausgeblendet, was die Klubs viel Geld koste und eine Menge Probleme nach sich ziehe.“ Noch immer seien langjährige persönliche Beziehungen die Basis, auf der Trainerverpflichtungen stattfinden würden. Subjektive Einschätzungen, die eine hohe Trainerfluktuation zur Folge hätten, sagt Kaß, der 2021/22 die U17 des SC Fortuna Köln betreute und aktuell als „Strategischer Berater“ des Südstadt-Klubs tätig ist.

Das Chaos auf Schalke etwa, wo aus meiner Sicht in jüngster Zeit ohne Sinn und Verstand Trainer verpflichtet wurden, war hausgemacht
Philipp Kaß

Dabei ließen sich mittels Algorithmus, folgenschwere, kostspielige Fehlentscheidungen minimieren, so Kaß. „Das Chaos auf Schalke etwa, wo aus meiner Sicht in jüngster Zeit ohne Sinn und Verstand Trainer verpflichtet wurden, war hausgemacht. Auf ein wissenschaftlich fundiertes Ergebnis zurückzugreifen, wäre die bessere Variante gewesen und hätte Schalke eine Menge Geld und Ärger erspart.“

1. FC Köln und Steffen Baumgart passen gut zusammen

Dass der 1. FC Köln Steffen Baumgart als Cheftrainer verpflichtet hat, sei ein „glücklicher Griff“ gewesen. Der ehemalige Trainer des SC Paderborn 07 wäre laut „CoachPass Algorithmus“ auch der passende Kandidat für den Hamburger SV oder den FC Schalke 04. Eine weit überdurchschnittliche Passung unter allen Profifußball-Trainern wiesen Christian Streich (SC Freiburg), Frank Schmidt (1. FC Heidenheim) und, für einige überraschend, Julian Nagelsmann (FC Bayern München) auf.

In Zeiten zunehmender Kostensensibilität scheint Kaß den Nerv der Zeit getroffen zu haben. Mit weiteren drei Klubs aus der Bundesliga sei er im Austausch. Das Interesse an datenbasierten Entscheidungen nehme zu, meint Kaß.

Detaillierte Angaben zum genauen Inhalt des Algorithmus‘ lassen sich dem Professor nicht entlocken. Er sei ein wissentlich validiertes Messinstrument, in dem viel Know-how stecke, das die Fehlerwahrscheinlichkeiten in der Bewertung und Verpflichtung eines Trainers erheblich reduziere.

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